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Ehrensache

Titel: Ehrensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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rutschten. Untergehen. Er dachte an Dr. Curt, an Ertrinken und Untergehen.
Verschrumpelte Haut... ausgefallene Haare und Nägel... Schlickpartikel in den Bronchien...
Ein Geräusch ließ ihn auftauchen. Er rieb sich die Augen, blinzelte und sah Mrs. Wilkie auf ihn
hinunterstarren, ein Geschirrtuch in der Hand.
»Oh!«, rief sie. »Oje, tut mir Leid.« Dann verschwand sie wieder hinter der Tür und rief von
draußen: »Ich hab ganz vergessen, dass Sie hier sind! Ich wollte nur gerade... äh ... egal, das
kann warten.«
Rebus kniff die Augen zusammen und versank wieder in den Fluten...
Das Essen war überraschenderweise gut, wenn auch ein bisschen seltsam. Käsepastete,
Salzkartoffeln und Möhren.
Und einen im Wasserbad gekochten Pudding mit Vanillesauce aus der Tüte.
»So praktisch«, bemerkte Mrs. Wilkie. Der Schock, einen nackten Mann in ihrer Badewanne zu sehen,
hatte sie offenbar ins Hier und Jetzt zurückgeholt, und sie redeten über das Wetter, die
Touristen und die Regierung, bis die Mahlzeit beendet war. Rebus fragte, ob er beim Spülen helfen
könnte, woraufhin ihm erklärt wurde: Er könnte nicht - zu seiner großen Erleichterung.
Stattdessen bat er Mrs. Wilkie um einen Haustürschlüssel und machte sich mit vollem Bauch, sauber
gewaschen und in frischer Unterwäsche auf den Weg zum Heather Hoose.
Heidehaus. Nicht gerade ein Name, den er für einen Pub gewählt hätte. Er betrat ihn durch die
Salontür, doch da dort kein Mensch war, schob er eine weitere Tür auf und ging in die Bar. Zwei
Männer und eine Frau standen an der Theke und amüsierten sich über irgendeinen Scherz, während
der Barmann eifrig Gläser aus einer Whiskyflasche mit Messoptik füllte. Die Gruppe drehte sich
um, als Rebus hereinkam und sich nicht allzu weit von ihnen entfernt an die Theke stellte.
»`n Abend.«
Sie nickten zurück, ohne ihn eigentlich wahrzunehmen.
Der Barmann erwiderte den Gruß, während er drei doppelte Whisky auf die Theke stellte.
»Und einen für Sie«, sagte einer der Gäste und reichte eine Zehn-Pfund-Note über die Theke.
»Danke«, sagte der Barmann. »Den spar ich mir für später auf.«
Die Wand hinter den aufgereihten Flaschen und Gläsern war verspiegelt, sodass Rebus die Gruppe
unauffällig beobachten konnte. Der Mann, der gesprochen hatte, hatte einen englischen Akzent. Auf
dem Hof des Pubs hatten nur zwei Autos gestanden, ein verbeulter Renault-5 und ein Mercedes.
Rebus konnte sich gut vorstellen, welcher Wagen wem gehörte...
»Ja, Sir?«, fragte der Barmann und Renault-5-Besitzer.
»Ein Pint Export, bitte.«
»Sofort.«
Es war schon erstaunlich, dass drei gut betuchte englische Touristen im Barraum tranken.
Vielleicht hatten sie nicht bemerkt, dass das Heather Hoose über so etwas wie einen Salon
verfügte. Alle drei sahen ein bisschen angeschlagen aus, hauptsächlich vom Trinken. Die Frau
hatte ein markantes Gesicht, eingerahmt von platinblond gefärbten Haaren. Ihre Wangen waren zu
rot und die Wimpern zu schwarz. Wenn sie an ihrer Zigarette zog, warf sie den Kopf in den Nacken,
um den Rauch gegen die Decke zu blasen. Rebus versuchte, die Falten an ihrem Hals zu zählen.
Vielleicht funktionierte das ja wie mit den Baumringen...
»Bitte sehr.« Das Pintglas wurde vor ihn auf einen Bierdeckel gestellt. Er reichte einen Fünfer
über die Theke.
»Ruhig, heute Abend.«
»Mitten in der Woche und noch keine Saison«, leierte der Barmann herunter, der offenbar den
anderen Gästen bereits das Gleiche erzählt hatte. »Später wird's sicher voller.«
Dann zog er sich zur Kasse zurück.
»Noch eine Runde, wenn Sie Zeit haben«, sagte der Engländer, der als Einziger von den dreien
seinen Whisky ausgetrunken hatte. Er war Ende Dreißig, etwas jünger als die Frau. Er wirkte fit
und wohlhabend, aber irgendwie ein bisschen gewöhnlich. Das hatte wohl mit seiner betont lässigen
Haltung zu tun, wie er an der Theke stand und sich zugleich immer wieder leicht bedrohlich
vorbeugte, als ob er entweder jeden Moment umfallen oder gleich zuschlagen würde. Sein Kopf
schwankte ein wenig von einer Seite zur anderen, im Takt mit seinen müden Augenlidern.
Der Dritte aus der Gruppe war noch jünger, etwa Mitte Dreißig. Er rauchte französische Zigaretten
und starrte auf die Flaschen über der Bar. Entweder das, dachte Rebus, oder er sieht mich im Spiegel an, genauso wie ich ihn ansehe. Das war durchaus denkbar. Der Mann hatte eine
affektierte Art, die Asche von seiner albernen Zigarette zu

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