Eiertanz: Roman (German Edition)
Papageis, der in einer Küche herumflog, für die die Bezeichnung Schlachtfeld eine Beschönigung war, und trotz der Abwesenheit jeglicher Kocherfahrung.
»Wie wäre es denn mit Papagei im eigenen Federkleid? Mensch, Pragit, das war nur Spaß!«
Aber Pragit, so nannte Julia das Karöttchen, das seinen richtigen Namen vor lauter Spiritualität längst hinter sich gelassen hatte, schien als Veganer keinen Papageien-Spaß zu verstehen. Bestimmt eine Minute hörte ich mir Julias Besänftigungsversuche unter Geplätscher an. Und spürte, wie auch in mir ein seltsames Bedürfnis aufstieg, Picco vor unfairen Bemerkungen zu schützen.
Einen Moment fühlte ich wieder seine Krallen auf meiner Schulter, hörte sein fragendes, fast zärtliches: »Die Rute, Picco, siehst du die Rute?« Und beschloss, ihn mit einer Extraration seiner geliebten Sonnenblumenkerne zu verwöhnen, falls es mir gelang, ein romantisches Dinner zu kochen.
»Im Ernst«, sagte Julia, »gibt es bei euch nirgendwo einen Asia to go oder so etwas? Du holst acht verschiedene Köstlichkeiten, und dann macht ihrs euch auf dem Sofa gemütlich. Oder in der Badewanne.«
»Aber Mirko steht auf Frauen, die kochen können!«
»Schrei doch nicht so!«
Erneutes Geplätscher, ein halblautes Gespräch, dann hörte ich die hohe, etwas krähende Stimme des Karöttchens: »Gina? Hast du was zu schreiben? Also, pass auf.«
8.
E rst als ich auf dem Parkplatz stand, fiel mir ein, dass ich Mirko den Bus geliehen hatte. Ein Taxifahrer hätte erst von der Kreisstadt herfahren müssen, Mirkos Trainingsbedürfnis war nach der Begegnung mit dem Hund anscheinend hochdringlich, und abgesehen von dem finanziellen Aufwand war sowieso kein Taxifahrer so eloquent wie Bruce. So weit die Argumente. Die mich hierhergebracht hatten, auf diesen leeren Parkplatz, mit einer langen Einkaufsliste, in der Zutaten wie »Kokosöl« verzeichnet waren. Abends um – ich schauderte, als ich auf mein Handy blickte – siebzehn Uhr sechsundfünfzig. Im nächsten Moment stürzte ich los. Normalerweise brauchte ich drei Minuten zum Edeka, jetzt kam ich, keuchend, wild meine Einkaufsliste schwingend, nach einer Minute dort an. Franzi saß seelenruhig am Kassentisch, beriet Judda und Üwe bei der Postkartenauswahl. Noch nie hatte mich ein Anblick so glücklich gemacht.
»Wennse gehne Guh-Bostgarde haben, dann nähm wir ooch’n Sonnenündergang«, sagte Judda, und eine Weile stand ich einfach nur da, schwer atmend, spürte, wie der Juckreiz in allen Gliedern und das Stechen im Nacken zurückkehrten, dachte darüber nach, wo in diesem Sortiment ich anfangen sollte, meine Köstlichkeiten zusammenzusuchen. Das Karöttchen, das ausschließlich vegetarisch kochte, hatte mir geraten, Karotten und Selleriestifte in Currysauce als Vorspeise zu reichen, aber da schon das Hauptgericht vegetarisch war, hatte ich mich entschlossen, ein Entree zu reichen, das bei Chefkoch.de als simpel klassifiziert war. In der Gefrierfleischtheke, auf die ich vorsichtig zuschlich, wühlte der Straßenfeger und Ganzkörperscanner in Hackfleisch und Hühnerschenkeln.
»Äh, entschuldigens, darf ich vielleicht …«
Er tauchte schnaufend auf.
»Was wuist?« Da er mich freundlich, wie mir schien, beinahe besorgt scannte, nahm ich an, dass es sich um ein höfliches Angebot handelte, mir behilflich zu sein.
»Wissen Sie, wo ich hier Garnelenschwänze finde?«
»Was wuist?«, echote Franzi, von der Ladentheke her. Und beugte sich vor, um mich näher in Augenschein zu nehmen.
»Mei, Gina, wie schaust denn du aus?«
Jetzt ließen auch Judda und Üwe von ihren Postkarten ab.
»Nu, meine Guddste! Sie ham aber süßes Blüt, newahr!«
Danach überschlug sich die Hilfsbereitschaft. Judda und Üwe empfahlen mir Spitzwäägerisch-Dinkduren, an die ich jetzt, bei um achtzehn Uhr schließender Apotheke im Nachbarort auf keinen Fall mehr herankommen würde, Franzi konterte, Sonnenöl würde auch gegen die mich anscheinend am ganzen Körper entstellenden Quaddeln helfen, der Ganzkörperscanner, der mittlerweile den gesamten Inhalt der Gefriertheke in seinen Einkaufswagen verfrachtet hatte, empfahl mir etwas, was ich als »Stellst di hoit amoi untern Rasensprenga« für spätere Übersetzung abspeicherte. Dann machten wir uns gemeinsam über meine Einkaufsliste her.
»Aba fix, in fünf Minutn holt mi der Özcan ab«, sagte Franzi, um mich dann zu mustern, immer noch mit diesem Der-Quirl-hat-sie-hoambracht-Ausdruck im Blick.
»Wem wuistn
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