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Ehrensache

Titel: Ehrensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Dinge herum; es war nicht
anonym genug. Angefangen mit dem Foto von einem Baby auf dem Frisiertisch. Zeitungsausschnitte
waren an die Wand gepinnt; alle handelten sie vom Niedergang des Gregor Jack. Er versuchte, nicht
hinzusehen, und nahm stattdessen das Foto in die Hand.
»Legen Sie das wieder hin!«
Er gehorchte. »Wer ist das?«
»Wenn Sie's unbedingt wissen müssen, ich.« Sie saß auf dem Bett, die Arme nach hinten gestreckt,
die fleckigen Beine übereinander geschlagen. Im Zimmer war es kalt, aber anscheinend gab es keine
Möglichkeit, es zu heizen.
Aus den offenen Schubladen einer Kommode hingen Kleidungsstücke heraus. »Legen Sie los«, sagte
sie.
Es gab keine Sitzgelegenheit, also blieb er stehen, die Hände in den Jackentaschen vergraben.
»Sie wissen, dass Ihr Bruder nur deshalb in dem Bordell war, weil er mit Ihnen reden
wollte?«
»Ja?«
»Und dass, wenn Sie das irgendjemandem erzählt hätten ...«
»Warum sollte ich?«, fauchte sie. »Warum, verdammte Scheiße, sollte ich? Ich bin ihm keinen
Gefallen schuldig!«
»Warum nicht?«
»Warum nicht? Weil er ein schmieriger Idiot ist, deshalb nicht. War er schon immer. Er hat's zu
was gebracht, stimmt's? Mum und Dad mochten ihn immer lieber als mich...« Ihre Stimme verlor
sich.
»Sind Sie deshalb von zu Hause fortgegangen?«
»Geht Sie nichts an, warum ich von zu Hause fort bin.«
»Treffen Sie sich jemals mit alten Freunden?«
»Ich habe keine alten Freunde !«
»Sie sind zurück nach Norden gekommen. Da müssen Sie doch gewusst haben, dass Sie zufällig
irgendwo Ihrem Bruder begegnen könnten.«
Sie schnaubte verächtlich. »Wir verkehren nicht gerade in denselben Kreisen.«
»Nein? Ich dachte, Prostituierte hielten Abgeordnete und Richter immer für ihre besten
Kunden.«
»Für mich sind sie bloß irgendwelche Typen, mehr nicht.«
»Wie lange machen Sie das schon?«
Sie verschränkte ihre Arme ganz fest. »Hauen Sie doch ab!« Und da waren sie schon wieder, diese
Beinahe- Tränen. Zwei Mal an diesem Abend war es ihm fast gelungen, eine Frau zum Weinen zu
bringen. Er würde jetzt am liebsten nach Hause gehen und ein Bad nehmen. Aber wo war sein
Zuhause?
»Nur noch eine Frage, Gail.«
»Für Sie, Ms Crawley.«
»Nur noch eine Frage, Ms Crawley.«
»Ja?«
»Irgendjemand wusste, dass Sie in diesem Bordell arbeiteten. Und der hat es Ihrem Bruder erzählt.
Irgendeine Ahnung, wer das sein könnte?«
Sie dachte einen Augenblick nach. »Keinen Schimmer.«
Ganz offensichtlich log sie. Rebus deutete mit dem Kopf zu den Zeitungsausschnitten. »Aber Sie
interessieren sich immer noch für ihn, nicht wahr? Sie wissen, dass er in jener Nacht zu Ihnen
kam, weil Sie ihm was bedeuten...«
»Erzählen Sie mir doch keinen Scheiß!«
Rebus zuckte die Schultern. Es war tatsächlich Scheiß.
Aber wenn es ihm nicht gelang, diese Frau auf Gregor Jacks Seite zu ziehen, dann würde er
vielleicht nie herausfinden, wer hinter dieser ganzen hässlichen Angelegenheit steckte.
»Wie Sie wollen, Gail. Aber falls Sie sich doch noch entschließen, mit mir zu reden, ich arbeite
auf der Polizeiwache Great London Road.« Er zog eine Karte mit seinem Namen und seiner
Telefonnummer hervor.
»Da können Sie aber lange warten.«
»Also...« Er ging zur Tür, was eine Sache von zweieinhalb Schritten war.
»Je mehr Probleme dieser Scheißkerl hat, desto besser geht's mir.« Aber ihre Worte hatten an
Härte verloren. Es klang noch nicht direkt Unentschlossenheit heraus, aber es war vielleicht ein
Anfang...
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9. In Reichweite
    Am Montagmorgen kamen die ersten Ergebnisse aus Dufftown herein, wo die Labortests an
Elizabeth Jacks BMW durchgeführt wurden. Blutspritzer, die man auf dem Teppich auf der
Fahrerseite gefunden hatte, entsprachen der Blutgruppe von Mrs. Jack, und es gab Anzeichen dafür,
dass ein Kampf stattgefunden hatte: Schrammen auf dem Armaturenbrett, Beschädigungen an der
Verkleidung beider Vordertüren und eine Macke am Radiorecorder, als ob jemand mit dem Absatz
dagegen getreten hätte.
Rebus las die Aufzeichnungen im Büro von Chief Inspector Lauderdale, dann reichte er sie ihm über
den Schreibtisch zurück.
»Was halten Sie davon?«, fragte Lauderdale, ein Montagmorgengähnen unterdrückend.
»Sie kennen meine Meinung«, sagte Rebus. »Ich glaube, dass Mrs. Jack in dieser Parkbucht ermordet
wurde, entweder im Auto oder draußen. Vielleicht hat sie versucht fortzulaufen und wurde von
hinten niedergeschlagen. Oder vielleicht hat ihr Angreifer sie

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