Ehrenwort
die Arbeit Freude«, sagte sie. »Eigentlich wollte ich ja zur Polizei gehen, aber es ist ganz gut, dass daraus nichts geworden ist. Wer liebt schon Polizisten? Die alten Leutchen sind dankbar und mögen mich. - Sag mal, du hast doch Abitur und könntest studieren, willst du allen Ernstes Altenpfleger werden? Da verdient man leider ziemlich wenig.«
Max zuckte mit den Schultern. Er hatte eine Flasche Sekt besorgt, aber ihm war eigentlich nicht nach weiterem Alkohol. Auch Jenny hatte nach den zwei Gläsern Rotwein in der Pizzeria keine Lust darauf.
»Morgen muss ich fit sein«, erklärte sie und deutete damit an, dass es nicht allzu spät werden sollte. Wohl deswegen zog sie sich sehr schnell aus, und Max bekam den Falken auf ihrem Rücken zu sehen - ob er wollte oder nicht.
»Wenn mein Großvater stirbt, werde ich sicher ein bisschen erben. Und dann spendiere ich dir einen Besuch beim Hautarzt - oder wo lässt man Tätowierungen wegmachen?«
»Dermatologen sind die beste Adresse für Tattoo-Entfernungen, da habe ich mich schon erkundigt. Aber bei mir sind mindestens neun Sitzungen nötig, das kostet jedes Mal über 100 Euro - wie soll ich so viel Geld auftreiben?«
Sekundenlang geriet Max in Versuchung; er könnte einfach 1000 Euro vom Geld des Alten nehmen und Jenny damit eine Freude machen. Aber andererseits sah das fast so aus, als wollte er sie bezahlen.
»Wenn ich im Lotto gewinne«, sagte er, »dann wohnen wir in Berlin nicht bei meiner Schwester, sondern im Adlon. Und als Erstes spendiere ich dir einen neuen Rücken - so rosig wie bei einem neugeborenen Ferkel!«
»Selber Ferkel«, sagte sie, quiekte und lachte, weil sie jetzt anderes zu tun hatten.
Am nächsten Morgen war Max wie Samt und Seide. Als er das Frühstück brachte, strahlte er den Alten glücklich an.
»Hast du das gehört?«, fragte der Opa. Er hatte das Radio angestellt, das Max erneut aus dem Keller geholt hatte. »Schon wieder hat einer >in keinster Weise< gesagt, ist das nicht grauenhaft?«
»Das sagt doch jeder«, meinte Max und erhielt eine empörte Belehrung, was ihn aber nicht weiter störte. Heute würde er den Wagen des Alten zum Schrotthändler bringen und die Knarre holen, am nächsten Wochenende dafür mit Jenny nach Berlin fahren. Er war sich sicher, dass Mizzi nichts gegen diesen Besuch einzuwenden hatte.
Und so war es dann auch: »Das wird aber auch höchste Eisenbahn, Maxe, ich hatte schon befürchtet, du willst gar nicht wissen, wie deine einzige Schwester lebt und liebt...«
»Apropos Eisenbahn«, sagte Max. »Meinst du, ich soll mit dem Auto kommen?«
Mizzi hielt das für Blödsinn, da man in ihrem Kiez keinen Parkplatz fände.
»Ich bin sehr gespannt auf deine Freundin«, sagte sie, »und verspreche dir, sie nicht zu verführen.«
»Vergiss es«, sagte Max, »wir werden ohnehin ständig auf Tour sein. Sie ist ein Landei und scharf auf die Großstadt.«
»Gut so, dann kommt endlich Schwung in die Bude! Wird Zeit, dass du mal rauskommst aus dem Kaff.«
Das Etui mit der Pistole war schnell gefunden. Max fasste es mit spitzen Fingern an. Als überzeugter Pazifist hatte er einen leichten Ekel vor Schusswaffen, fast wie andere Leute vor Schlangen oder Spinnen. Er würde es dem Großvater ungeöffnet überreichen.
»Deine Eltern brauchen nichts davon zu erfahren«, meinte der Alte. »Ich habe die Walther mein Leben lang vor der Familie geheim halten können, und so soll es auch bleiben.«
Folglich brauchte man ein neues Versteck. Da das Bett täglich von den Pflegerinnen gemacht wurde, war das Kopfkissen keine gute Lösung. Auch die Matratze wurde gelegentlich umgedreht. Max sah sich prüfend um.
»Am besten in einem der Blumenkästen. Seit Mizzi nicht mehr hier wohnt, wächst nur noch Unkraut auf dem Balkon. Ich grabe eine Vertiefung, lege deinen Schatz hinein und streue ein bisschen Erde darüber, dann wird niemand was finden.«
»Aber wenn es regnet?«
Max umwickelte das Etui mit einer Plastiktüte.
Obwohl das Männerspielzeug bestimmt nicht mehr funktionsfähig war, beruhigte ihn die Lagerung außerhalb des Zimmers - schließlich hatte der Alte den Balkon noch nie betreten.
Harald und Petra zeigten sich erfreut, dass Max endlich seine Schwester besuchen wollte. Von Jennys Begleitung ahnten sie nichts. Da es an einem Wochenende sein sollte, bot sich Petra sogar an, den Alten in dieser Zeit zu betreuen. Ihr Mann druckste ein wenig herum.
»Jürgen hat mich gestern zum Angeln eingeladen, er hat eine
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