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Ehrensache

Titel: Ehrensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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wehte. Und dann gab
es hügelige Plätze, voller steiler Hänge und tiefer Rinnen, wo die Fahnen manchmal in kurz
geschnittenen Grünflächen, den Grüns, steckten, die sich auf Plateaus von der Größe eines
Taschentuchs befanden. Der Braidwater Course gehörte zu letzterer Kategorie. Bei den meisten
Schlägen verließen die Spieler sich auf Instinkt oder Glück, da die Fahne häufig durch eine
Anhöhe oder die Kuppe eines Hügels verdeckt war. Ein grausamer Golfplatzarchitekt hätte direkt
hinter diesen Hindernissen Sandbunker angelegt, und genau das hatte ein grausamer
Golfplatzarchitekt hier getan.
Leute, die den Platz nicht kannten, begannen ihre Runde häufig voller Hoffnung auf frische Luft
und ein bisschen Bewegung und endeten mit hohem Blutdruck und dem dringenden Bedürfnis nach ein,
zwei Whiskys. Das Clubhaus bestand aus zwei unterschiedlichen Teilen. Da war zunächst das
ursprüngliche Gebäude, alt, solide und grau, und diesem hatte man einen überdimensionalen Anbau
aus Blocksteinen und Rauputz hinzugefügt. Das alte Gebäude beherbergte Räume des Vorstands, Büros
und Ähnliches, doch die Bar befand sich in dem neuen Gebäude. Der Sekretär des Clubs führte Rebus
in die Bar, wo er hoffte, irgendjemanden vom Vorstand anzutreffen.
Die Bar lag im ersten Stock. Eine Wand bestand nur aus Glas und bot Aussicht auf das achtzehnte
Grün und den hügeligen Golfplatz dahinter. An einer anderen Wand hingen eingerahmte Fotos,
Ehrentafeln, Schriftrollen aus nachgemachtem Pergament und über Kreuz zwei uralte Putter, die wie
abgezehrte Knochen aussahen. Die Trophäen des Clubs - die kleinen Trophäen - standen auf einem
Regalbrett über der Bar. Die größeren, älteren und wertvolleren Trophäen wurden im großen
Vorstandsraum im alten Gebäude aufbewahrt. Rebus wusste das, weil ein paar davon vor drei Jahren
gestohlen worden waren, und er hatte zu den ermittelnden Beamten gehört. Sie waren sogar
wiedergefunden worden, wenn auch durch einen absoluten Zufall. Beamte, die wegen eines Falls von
häuslicher Gewalt gerufen worden waren, fanden sie in einem Koffer, der offen herumlag.
Der Clubsekretär erinnerte sich jedoch an Rebus. »Mir fällt Ihr Name nicht mehr ein«, sagte er,
»aber Ihr Gesicht kommt mir bekannt vor.« Er zeigte Rebus die neue Alarmanlage und die Vitrine
aus Panzerglas, in der die Trophäen nun aufbewahrt wurden. Rebus brachte es nicht übers Herz, ihm
zu sagen, dass selbst ein Amateureinbrecher immer noch in nur zwei Sekunden in dem Raum und
wieder draußen wäre.
»Was möchten Sie trinken, Inspector?«
»Ich nehm einen kleinen Whisky, wenn's keine Mühe macht.«
»Überhaupt keine Mühe.«
In der Bar herrschte nicht gerade viel Betrieb. Die spätnachmittägliche Flaute, wie der
Clubsekretär erklärt hatte. Diejenigen, die am Nachmittag spielten, fingen in der Regel vor drei
Uhr an, während die, die zu einer abendlichen Runde kamen, erst gegen halb sechs
aufkreuzten.
Zwei Männer in gleichen gelben Pullovern mit V- Ausschnitt saßen an einem Tisch am Fenster,
starrten schweigend hinaus und nippten ab und zu an zwei Bloody Marys. Zwei weitere Männer saßen
an der Bar, der eine hatte ein schal aussehendes Pint Bier vor sich stehen, der andere etwas, das
verdächtig nach einem Glas Milch aussah. Sie waren alle Mitte Vierzig oder ein wenig älter; alles
meine Altersgenossen, dachte Rebus.
»Unser Bill hier könnte Ihnen einige Geschichten erzählen, Inspector«, sagte der Clubsekretär und
nickte dem Barmann zu. Bill nickte halb grüßend, halb zustimmend zurück. Sein
V-Ausschnitt-Pullover war kirschrot und trug nicht gerade dazu bei, seinen vorstehenden Bauch zu
kaschieren. Er sah nicht aus wie ein professioneller Barmann, erfüllte seine Aufgabe aber
gründlich und mit offenkundigem Stolz. Rebus hielt ihn für ein Clubmitglied, das hier
aushalf.
Niemand war zusammengezuckt, als der Sekretär ihn mit »Inspector« ansprach. Das hier waren
gesetzestreue Männer, und wenn schon das nicht, dann aber ganz gewiss gesetzesgläubig. Sie
glaubten an das Gesetz und daran, dass Verbrecher bestraft werden sollten. Das Herummanipulieren
an der Steuererklärung hielten sie nicht für eine kriminelle Handlung. Sie wirkten... geborgen.
Sie fühlten sich sicher und geborgen. Doch Rebus wusste, dass er die Schlüssel zu den
Leichen in ihren Kellern besaß.
»Wasser, Inspector?« Der Sekretär schob einen Krug in seine Richtung.
»Danke.« Rebus verdünnte seinen

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