Ehrensache
hätte Rebus nicht tauschen mögen. Das war völlig verkorkst.
Und es war deshalb so verkorkst, weil Jack es zu verbergen versuchte. Er hatte nicht bloß ein
paar Leichen im Keller, er hatte dort ein ganzes Krematorium.
»Er wollte, dass ich eine Kampagne starte«, murmelte Jack. »Das konnte ich doch nicht machen.
Warum haben Sie diese Kampagne gestartet, Mr. Jack? Um einem alten Freund zu helfen. Und wer ist
dieser alte Freund, Mr. Jack? Jemand, der seiner Frau den Kopf abgeschnitten hat. Wenn Sie mich
jetzt entschuldigen würden. Ach ja, und vergessen Sie bitte nicht, beim nächsten Mal für mich zu
stimmen...«
Er brach in ein lautes betrunkenes Lachen aus, halb wahnsinnig, halb weinend. Schließlich setzte
sich das Weinen durch. Tränen liefen ihm die Wangen herunter und tropften in das Glas, das er
immer noch in der Hand hielt.
»Gregor«, sagte Rebus leise. Er wiederholte den Namen immer wieder ganz ruhig. Jack schniefte, um
weitere Tränen zu unterdrücken, und sah ihn verschwommen an.
»Gregor«, sagte Rebus, »haben Sie Ihre Frau getötet?«
Jack wischte sich die Augen mit dem Hemdsärmel, schniefte, wischte wieder. Dann begann er, den
Kopf zu schütteln.
»Nein«, sagte er. »Nein, ich habe sie nicht getötet.«
Nein, weil William Glass sie getötet hatte. Er hatte die Frau von der Dean Bridge getötet, und er
hatte Elizabeth Jack getötet.
Rebus hatte die ganze Aufregung verpasst. Ahnungslos war er zurück in die Stadt gefahren.
Ahnungslos war er die Treppe zur Great London Road Station hinaufgestiegen und fand eine
hektische und erregte Betriebsamkeit vor. Mein Gott, was hatte das zu bedeuten? Blieb die Wache
jetzt doch bestehen? Kein Umzug nach St. Leonard's? Das bedeutete, wenn er sich an sein Abkommen
mit sich selbst erinnerte, dass er bei Patience Aitken einziehen würde.
Aber nein, das hatte alles gar nichts damit zu tun, ob die Wache erhalten blieb oder abgerissen
würde. Der Grund für die Aufregung war William Glass. Ein Streifenpolizist hatte ihn gefunden,
und zwar schlafend zwischen den Mülltonnen hinter einem Supermarkt in Barnton. Er saß in
Untersuchungshaft. Er redete. Sie flößten ihm Suppe ein und versorgten ihn immer weiter mit Tee
und Zigaretten.
Und er redete.
»Aber was sagt er denn?«
»Er sagt, er hat sie umgebracht - alle beide!«
» Was sagt er?«
Rebus fing an zu rechnen. Barnton... das war gar nicht so weit von Queensferry entfernt, wenn man
es genau bedachte. Sie hatten vermutet, dass er nach Norden oder Westen gehen würde, doch
stattdessen hatte er sich langsam auf den Weg zurück in die Stadt gemacht... unter der
Voraussetzung, dass er überhaupt je bis Queensferry gekommen war.
»Er gibt beide Morde zu.«
»Wer ist bei ihm?«
»Chief Inspector Lauderdale und Inspector Dick.«
Lauderdale! Wie der das genießen würde. Das wäre seine Chance, damit würde die Kaffeemaschine des
Chief Super bald ausgedient haben. Doch Rebus hatte andere Dinge im Kopf. Als Erstes wollte er
Jacks Schwester finden. Gail Jack, aber so würde sie sich vermutlich nicht nennen. Er ging die
Aufzeichnungen zur Operation Hush Puppies durch. Gail Crawley. Das war sie. Sie war
natürlich freigelassen worden. Und hatte eine Adresse in London angegeben. Er sprach mit einem
der Beamten, die sie vernommen hatten.
»Ja, sie sagte, sie wollte nach Süden. Wir konnten sie ja nicht festhalten, oder? Wollten wir
auch gar nicht. Wir haben ihr nur einen Tritt in den Arsch gegeben und ihr gesagt, sie soll nicht
wiederkommen. Ist das nicht unglaublich? Glass auf diese Weise zu schnappen!«
»Unglaublich, ja«, sagte Rebus. Er fotokopierte, was es an Informationen gab, zusammen mit einem
Foto von Gail Crawley und setzte noch einige handschriftliche Bemerkungen auf die Kopie. Dann
rief er einen alten Freund an, einen alten Freund in London.
»Inspector Flight am Apparat.«
»Hallo, George. Wann findet denn deine Abschiedsparty statt?«
Ein Lachen ertönte. »Das solltest du mir sagen, schließlich hast du mich überredet, noch zu
bleiben.«
»Kann mir nicht erlauben, dich zu verlieren.«
»Du willst mich also um einen Gefallen bitten?«
»Ganz offiziell, George, aber von höchster...«
»Wie üblich. Okay, worum geht's?«
»Gib mir deine Faxnummer, dann schick ich dir die Details. Wenn sie unter der Adresse zu finden
ist, möchte ich, dass du mit ihr redest. Ich hab dir zwei Telefonnummern aufgeschrieben. Du
kannst mich jederzeit unter einer von beiden erreichen.«
»Zwei Nummern, so
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