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Eidernebel

Eidernebel

Titel: Eidernebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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der aus dem heruntergelassenen Seitenfenster herauswinkt.
    »Moin, Moin, Albert, nur 50 Meter bis zur Molkerei und du brauchst noch ’ne Pause? Pass bloß auf, dass die Milch nicht sauer wird«, scherzt der Kriminalist mit einem breitem Grinsen.
    »Wat denn, ich denk du bist Kriminalist und nicht Kabarettist?«
    »Die Husumer Polizei ist sehr vielseitig, mein Lieber!«
    »Scherz beiseite! Mir ist da vor drei Tagen etwas aufgefallen. Vielleicht ist es ja wichtig. Ich komm mit dem Laster am späten Nachmittag an unserer Kirche vorbei, da schleicht dort so ’n Typ rum, immer an den drei Stützmauern entlang. Tastet mit der Hand übers Mauerwerk und so. Hat sich äußerst merkwürdig verhalten, fand ich. Anders als die üblichen Touristen, die man hier sonst sieht. Ich dachte, ich erzähl dir das mal, Jan. Könnte doch was mit den Morden zu tun haben, oder?«
    »Alle Hinweise sind wichtig, Albert. Wie sah der Bursche aus?«
    »Ehrlich gesagt, so genau hab ich den nicht gesehen. Ich fahr zwar ziemlich langsam durchs Dorf, aber man ist ja trotzdem schnell vorbei. Gewelltes Haar hatte er, eher dunkel, und groß war er, durchtrainiert, würde ich sagen. Mehr kann ich leider nicht bieten.«
    »Immerhin, besser als nichts, besten Dank. Wir werden das in unsere Ermittlungen mit einbeziehen.«
    »Nichts zu danken, Jan. Bis die Tage!«
    Der Milchlaster fährt an und Swensen sieht, wie er bei den runden Milchsilos auf den Hof der Osterhusumer Meierei biegt. Er öffnet die Gartentür, geht gemächlich bis zur Haustür hinauf und findet sein Ankommen immer noch als befremdlich.
    Ich fürchte, für mich ist es einfach Annas Haus, denkt er, während er die Haustür aufschließt. Müsste wohl mal mit ihr drüber sprechen. Nur wann? Ermittlungsarbeit frisst irgendwie alles Private.
    Anna ist anscheinend noch nicht auf. Er geht unter die Dusche, kleidet sich an, isst ein Käsebrot im Stehen und merkt dabei, dass es im krassen Gegensatz zu seiner Meditationspraxis steht: Mache alles in Achtsamkeit.
    Während der Fahrt zur Inspektion hängt er den Gedanken nach, wieso er im Alltag nie genügend Zeit zu haben scheint.
     
    »Das Problem der Zeit kann nicht mit Logik gelöst werden«, spricht Lama Rinpoche prompt in seine Grübeleien. »Allein mit der direkten Erfahrung einer höheren Dimension fließt du in der Zeit. Je weniger wir uns bewegen, physisch oder geistig, umso mehr hat uns die Zeit in der Hand. Bewegen wir uns aber im Rhythmus des Universums, erleben wir Zeitlosigkeit. Im Hier und Jetzt existiert keine Zeit.«
     
    Ermittlungen finden leider mehr im Gestern und Morgen statt, denkt Swensen, während er in der kleinen Küchenzeile der Inspektion steht und mit dem Messer ein Stück von dem Teeziegel abtrennt, den er vor Kurzem bei einem Ausflug mit Anna in Kiel erworben hat.
    »Moin, Moin, Herr Swensen«, grüßt Susan Biehl mit säuselnder Stimme, zwängt sich hinter dem Rücken des Hauptkommissars vorbei, nimmt eine Kaffeedose aus dem Hängeschrank und stutzt, als sie den Teeziegel sieht. »Was haben Sie denn da?«
    »Moin, Susan«, grüßt Swensen zurück. »Das ist grüner Tee, genauer Pu-Erh. Kommt aus China und soll sehr gesund sein.«
    »Tee? Sieht eher aus wie Haschisch.«
    »Ich dachte dieser Scherz wäre langsam durch?«
    »Na ja! So was hab ich schließlich schon mal gesehen, damals, als ihr diesen Dealer hoppgenommen habt. Der hatte etliche Plastikbeutel mit genau solchen grünen Platten dabei.«
    »Und jetzt glauben Sie, Hauptkommissar Swensen haut sich hier heimlich die Birne zu?«, schmunzelt Swensen.
    »Natürlich nicht, Herr Swensen!«, singt Susan beschwichtigend.
    »Weiß du was, Susan, ich finde wir lassen das mal mit dem Herr Swensen. Wir arbeiten doch schon lange genug zusammen, also, ich heiß Jan!«
    »Oh, Herr Swens… Jan. Das freut mich jetzt aber.« Susan Biehl strahlt über das ganze Gesicht.
    Swensen grinst, legt den Teeziegel in seine Blechdose zurück, stellt sie in den Hängeschrank, nimmt Teekanne und Tasse und will gerade mit einem ›Bis dann, Susan‹ die Küchenzeile verlassen, als er sich umdreht und fragt: »Wie geht es dir eigentlich? Ich meine, wie geht es dir mit dem Tod deiner Freundin?«
    »Ist nicht so einfach«, flüstert die Kollegin. »Manchmal kommt es ganz plötzlich über mich, dann denke ich, was hätte Ronja dazu gesagt. Das ist dann sehr traurig.«
    »Das tut mir sehr leid, Susan. Es freut mich aber, dass ich dich in letzter Zeit auch öfter wieder lachen seh.«
    »Nun, es

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