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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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womit er sich in Köln sofort als Vollidiot qualifiziert hätte. Die Frau hinter dem Jungen wirkte zu jung für ihre Kittelschürze. Verhalten winkte ich zurück. Am Ende des schmalen Gangs standen Plastikflaschen. Köstliches, kühlendes, durststillendes Wasser. Ich spürte immer noch die Nachwirkungen des Biers und ging darauf zu wie auf eine rettende Oase.
    »No? Und?«, schmetterte Franzi durch den Laden. Wie es aussah, meinte sie mich.
    »Äh? Ja?«
    Die Plastikflasche in der einen Hand, griff ich mit der anderen nach einer Cola light, schaute mich nach Salzbrezeln um. Half nicht Salzgebäck mit Cola bei einem Kater?
    »Ah, gä, da Quirl hot di doch gestern hoambracht.«
    Wieder drehten sich alle zu mir um, wie auf Befehl. Die Frau in der Kittelschürze hatte blondierte Haare, unverkennbar auch in der Nail-Art-Metzgerei gestylt.
    »Da Quirin?«, fragte sie, zog die Augenbrauen hoch und musterte meine nicht mehr ganz sauberen Leggins. Ich wusste nicht, ob ich antworten sollte, und vor allem nicht, worauf, immer noch versuchte ich Franzis Worte zu interpretieren: Hoambracht hatte mich der Quirl, was immer sich Franzi und die Frau in der Kittelschürze darunter vorstellten. Vielleicht war hoambracht eine Art Umschreibung, wie der Elefant, der im Morgentau die Lichtung betritt, und hoam war vielleicht ein Zustand der Ekstase, einer unvorstellbaren Raserei? In die Quirin mich gebracht hatte. Oder vielmehr, nicht gebracht hatte. Nicht, dass ich daran gedacht oder so etwas gewollt hätte. Ich spürte, wie die Röte in mir hochkroch, vom Hals aufwärts, und presste die Flasche an mein glühendes Gesicht.
    »Ja, mei, der is scho a Hallodri, gä?« Franzi lächelte verständnisvoll, verdrehte die Augen und schob dem Ganzkörperscanner Briefmarken, massenweise abgepacktes Fleisch und Wechselgeld über den Tisch. Da sich ihre Aussage eher an die Allgemeinheit zu richten schien als an mich, sagte ich nichts, glühte nur weiter vor mich hin und hoffte, alles würde rasch vorangehen und niemand käme auf die Idee, komplizierte Transaktionen von seinem Postbankkonto vorzunehmen. Der Ganzkörperscanner steckte Briefmarken und Fleisch umständlich in seine Einkaufstasche und blieb neben der Tür stehen. Anscheinend wollte er sich nichts von dem entgehen lassen, was jetzt noch kam. Und es kam prompt.
    »Guad schaud er scho aus, oda? Des Neopren steht eahm scho sakrisch guad.«
    Dies war direkt an mich gerichtet. Und ich hatte keine Ahnung, was sie mir sagen wollte. Zum Glück brach die Blondierte mit der Kittelschürze in einen Redeschwall aus, eine Art Strudel aus unverständlichen Worten, in dem zwischen vertrauten Namen englische und sogar französische Begriffe trieben: »Quirl«, »Surfen«, »Negligé«, »Gaudi«. Mit dem Wort: »Presssack« versiegte der Schwall, und Franzi erhob sich, angelte aus dem Regal über dem Kassentisch mehrere Dosen. »Hia!« Sie stellte die Dosen auf den Tisch und fiel mit einem Ächzen zurück auf ihren Stuhl. Hatte ich richtig gesehen, trug sie tatsächlich Leggins zu ihrem T-Shirt? Stretch-Leggins, auf denen sich verzerrte Posthörnchen tummelten?
    »Des basst scho«, sagte sie. »Bloß weil er ned zur Negligéparty kumma ist, muaß er no lang ned arrogant sei. Woaßt was, i sog no zum Özcan, der Quirl braucht an Tiger-Surfanzug, der Özcan däd ihm auch einen … Servus, Therese.«
    Jetzt drehten sich alle zu Therese um, die in der Tür stand, einen Stapel DIN-A4-Umschläge unter dem Arm. Sie grüßte einmal in die Runde und zwinkerte mir zu.
    »Bist fei ganz schön blass, Gina. Na, der Quirl sagt, es war spät gestern.«
    Ich hätte genauso gut ein T-Shirt tragen können, auf dem stand: Der Quirl hot mi gestern hoambracht. Alle musterten mich mit größtmöglichem Interesse. Aber es is nix passiert, würde auf dem Rücken des T-Shirts stehen. Ich drehte mich um. Was stellten sie sich vor? Dass ich mich von jedem Landtierarzt und Freizeitsurflehrer ins Bett zerren ließ? Ich, die jeden Tag schmeichelhafte SMS von Mirko, dem Traum aller Frauen, bekam? Die letzte SMS war von gestern Nachmittag. Seitdem hatte er sich nicht mehr gemeldet. Warum? Hatte er etwa durch Telepathie von meiner Frisur erfahren? Oder, schlimmer, war er den Verführungskünsten eines seiner weiblichen Fans … nicht weiterdenken. Ich riss mich zusammen und griff nach einer Salzbrezelpackung im obersten Regalfach, die einsam zwischen kleinen Schnapsfläschchen lag.
    »Gina?« Franzis Stimme, hinter mir. »Sag amoi, was

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