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Ehrensache

Titel: Ehrensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Grün? Na ja, eigentlich schon grün.
Er hatte ihn zwar eher als grünblau in Erinnerung, ein bläuliches Grün. Bleib für alles
offen. Okay, er war grün.
Aber man konnte grün eher mit blau verwechseln als beispielsweise rot mit blau oder weiß oder
schwarz. Oder etwa nicht?
Und dann ging es um besagten Mittwoch. Jeder von ihnen war gefragt worden: Wo waren sie am
Morgen, am Nachmittag? Manche Antworten waren vager als andere.
Gregor Jacks Alibis waren wasserdichter als die meisten anderen. So war sich beispielsweise
Steele nicht sicher, was er am Morgen gemacht hatte. Vanessa, seine Assistentin, war an dem Tag
nicht zur Arbeit gekommen, und Steele konnte sich nicht erinnern, ob er in den Laden gegangen war
oder nicht. In seinem Terminkalender stand auch nichts, was ihm hätte weiterhelfen können. Jamie
Kilpatrick hatte den ganzen Tag einen Rausch ausgeschlafen keine Besucher, keine Anrufe -,
während Julian Kaymer in seinem Atelier »kreativ tätig« gewesen war. Rab Kinnoul war sich
ebenfalls unschlüssig: Er erinnerte sich an Besprechungen, aber nicht unbedingt an die Leute, mit
denen er sich getroffen hatte. Er könnte nachsehen, aber das würde einige Zeit in Anspruch
nehmen...
Und Zeit war genau das, was Rebus nicht hatte. Auch er brauchte alle Freunde, die er kriegen
konnte. Bisher hatte er zwar einige Verdächtige ausgeschlossen: Tom Pond, der im Ausland war, und
Andrew Macmillan, der in Duthil saß.
Pond war ein Ärgernis. Er war noch nicht aus den Staaten zurück, war aber natürlich telefonisch
befragt worden und wusste über die Tragödie Bescheid. Man musste ihm allerdings noch die
Fingerabdrücke abnehmen.
Jedem, der in der Deer Lodge gewesen sein könnte, waren die Fingerabdrücke abgenommen worden,
wurden sie gerade abgenommen oder würden sie abgenommen werden.
Einzig und allein, so versicherte man ihnen, zu Vergleichszwecken und für den Fall, dass man in
der Lodge Fingerabdrücke fand, die nicht zugeordnet werden konnten. Es war eine mühsame Arbeit,
dieses Sammeln und Vergleichen von winzigen Fakten und Daten. Aber so lief das eben bei
Mordfällen. Natürlich war es einfacher, wenn man genau wusste, wo das Verbrechen stattgefunden
hatte.
Rebus hatte kaum Zweifel daran, dass Elizabeth Jack in der Parkbucht ermordet worden war, oder so
gut wie. Hatte Alec Corbie irgendetwas gesehen, das er verschwieg?
Könnte er etwas wissen, ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass er es wusste? Vielleicht etwas,
das er nicht für wichtig hielt. Und wenn nun Liz Jack irgendwas zu Andrew Macmillan gesagt hatte,
etwas, das er nicht als Hinweis erkannt hatte? Verdammt, Macmillan wusste immer noch nicht, dass
sie tot war. Wie würde er reagieren, wenn Rebus es ihm sagte? Vielleicht würde das sein
Gedächtnis anstoßen. Andererseits könnte es auch genau die gegenteilige Wirkung haben. Und könnte
man überhaupt dem, was er sagte, vertrauen? War es nicht denkbar, dass er irgendeinen Groll gegen
Gregor Jack hegte, so wie Gail Crawley? Wie vielleicht auch noch andere...
Wer war Gregor Jack wirklich? War er nur ein angeschlagener Heiliger, oder war er ein
Schweinehund? Er hatte Macmillans Briefe ignoriert; er hatte zu verhindern versucht, dass seine
Schwester ihm Schande machte; das Verhalten seiner Frau war ihm peinlich gewesen. Waren seine
Freunde echte Freunde? Oder war das eine »Meute« im wahren Sinn des Wortes? Wölfe lebten im
Rudel.
Hunde lebten im Rudel. Das galt auch für die Spürhunde von der Presse. Rebus fiel ein, dass er
immer noch Chris Kemp aufsuchen musste. Vielleicht klammerte er sich ja an Strohhalme, aber er
hatte eher das Gefühl, dass die an ihm kleben blieben...
Und apropos Dinge, mit denen man sich rumschlagen musste, die Kupplung war noch etwas, das auf
die Mängelliste seines Autos gehörte. Ein beunruhigendes Surren und Knirschen ertönte, als er den
Schaltknüppel vom Leerlauf in den ersten Gang schob. Dabei benahm sich das Auto gar nicht
schlecht (abgesehen von den Scheibenwischern, die schon wieder begonnen hatten zu haken). Er
hatte sein Auto ohne ein einziges Stottern in den Norden und wieder zurück gefahren, was Rebus
nur noch mehr beunruhigte. Es war wie das letzte Aufbäumen eines todkranken Patienten, jener
letzte Funke Leben, bevor Maschinen die Arbeit übernahmen.
Vielleicht würde er mit dem Bus fahren. Schließlich war die Wohnung von Chris Kemp nur eine
Viertelstunde von Great London Road entfernt. Eine genervt klingende Frau aus

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