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Ehrensache

Titel: Ehrensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Moffat starrte fragend darauf, doch Rebus glaubte, dass der junge Mann für einen Tag genug
gelernt hatte. Es war allerdings ein interessantes Szenario. Wenn sie hier an das Bett gebunden
gewesen war, hätte Moffat durchaus das Haus von außen inspizieren und wieder gehen können, ohne
zu merken, dass sie im Obergeschoss war. Aber das haute nicht hin. Wenn man jemanden wirklich fesseln wollte, würde man keine Strumpfhosen nehmen. Daraus konnte man sich zu
leicht befreien. Strumpfhosen waren etwas für Sexspiele. Zum Fesseln würde man etwas Stärkeres
benutzen, Kordel oder Handschellen... So wie die Handschellen in Gregor Jacks Mülltonne?
Zumindest wusste Rebus jetzt, dass sie von der Sache gewusst hatte. Warum hatte sie sich dann
nicht mit ihrem Mann in Verbindung gesetzt? In der Lodge war kein Telefon.
»Wo ist das nächste öffentliche Telefon?«, fragte er Moffat, der sich immer noch für die
Strumpfhosen zu interessieren schien.
»Etwa anderthalb Meilen von hier, an der Straße neben der Cragstone Farm.«
Rebus sah auf seine Uhr. Es war vier Uhr nachmittags.
»Okay, das würde ich mir gern ansehen, und dann machen wir für heute Schluss. Aber ich möchte,
dass dieses Haus nach Fingerabdrücken abgesucht wird. Davon sollte es, weiß Gott, genug geben.
Dann müssen wir die Läden, Tankstellen, Pubs und Hotels hier in der Gegend überprüfen
beziehungsweise noch einmal überprüfen. Sagen wir in einem Umkreis von zwanzig Meilen.«
Moffat wirkte skeptisch. »Das ist aber wahnsinnig viel.«
Rebus ging nicht darauf ein. »Ein schwarzer BMW. Ich glaube, heute werden noch weitere Handzettel
gedruckt. Mit einem Foto von Mrs. Jack, einer Beschreibung des Wagens plus Kennzeichen. Wenn sie
hier in der Gegend war - und das war sie ja offenkundig -, dann muss sie doch irgendjemand gesehen haben.«
»Nun ja... die Leute hier halten stark an sich.«
»Ja, aber die sind doch wohl nicht blind, oder? Und wenn wir ein bisschen Glück haben, dann
leiden sie auch nicht unter Gedächtnisschwund. Kommen Sie, je eher wir uns diese Telefonzelle
anschauen, umso schneller komme ich in meine Unterkunft.«
Ursprünglich hatte Rebus vorgehabt, im Auto zu schlafen und die Kosten für ein Bed &
Breakfast abzurechnen und einzukassieren. Doch das Wetter sah so wenig einladend aus, dass der
Gedanke, eine Nacht eingezwängt im Auto zu verbringen wie ein halb aufgeklapptes Messer... Also
signalisierte er auf dem Weg zur Telefonzelle, dass er vor einem Cottage an der Straße anhalten
wollte, wo Zimmer mit Übernachtung und Frühstück angeboten wurden, und klopfte an die Tür. Die
ältere Frau schien zunächst misstrauisch, gab jedoch schließlich zu, dass sie ein Zimmer frei
hätte. Rebus erklärte ihr, er wäre in einer Stunde zurück, sodass sie genug Zeit hätte, das
Zimmer zu »lüften«. Dann ging er zu seinem Auto zurück und folgte Moffat, der überaus vorsichtig
die Strecke zur Cragstone Farm fuhr.
Der Bauernhof machte nicht viel her. Ein kurzer Weg führte von der Hauptstraße zu einer
Ansammlung von Gebäuden: Haus, Stall, ein paar Schuppen und eine Scheune. Die Telefonzelle lag an
der Hauptstraße, etwa fünfzig Meter von dem Bauernhof entfernt auf der anderen Straßenseite,
neben einer Parkbucht, die groß genug war, dass sie beide ihre Autos dort abstellen konnten. Es
war eine von den altmodischen roten Telefonzellen.
»Die trauen sich nicht, hier was zu ändern«, sagte Moffat.
»Mrs. Corbie drüben vom Bauernhof würde einen Anfall kriegen.« Rebus verstand das erst nicht,
doch als er die Tür der Telefonzelle öffnete, war ihm alles klar. Zum einen gab es hier einen
Teppich, und sogar einen guten - ein hochfloriges Stück Teppichboden. Außerdem roch es nach
Raumspray, und ein Sträußchen Feldblumen stand in einem kleinen Glaskrug auf der Ablage neben dem
Telefon.
»Hier ist es ja ordentlicher als in meiner Wohnung«, sagte Rebus. »Wann kann ich
einziehen?«
»Das macht Mrs. Corbie«, erklärte Moffat grinsend. »Sie glaubt, eine schmutzige Telefonzelle
würde ein schlechtes Licht auf sie werfen, da sie am nächsten dran wohnt. Sie hält die Zelle
schon seit weiß Gott wie lange blitzsauber.«
Was allerdings schade war. Rebus hatte gehofft, irgendeine Spur oder einen Hinweis zu finden.
Doch wenn hier etwas gewesen war, wäre es längst weggeputzt...
»Ich würde gern mit Mrs. Corbie reden.«
»Heute ist Dienstag«, sagte Moffat. »Da ist sie immer bei ihrer Schwester.« Rebus deutete auf

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