Ehrenwort
versaut, dieser Dreckskerl!«
»Und was noch?«
»In Heidelberg laufen mindestens zwei Frauen und ein Mann mit einem Falken auf dem Rücken herum. Er plante ein Eros-Center mit dem Namen Falkenhorst. Zum Glück landete er vorher im Knast.«
Jenny starrte einem Radfahrer nach, der ein gelbes Windrädchen am Gepäckträger befestigt hatte. »Schau mal, wie lustig!«, sagte sie und wischte sich eine Träne ab.
In diesem Augenblick wurden sie von Mizzi und Jasmin hochgescheucht und zum Brunch in ein Szene-Cafe eingeladen.
Am Montagmorgen betrachtete Willy Knobel ratlos das Tablett, das ihm Petra in großer Eile hingestellt hatte: Kaffee, eine halbierte Marmeladenschnitte, eine Serviette, ein Teelöffel. Er wusste zwar, dass er mit diesen Gegenständen irgendetwas anfangen sollte, aber es fiel ihm nicht ein, was das sein könnte. Nur seine rechte Hand kroch langsam, aber zielsicher auf die Tasse zu und hob sie ein wenig an. Nach einer ewig langen Schrecksekunde setzte er die Tasse wie erlöst an die Lippen.
War das der Beginn der senilen Demenz oder gar Morbus Alzheimer, und er war bald nicht mehr imstande, selbständig zu essen? War es der Abschied von einem Leben als Homo sapiens, der Übergang in einen vegetativen Zustand des vollkommenen Vergessens? Der Alte war verstört und den Tränen nahe; zwar hatte diese grauenhafte Leere nur sehr kurz gedauert und wäre keinem Außenstehenden aufgefallen, aber es war eine unheimliche Bedrohung, die sich da ankündigte. Ich muss mich um das Haus kümmern, so lange ich noch dazu imstande bin, dachte er. Max soll sich für mich mit einem Notar in Verbindung setzen. Zum Glück kam der Junge heute Abend aus Berlin zurück, und in wenigen Minuten konnte er sich über Elenas harmlose Scherze amüsieren und auf andere Gedanken kommen.
»Warum isse italienische Mann kleiner als deutsche?«, fragte ihn die schlitzohrige Elena, und der Alte grinste schon im Voraus.
»Weil seine Mama sagt, du müsse arbeite, wenn du mal größer bist!«
Harald ließ sich, wieder zu Hause, von Petra die ganze Räuberpistole zum x-ten Mal berichten. Allerdings sparte sie die Bohneraktion und die Tötungsabsicht aus. Am Montag rief Harald bei Ronald Melf an. Den Kripochef mit der seltsamen Hundeschnauze kannte er seit langem.
»Merkwürdige Geschichte«, sagte Melf. »Dieser Horst Müller ist für uns kein Unbekannter, aber eher ein unbelehrbarer, notorischer Kleinkrimineller. Meistens wurde er wegen Eigentumsdelikten, einmal wegen Beihilfe zur Geldfälschung verurteilt; als Erpresser hat er sich noch nie versucht. Außerdem hätte er wirklich kein Motiv, den Bau der hiesigen Tiefgarage zu boykottieren - er wohnt schließlich in Rohrbach. Leider haben wir bisher nicht ermitteln können, in wessen Auftrag er eventuell gehandelt hat. Heute wird der Kerl operiert, da müssen wir ihn in Ruhe lassen, morgen wahrscheinlich auch.«
»Das hilft mir nicht weiter«, seufzte Harald.
»Ich gehe eigentlich davon aus, dass es sich um einen stinknormalen Einbruchsversuch handelt«, meinte der Kommissar. »Gelegenheit macht bekanntlich Diebe. Wie es der Zufall will, entdeckt Horst Müller eine offene Balkontür und erkennt als Profi sofort, wie einfach man da hinaufklettern kann.«
Damit musste sich Harald zufriedengeben, aber es wäre ihm lieber gewesen, wenn man den Erpresser geschnappt hätte. Vom Büro aus rief er schließlich Petra im Buchladen an und beruhigte sie ein wenig. »Ronald wird sich persönlich der Sache annehmen«, behauptete er etwas großspurig.
Petra hatte schon vielen Kunden die Geschichte vom verunglückten Eindringling erzählt und schmückte sie jedes Mal ein bisschen mehr aus. Ganz allein, nur mit einem siechen Opa im Haus, hatte sie ein gefährliches Abenteuer glorreich überstanden, nämlich einen Mörder mit einem gezielten Tritt die Treppe hinunterbefördert und zur Strecke gebracht. Die Heldin konnte es kaum erwarten, ihrem Lover das nächtliche Erlebnis zu schildern. Wäre er bei ihr gewesen, hätte er Mut und Stärke beweisen können - aber er hatte es ja vorgezogen, in München auf der Gitarre zu schrammeln.
Max kam am Montag spät und müde aus Berlin zurück. Natürlich wollten seine Eltern sofort alles über Mizzi wissen, über ihre Diplomarbeit, den Zustand der WG, über Jasmins Kleidung und ob Mizzi gekocht habe. Max hatte zu wenig geschlafen und war eher wortkarg. Falkos Einbruch lag ihm auf der Seele. Wann war der richtige Moment, die Eltern über seine Bekanntschaft
Weitere Kostenlose Bücher