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Ehrensachen

Ehrensachen

Titel: Ehrensachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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Kleinkram in Georges Mini, und sie machten sich auf den Weg nach Stockbridge. Der nächste Tag war ein Freitag. Ich durfte mich auf eine Sitzung mit Dr. Reiner freuen, und dann auf die nächste am Montag – und da capo .Meine Olivetti-Reiseschreibmaschine und mein Manuskript warteten im Dachzimmer bei Madame Shouvaloff auf mich. Nach dem Dinner würde ich mich dort einfinden. Tom Peabody hatte mich ins Henri IV . zum Essen eingeladen. Er wollte den Sommer mit Forschungsarbeiten in Oxford zubringen, ich würde ihn erst im Herbst wiedersehen.
    George wollte ein Sommerpraktikum bei der Bank machen, aber zu Hause in Stockbridge wohnen. Sein Vater hatte nichts gegen Georges Entscheidung zum Jurastudium, wollte aber, daß er das Familienunternehmen gut genug kennenlernte, um im Notfall dort eintreten zu können. Anders als Henry hatte George sich schon um die Zulassung zur Law School beworben und war angenommen. Und er würde keinen Militärdienst leisten, denn er war als untauglich eingestuft worden. Zur allgemeinen Überraschung der Familie fand der Stabsarzt einen angeborenen Herzklappenfehler bei ihm, den der Hausarzt – der auch uns betreute – übersehen hatte. Ich plante, einen Teil des Augusts in Lenox zu sein. Meine Mutter hatte mir eine Nachricht geschickt, daß es meinem Vater schlechtging, und mich, so dringend es ihr möglich war, gebeten, nach Hause zu kommen.

XXI
    Am Tag meiner Ankunft in Lenox rief ich George in der Bank an, und wir verabredeten uns für denselben Abend; wir wollten zusammen nach Great Barrington fahren und Shane ansehen, seinen Lieblingswestern. Da ich ihn abholen sollte, mußte ich um halb sieben losfahren. Um Viertel vor sechs ging ich die Treppe hinunter, auf der Suche nach meinen Eltern, die ich bei ihren ersten Drinks vermutete. Ich fand sie auf der Gartenveranda. Gin, Wermut, Oliven und der Shaker, auch zwei Schüsseln mit Erdnüssen und Crackern standen auf dem Rattantisch in Reichweite meines Vaters. Wie gewöhnlich nach der Arbeit trug er Khakihosen und ein von der Wäscherei nach seinem Geschmack frisch gestärktes weißes Hemd von Brooks Brothers ohne Button-down-Kragen, keine Strümpfe und alte Tennisschuhe, die er niemals mit weißer Farbe pflegte, während die Schuhe, mit denen er auf dem Tennisplatz auftrat, immer tadellos sein mußten. Sein Anblick steht mir lebhaft vor Augen, auch der meiner Mutter in ihrem hellblauen Baumwollkleid, dessen Träger immer rutschten, wenn sie sich nicht ganz gerade hielt oder die Schultern hängen ließ. Mein Vater bot mir einen Martini an. Wir brauchten mehr Eis. Ich wollte es holen, aber meine Mutter sagte, nein, sie werde gehen, ich könne bei meinem Vater bleiben. Ich dachte, das heiße, daß er mir etwas mitteilen wollte, solange sie in der Küche war, aber er zeigte nur auf die Cracker. Als meine Mutter wiederkam, fing ich ihren fragenden Blick in seine Richtung auf. Er reagierte nicht, schüttelte den Gin und den Wermut im Shaker, schenkte erst mir einen Drink ein und füllte dann das Glas meiner Mutter und seines nach. Erst als wir die Gläser gehoben und einen Schluck, der im Fall meiner Eltern groß war,getrunken hatten, räusperte er sich und begann. Er habe es mir nicht schreiben wollen, und da er gewußt habe, daß er mich bald sehen würde, habe es auch keine Eile gehabt. Die Sache sei die, daß er ein Geschwür im Darm habe; am kommenden Mittwoch würden die Ärzte es herausnehmen. Daß er dies eine Mal das Tennisturnier verpassen werde, sei nicht weiter schlimm, und Mutter werde mühelos einen anderen Partner finden. Vielleicht Chuck Riley. Der sei Immobilienmakler und Clubmitglied; und seine Frau hinke seit einem Skiunfall.
    Ich fragte ihn, ob es bösartig sei. Er zog ein Gesicht und sagte, wahrscheinlich müsse er in Zukunft unter seinen Hosen einen von diesen komischen Beuteln tragen. Wenigstens würde er dann nie mehr vor einem Klo warten müssen, bis jemand sich entschloß herauszukommen. Er lachte über den Witz und trank sein Glas leer. Das sollte ich lassen, sagte er, aber für Sorgen um meine Gesundheit ist es jetzt zu spät.
    Er will nicht auf die Ärzte hören, sagte meine Mutter.
    Nein, will ich nicht, erwiderte mein Vater, es reicht, daß ich sie an mir herumschnippeln lasse.
    Ich fragte meine Mutter, ob die Operation in Pittsfield gemacht werde. Sie nickte und sagte, Dr. Pierson werde operieren. Sie seien in Boston gewesen, um eine zweite Meinung einzuholen, und der Bostoner Arzt habe ebenfalls geraten, die

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