Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ehrensachen

Ehrensachen

Titel: Ehrensachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
Vom Netzwerk:
Operation nicht aufzuschieben.
    Es kränkte mich, daß sie in Boston gewesen waren, ohne es mir zu sagen. Ich fragte, wie sie die Pflege organisieren würden.
    Wenn es keine Komplikationen gibt, wird dein Vater nach zehn Tagen aus der Klinik entlassen, sagte sie, und in der ersten Woche danach haben wir eine Pflegerin. Und die liebe Mrs. Heaney hat sowieso gesagt, daß sie mir einen Tag zusätzlich gibt.
    Das war unsere Putzfrau, die in Housatonic wohnte unddrei Tage pro Woche für meine Mutter arbeitete, auch in der Küche half und servierte, wenn Gäste zum Essen kamen.
    Ein Monat, dann bin ich wieder im Büro, fügte mein Vater hinzu und mischte neue Martinis. Als meine Mutter das sah, hob sie abwehrend die Hände.
    Schon gut, sagte er. Niemand will wissen, was du denkst. Hier, trink auch noch einen.
    Er sprach mit verräterisch schwerer Zunge, ein Zeichen für meine Mutter, still zu sein. Mit ausdruckslosem Gesicht reichte sie die Erdnüsse und Cracker herum.
    Ich erinnerte sie, daß ich mit George zum Kino verabredet war, und fragte, ob es ihnen lieber wäre, wenn ich ihm absagte und zu Hause bliebe.
    Geh du nur, sagte mein Vater, und nimm meinen Wagen. Übrigens habe ich Jack und ein paar anderen in der Bank Bescheid gesagt.
    Das hieß, ich konnte mit George über meinen Vater sprechen. Normalerweise war mein Vater dagegen, daß meine Mutter oder ich seinen Wagen benutzten, also war diese Erlaubnis eine plötzliche Anwandlung von Güte. Ich dankte ihm.
    Laß George nicht warten, sagte mein Vater, stützte sich auf die Armlehnen seines Stuhls und stemmte sich hoch, um mir die Hand zu schütteln. Ich dankte ihm noch einmal und küßte meine Mutter. Diese Gesten überraschten mich, vielleicht uns alle; so etwas war bei uns nicht üblich.
    Drei Tage nachdem meine Mutter, die Pflegerin und ich ihn nach Hause geholt hatten, fuhr ich wieder nach Cambridge. Man hatte ein längeres Stück Darm entfernen müssen als erwartet, aber Dr. Pierson versicherte uns, der Genesungsprozeß werde normal verlaufen. Er empfahl uns nur, die Pflegerin länger als zunächst geplant zu behalten, vielleicht zwei Wochen, bis mein Vater gelernt habe, sichselbst zu versorgen. Meine Mutter, die sehr zimperlich war, stimmte sofort zu. Auch die Pflegerin war eine Irin aus Housatonic, eine Freundin von Mrs. Heaney. Sie beruhigte meine Mutter, zu zweit würden sie alles regeln. Wir überließen es ihnen, meinen Vater für die Nacht zu versorgen.
    Sobald er eingeschlafen war, sagte meine Mutter: In der Küche ist nichts, nur Babynahrung und das, was ich für die Pflegerin besorgt habe. Laß uns in den Club gehen.
    Wir saßen in der Veranda mit Blick auf den Golfplatz, sie trank schnell hintereinander drei Tom Collins und rauchte. Es kommt nicht drauf an, sagte sie, du fährst ja. Zuerst sprachen wir über den Arzt und die Pflegerinnen. Danach erzählte sie mir Klatsch aus der Nachbarschaft, und ich konnte ihr oft nicht folgen. Das ist ganz natürlich, sagte sie, du bist lange nicht mehr hier gewesen. Und wahrscheinlich, weil es an ihr nagte, daß ich immer neue Gründe erfand, um weder zu Feiertagen noch in den Semesterferien nach Hause zu müssen, fragte sie dann, ob mit mir alles in Ordnung sei.
    Meinst du die Verletzungen? fragte ich.
    Sie sagte, nein, eigentlich meine sie das andere Zeug. Seit ich von der Universität beurlaubt worden war, hatten weder sie noch mein Vater dieses Thema angeschnitten. Sie fischte sich noch eine Chesterfield aus der Packung, die sie gerade angebrochen hatte. Ich gab ihr Feuer. Sie war eine pingelige und methodische Raucherin, jede ihrer Gesten gehörte zu einem Ritual, das mich immer fasziniert hatte.
    Ich erklärte ihr, mir gehe es gut; alles sei unter Kontrolle.
    Das ist schön, sagte sie. Aber du gehst immer noch zu diesem Arzt.
    Aller Wahrscheinlichkeit nach werde ich mein Leben lang mit Dr. Reiner oder einem seiner Kollegen zu tun haben, erwiderte ich.
    Es kommt wohl nicht darauf an, solange du es dir leisten kannst, sagte sie. Mr. Hibble muß eine Gelddruckerei haben.
    Sie sah einen Kellner in unserer Nähe warten und bat mich, ihn zu rufen und noch einen Drink für sie zu bestellen, den er an unseren Tisch bringen sollte. Damit gingen wir zum Essen.
    Ich hatte George gesagt, daß ich später noch bei ihm vorbeikommen würde; und nachdem ich meine Mutter zu Hause abgesetzt hatte, fuhr ich weiter zu den Standishs. George kam an die Tür und sagte: Wir gehen in die Bibliothek; die Eltern sind noch

Weitere Kostenlose Bücher