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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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urlaubsreif. Was meinst du, was in Köln abgeht: Diese CDU-Fregatte aus dem Landtag hat mir eine Unterlassungsklage und eine unverschämte Schmerzensgeldforderung angehängt, nur, weil ich ihr diesen Indianernamen gegeben habe: Die mit dem Gesicht verhütet. Und jetzt regen sich auch noch die Emanzen beim WDR darüber auf, sie wollen mir doch tatsächlich die Moderation bei Köln lacht sich schlapp entziehen, und Chris … Holy Shit! Das glaub ich jetzt nicht.«
    Ich konnte auch erst nicht einordnen, was ich sah: liegende Kühe auf der Weide. So weit nichts Besonderes. Aber an sie geschmiegt, kauerte irgendetwas. Menschen. Sachsen. Judda trug eins von Thereses Dirndln mit Camouflagemuster und lehnte rücklings an einer Kuh, in der ich Regula zu erkennen glaubte. Während Regula stur und konzentriert geradeaus glotzte, offensichtlich in komplizierte Gedankengänge vertieft, schien Judda jenseits aller Gedanken zu sein, blinzelte in den Himmel, mit einem so seligen Ausdruck im Gesicht, als hätte man ihr das Paradies versprochen. Oder ein Dauerbleiberecht in fürstlischen sanidären Onloochen. Üwe, jetzt wieder im rotkarierten Hemd, kniete vor seiner Kuh, einen Arm über ihre Flanke gelegt, schaute ihr in die Augen, als wollte er ihr einen Heiratsantrag machen. Aber seine Auserwählte ignorierte ihn und bewegte den Mund so gleichmütig wie gleichmäßig, eine blasierte Schöne, die ihren Kaugummi schon zu lange kaute. Bis auf zwei Pantolettinnen, die jede nur eine Rinderhälfte beanspruchte, kuschelte sich jeder an seine persönliche Kuh. Therese war kuhlos, saß auf einem Campingstuhl in der Mitte der Wiese.
    »Wir spüren die Einheit mit unserer Kuh«, sagte sie, sanft und hochdeutsch. »Wir spüren den Rhythmus ihres Wiederkäuens. Den Pulsschlag der Natur.«
    »Von wegen Natur«, murmelte Mirko. »Was eine Kuh so in einem Jahr an Methangas ausrülpst oder furzt, toppt nicht mal ein BMW.«
    Als hätte sie ihn verstanden, hob Regula den Schwanz und schien den Beweis antreten und ein neues Ozonloch in die Atmosphäre pupsen zu wollen. Aber dann schlug sie nur fürsorglich nach einer Fliege, die sie anscheinend auf Juddas Ohr entdeckt hatte. Fast wünschte ich mir auch einen Kuhschwanz, denn die Mückengesellschaft hatte sich wieder auf mir niedergelassen, für einen Nachschlag.
    »Jetza spürt eure innere Kuh«, sagte Therese. Was alle zum Anlass nahmen, sich noch inniger an ihre Kühe zu kuscheln. Judda summte leise ein Lied vor sich hin, und Regula wandte tatsächlich den Kopf, als ob sie in »Just the two of us« einstimmen wollte. Mirko winkte Therese lächelnd zu, und wir gingen weiter.
    »Weißt du, was die dafür bezahlen?«, fragte er, als wir außer Hörweite waren. »Erst die innere Kuh entdecken, dann gemolken werden, ganz schön clever, dieses Cowgirl.« Sein Arm lag jetzt fester um meine Taille, meine Hüfte stieß an seinen Oberschenkel, und ich war viel zu sehr damit beschäftigt, weder zu schwitzen noch zu straucheln, dabei gleichmäßige Schritte zu machen und den Bauch einzuziehen, um richtig zuzuhören, geschweige denn zu antworten. Beinahe war ich froh, als er mich losließ, eine Margerite vom Grasstreifen am Wegesrand pflückte.
    »Für dich, Special Agent.« Er überreichte mir die Margerite mit einer kleinen Verbeugung, legte zwei Finger unter mein Kinn. Das Hämmern meines Herzens musste unter dem Top zu sehen sein. Trotz Güllegestank und juckenden Quaddeln an Armen und Beinen fühlte ich mich plötzlich wie mitten in einer Filmszene, in weiches Licht getaucht, mit zarter Musik im Hintergrund, eine Szene, auf die unweigerlich ein Kuss folgen musste. Und vielleicht auch gefolgt wäre, denn Mirko, verführerisch lächelnd, hob mein Gesicht noch ein wenig höher und sah durchaus kussbereit aus. Aber der Regisseur meines Lebens hatte an dieser Stelle etwas anderes vorgesehen: ein haariges, feuchtes, schlabberndes und begeistertes Inferno, ein zittriges »Oh verdammt, tu doch einer was, oh verdammt« von Mirko und so würdelose wie schmerzhafte Versuche meinerseits, einen kussbereiten Hund, halb Golden Retriever, halb Kaukasischer Owtscharka, abzuwehren.
    »Aus, Floh. Komm her!«
    Nur ungern ließ Floh von mir ab, ebenso ungern wie sein Besitzer sich zu einer Entschuldigung herabließ. Vor allem, weil Mirko ihn, mit immer noch zitternder Stimme und schwellenden Muskeln, zurechtwies: Wie man nur einen Hund dieser Größe frei laufen lassen könne, an einem öffentlichen Spazierweg, was Hundehalter

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