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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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sich überhaupt einbildeten – nicht nur, dass ihre Tölen an jede Straßenecke kackten, sie belästigten andere auch mit tage- und nächtelangem Gekläffe, ganz zu schweigen von tätlichen Angriffen wie diesem, und da sei eine Entschuldigung nun wirklich nicht genug.
    »Bist fertig? Guad. Komm, Floh.« Der eingebildete Hundebesitzer bedachte erst Mirko, dann mich mit einem blitzenden Blick und verschwand samt Floh um die nächste Biegung des Uferwegs.

    Wie unglaublich romantisch. Ich saß im großen Zimmer. Sah nichts anderes als die Margerite in einer Porzellanvase mit Marienbild, auf dem niedrigen Tisch vor dem Kamin. Hatte mir jemals ein Mann eigenhändig eine Blume gepflückt?
    Noch einmal rückte ich die Margerite in ihrer Vase zurecht und schaute auf die Uhr. Was jetzt? Ich hatte etwa zwei Stunden Zeit. Mirko war in die Kreisstadt gefahren, zu dem Fitness-Studio, das ich rasch für ihn herausgesucht hatte. Nach dem Zwischenfall mit dem Hund hatte er unbedingt trainieren müssen, um sich abzuregen. Jetzt war es an mir, die Atmosphäre wieder zu romantisieren. Was gar nicht so einfach war in einem Haus, in dem ein Papagei schreiend in der Küche herumflog, überquellende Säcke ohne ersichtlichen Grund von Treppenstufen herunterfielen und eine Kistenlawine mitrissen, tote Käfer aus Förmchen fielen und lebende Käfer jederzeit auftauchen konnten. Aber an lebende Käfer wollte ich noch weniger denken als an Papageien oder Hunde. Ich brauchte eine Strategie. Eine Strategie zur Steigerung der Kusswahrscheinlichkeit um ungefähr neunzig Prozent. Abgesehen von der Wahrscheinlichkeit aller anderen, mich schwindlig machenden Möglichkeiten.
    Ich öffnete mein Notebook, suchte, nachdem ich zugesehen hatte, wie die Startseite des Browsers sich in unendlicher Muße aufbaute, nach zwingend notwendigen Zutaten für einen unfehlbaren romantischen Abend. Und fand:
    – das obligatorische Kerzenlicht (abgehakt, auch wenn Kerzen mit dem Bild des Papstes nicht ganz so romantisch waren)
    – dezente Musik im Hintergrund (kein Problem und sowieso unerlässlich, um Piccos Gekreisch auszublenden)
    – ein gemeinsames, entspannendes Bad (schon der Gedanke daran ließ mich sanft erglühen)
    – einen Spaziergang vor dem Essen (bereits erledigt, wenn auch nicht unbedingt erfolgreich)
    – ein verführerisches Negligé (es gelang mir, das aufsteigende Bild von Franzi in Reizwäsche auf der Negligéparty sofort wieder zu vergessen)
    – und ein nicht zu schweres, nicht zu fettreiches, möglichst exotisches, durch bestimmte Zutaten sogar kreislaufanregendes und durchblutungsförderndes, appetitlich angerichtetes, die Phantasie beflügelndes und Glückshormone förderndes Essen.

    Gedankenverloren kratzte ich an den Quaddeln an meinen Beinen herum. Der letzte Abend, an dem ich für andere gekocht hatte, lag lange zurück. Unter anderem deshalb, weil meine Freunde alle weiteren Essenseinladungen meinerseits ablehnten. Aber es gab nichts, was Georgina Fernande Zuhlau nicht mit System und gutem Willen lösen konnte! Ich gab »romantischer Abend zu zweit – Rezepte« ein und tippte gleichzeitig Julias Nummer in mein Handy. Während ich über Kalbsmedaillons in Champagner, Carpaccio mit Sellerie, Wachteln auf Artischockenbett und Bananen in Schokosauce brütete, ließ ich erst das Telefon im Büro, dann, nach einem Blick auf die Uhr, ihren Apparat zu Hause, schließlich ihr Handy klingeln, endlos. Ich wollte schon aufgeben, als sie abnahm. Mit dieser sanften, etwas abwesenden Stimme, die mich schon ahnen ließ, was sich abspielte.
    »Gina hier. Hat der Elefant die Lichtung schon betreten? Oder springt der Tiger gerade vom Schrank?«
    »Wart mal.«
    Etwas plätscherte.
    »Was machst du?«
    »Ich steig nur wieder in die Badewanne.«
    »Ich frag lieber nicht, ob du allein bist.«
    Erneutes Geplätscher, Gurgeln und Schwappen. Julia holte tief Luft. Nein, sie sei nicht allein, sie und das Karöttchen seien gerade dabei, eine Aquasutra-Übung auszuprobieren, das Füttern der Brahma-Ente.
    »Ente. Das wäre auch eine Idee. Süße, bitte, hör mir zu, ich brauch deine Hilfe.« In Windeseile schilderte ich ihr das Problem. Erstens: Mirkos Anwesenheit in diesem Haus, die sie nicht weiter verwunderte, denn sie war es, die ihm die Adresse gegeben und mir daraufhin dreimal auf die Mailbox gesprochen hatte. Zweitens: meine Bemühungen um die Steigerung der Kusswahrscheinlichkeit. Und drittens: die Notwendigkeit des Kochens, trotz eines zickigen

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