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Ehrensache

Titel: Ehrensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Eindruck von uns bekommen hat. Barney Byars machte den
Elefanten, Sie wissen schon, man zieht die Hosentaschen raus und...«
»Ja, das kenne ich.«
»Nun ja, Helen hat gute Miene zum bösen Spiel gemacht, aber trotzdem...«
»Nettes Mädchen, nicht wahr?«
»So eine hätte meine Mutter gern als Schwiegertochter gehabt.«
Meine auch, dachte Rebus. Der Whisky lockerte nicht nur Jacks Zunge, er ließ auch seinen Akzent
stärker hervortreten. Der feine Schliff verblasste rasch, und an seine Stelle trat die raue
Aussprache der Menschen in Städten wie Kirkcaldy, Leven und Methil.
»Diese Party war vor zwei Wochen, oder?«
»Vor drei. Wir waren fünf Tage wieder hier, als Liz beschloss, sie brauchte Urlaub. Packte einen
Koffer und war fort. Und ich hab sie nie wieder gesehen...« Er hob eine Faust und schlug auf das
weiche Leder des Sofas. Das erzeugte fast kein Geräusch, und es blieb kein erkennbarer Abdruck
zurück. »Warum tut man mir das an? Ich bin der beste Abgeordnete, den dieser Wahlkreis je hatte.
Das ist nicht allein meine Meinung. Reden Sie ruhig mit den Leuten. Ob man in ein
Bergarbeiterdorf geht, auf einen Bauernhof, in eine Fabrik oder zu einem dämlichen Teekränzchen.
Überall sagen sie mir das Gleiche: Gut gemacht, Gregor, mach nur weiter so.« Er war jetzt wieder
aufgestanden, stand fest mit beiden Füßen auf dem Boden, doch der übrige Körper war in Bewegung.
»Mach nur weiter so, du leistest gute Arbeit. Harte Arbeit! Es ist verdammt harte Arbeit, kann
ich Ihnen sagen.« Seine Stimme wurde immer lauter. »Ich hab mir den Arsch für sie aufgerissen!
Und nun versucht irgendwer von ganz weit oben auf mein Leben herunterzupissen. Warum ich? Warum
ausgerechnet ich? Liz und ich... Liz...«
Urquhart klopfte zwei Mal, bevor er den Kopf durch die Tür steckte. »Alles okay?«
Jacks Gesicht verzog sich zu einem grotesken Lächeln.
»Alles prima, Ian. Hast wohl hinter der Tür gelauscht? Gut, wir wollen schließlich nicht, dass
dir auch nur ein Wort entgeht, nicht wahr?«
Urquhart sah zu Rebus. Rebus nickte: Hier ist alles in Ordnung, wirklich. Urquhart zog sich
zurück und machte die Tür zu. Gregor Jack brach auf dem Sofa zusammen.
»Ich mach alles kaputt«, sagte er und rieb sich mit einer Hand das Gesicht. »Dabei ist Ian ein so
guter Freund...«
Ach ja, Freunde.
»Soweit ich weiß«, sagte Rebus, »haben Sie nicht nur anonyme Anrufe bekommen.«
»Was?«
»Irgendwer sagte auch was von Briefen.«
»Oh... o ja, Briefe. Briefe von Spinnern.«
»Haben Sie die noch?«
Jack schüttelte den Kopf. »Lohnte sich nicht, sie aufzuheben.«
»Haben Sie sie jemandem gezeigt?«
»Lohnte sich nicht, sie zu lesen.«
»Was genau stand drin, Mr. Jack?«
»Gregor«, erinnerte Jack Rebus. »Nennen Sie mich bitte Gregor. Was drin stand? Unsinn.
Unverständlicher Unsinn. Wirres Geschwafel...«
»Das glaube ich nicht.«
»Was?«
»Jemand hat mir erzählt, Sie hätten verboten, dass jemand anders als Sie sie öffnet. Er glaubte,
dass es vielleicht Liebesbriefe wären.«
Jack johlte. »Liebesbriefe!«
»Ich glaub das auch nicht. Aber was mich wundert, ist, woran konnte Ian Urquhart oder sonst wer sehen, welche Briefe sie Ihnen ungeöffnet geben sollten? An der Handschrift? Das könnte
allerdings schwierig sein. Nein, eher am Poststempel. Es musste etwas sein, das auf dem
Briefumschlag stand. Ich werde Ihnen sagen, wo diese Briefe herkamen, Mr. Jack. Sie kamen aus
Duthil. Sie kamen von Ihrem alten Freund Andrew Macmillan. Und das waren keine Schwafeleien,
nicht wahr? Das war nicht unverständlich oder blödsinnig oder verrückt. In diesen Briefen bat er
sie, etwas gegen die Zustände in den Spezialkliniken zu unternehmen. Hab ich Recht?«
Jack saß da und betrachtete mit verstockter Miene sein Glas wie ein Kind, das man bei etwas
Unerlaubtem erwischt hat.
»Hab ich Recht?«
Jack antwortete mit einem knappen Nicken. Rebus nickte ebenfalls. Peinlich genug, eine Schwester
zu haben, die als Prostituierte arbeitete. Aber wie viel peinlicher musste es erst sein, einen
alten Freund zu haben, der ein Mörder war?
Und außerdem auch noch verrückt. Gregor Jack hatte hart daran gearbeitet, sein öffentliches Image
aufzubauen, und noch härter, es zu erhalten. Wie er mit einem leeren, scheinbar aufrichtigen
Grinsen durch die Gegend eilte und seinem Händedruck für jeden Anlass die richtige Stärke gab.
Wie er hart in seinem Wahlkreis arbeitete, hart in der Öffentlichkeit arbeitete. Doch sein
Privatleben... da

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