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Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen (German Edition)

Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen (German Edition)

Titel: Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Arendt
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und versprochen, daß das Protektorat innerhalb von acht Wochen »judenrein« sein werde. Nach der Konferenz besprach er die Sache mit den Leuten, an denen es lag, dieses Versprechen auch einzulösen – mit Franz Stahlecker, damals Ortskommandant der Sicherheitspolizei in Prag, und mit dem Staatssekretär Karl Hermann Frank, einem ehemaligen Führer der Sudetendeutschen, der Heydrich nach dessen Tod im Amt des Reichsprotektors nachfolgen sollte. Eichmann hielt Frank für einen minderwertigen Zeitgenossen, für einen jener Judenfresser vom
    »Typ Streicher, [denen] politische Lösungen … fremd waren … – die selbstherrlich und, ich möchte mal sagen, im Rausch sogar – ihrer Machtbefugnis einfach anordneten – anordneten und befahlen«.
    Sonst aber war die Zusammenkunft erfreulich. Eichmann berichtete, hier habe er Heydrich »zum ersten Mal … etwas persönlich werden gesehen«, er habe rundheraus zugegeben, »sich bei der Pressekonferenz vergaloppiert« zu haben, und Eichmann fügte hinzu:
    »Wer Heydrich kannte, der wird sich nicht groß wundern, denn ihm ging oftmals das Wort durch das Gehege seiner Zähne schneller als er selbst gerne nachher gesehen hat.«
    So habe denn Heydrich selbst gesagt
    »Und jetzt hätten wir die Bescherung … was nun zu machen sei.«
    Er – Eichmann – habe daraufhin den folgenden Vorschlag gemacht
    »Es gibt nur eine Möglichkeit, wenn es bei dieser Ankündigung bleiben muß. Geben Sie eben so viel Raum frei, damit man in diesem Raum die im Protektorat Böhmen und Mähren zerstreut lebenden Juden unterbringen kann.«
    (Da haben wir es wieder – er, Eichmann, wird Herzls Traum verwirklichen, die »Zerstreuten« sammeln und ihnen eine Heimat bescheren.) Dann aber habe unseligerweise Frank – der Judenhasser vom Typ Streicher – einen konkreten Vorschlag gemacht, nämlich, den »Raum«, von dem die Rede war, in Theresienstadt bereitzustellen. Woraufhin Heydrich, vielleicht auch er im Rausch seiner Machtbefugnis, einfach befohlen habe, daß die einheimische tschechische Bevölkerung aus Theresienstadt zu evakuieren sei, damit Platz für die Juden geschaffen würde.
    Eichmann wurde nach Theresienstadt geschickt, um sich die Dinge an Ort und Stelle anzusehen. Große Enttäuschung: die böhmische Festung am Ufer der Eger war viel zu klein; bestenfalls hätte sie als Durchgangslager für einen gewissen Prozentsatz der 90 000 Juden in Böhmen und Mähren dienen können. (Für etwa 50 000 tschechische Juden wurde Theresienstadt tatsächlich zum Durchgangslager, nämlich auf ihrem Weg nach Auschwitz, während ungefähr 20 000 weitere die gleiche Bestimmung direkt erreichten. Wir wissen aus besseren Quellen als aus Eichmanns lückenhaftem Gedächtnis, daß Theresienstadt von vornherein von Heydrich zum Sondergetto für bestimmte privilegierte Kategorien von Juden bestimmt war, hauptsächlich, wenngleich nicht ausschließlich, deutsche Juden – jüdische Funktionäre, Prominente, Kriegsteilnehmer mit Orden oder schweren Verwundungen, die jüdischen Partner aus Mischehen und deutsche Juden über 65 Jahre, daher die Redewendung vom »Altersgetto«. Selbst für diese begrenzten Kategorien erwies sich das Städtchen als zu klein, und etwa ein Jahr nach der Errichtung dieses Gettos – 1943 – begannen die Durchkämmungs- oder Auflockerungsaktionen, die der Überfüllung in regelmäßigen Abständen abhelfen sollten – durch Abtransporte nach Auschwitz.) In einer Hinsicht allerdings trog Eichmanns Gedächtnis nicht. Theresienstadt war in der Tat das einzige Konzentrationslager, das nicht in die Zuständigkeit des WVHA fiel, sondern bis zum Schluß seiner eigenen Verantwortung unterstand. Die Kommandanten von Theresienstadt kamen aus Eichmanns eigenem Stab und hatten stets niedrigere Dienstgrade als er selbst; es war das einzige Lager, in dem er in der Tat etwas von der Macht auszuüben vermocht hatte, die ihm die Anklage in Jerusalem zuschrieb.
    Obwohl Eichmann im Polizeiverhör die Jahre dauernd durcheinanderbrachte – er war den Ereignissen um zwei Jahre voraus, als er Herrn Less die Geschichte von Theresienstadt erzählte – und sich jedenfalls nicht an chronologische Abläufe hielt, war sein Gedächtnis doch nicht einfach sprunghaft. Es war wie ein Speicher, vollgestopft mit Privatgeschichten von der niedrigsten Sorte. Dies nannte er »meine Globalerinnerungen«. Wenn er so an Prag zurückdachte, dann tauchte in seiner Erinnerung der Augenblick auf, als der große Heydrich sich in

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