Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
Vom Netzwerk:
Kasse, die Flaschen in der Hand.
    »Hallo, ist da jemand?« Wenn sie wollte, konnte ihre zarte Stimme äußerst durchdringend sein. Franzi und Therese kamen gleichzeitig hinter dem Regal hervorgeschossen.
    »Seids scho lang da?« Therese musterte uns misstrauisch.
    »Eben erst gekommen«, sagte ich in so unschuldigem Ton wie möglich, fragte mich, wie ich das Gehörte deuten sollte, soweit ich es mir übersetzen konnte.
    »Was denkst denn du von uns, ha?«
    »Legal ist das fei nicht.«
    Was das Wort »fei« genau bedeutete, wusste ich immer noch nicht, und was mit dem Haus, Hartl, Quirl und dem damischen Viech gemeint war, konnte ich nur ahnen. Ich dachte an den Zitronenduft im Haus, die umgefallenen Handtuchberge, Hartls gestrigen Gesichtsausdruck, daran, wie entschieden Quirin meinen Verdacht abgewehrt hatte, Hartl habe nach dem Testament gesucht. Hatte er vielleicht selbst danach gesucht? Um es vor Christiane zu verstecken? Es heimlich zu vernichten? Hatten sie am Ende etwas gefunden? Sollte ich mich vielleicht wie eine Spionin im Film an Quirin heranmachen, um es herauszubekommen?
    Franzi hatte sich schnaufend hinter den Kassentisch begeben, und Julia legte die Mineralwasserflaschen und einen Fünfzigeuroschein auf die Theke, mit jenem Lächeln, wegen dem Christiane sie eingestellt hatte. »Kannst du mir in Zweieurostücken rausgeben? Wir brauchen Kleingeld.«
    »Wos wuistn damit?« Franzi griff schon nach den Kleingeldrollen.
    »Ich habe eine großartige Idee für die Modenschau.«
    »Für wos?« Franzi blitzte Therese an, die auf ihre Äpfel und die Zuckerpackung hinunterschaute.
    »Ach, nix weiter, nur so a Gedanke, weißt«, murmelte Therese in den Zucker hinein.
    »Die Modenschau, die wir in Thereses Laden machen«, erläuterte Julia, immer noch lächelnd. »Wie wär’s, wenn wir den Samstag in vierzehn Tagen nehmen, Therese? Dann ist noch genügend Zeit für die Werbung.«
    »Und wieso fragts mi und den Özcan ned, ob wir mitmachn, ha?«
    Franzi schob die Kleingeldrollen über den Tisch, und ich steckte sie schnell ein, zog Julia am Arm.
    »Also … wir müssen dann mal weiter.«
    »Ja, rüber zum Automaten.« Julia lächelte selig. »Ich hab die Idee, die Therese zum Durchbruch verhelfen wird. Zum ganz großen Durchbruch.« Sie richtete sich auf, rückte ihr Tuch zurecht. »Das erste Kondomdirndl der Welt!«

    »Nicht, Picco!« Schon wieder kreiste er provozierend über der Urne auf ihrem Ehrenplatz auf der Kommode, und ich wedelte verzweifelt mit der Hand. Julia saß auf dem Boden, über ein Schnittmuster gebeugt, zwischen bestimmt dreihundert Kondomen in den verschiedensten Farben.
    »Kannst du mir sagen, wie ich sie vor ihm schützen soll, verdammt? Ich kann doch nicht den ganzen Tag hier Wache stehen.«
    Sie blickte auf, musterte mich und den schon wieder heranflatternden Picco mit einem abwesenden Ausdruck, als hätten wir uns aus einer anderen Welt materialisiert, dann hielt sie fragend ein Kondom hoch. Eine Sekunde schauten wir uns an, dann das Kondom und die Urne. Und schüttelten beide gleichzeitig den Kopf. Womit die Angelegenheit für Julia erledigt zu sein schien. Sie beschäftigte sich wieder damit, die eingerollten Kondome auf dem Schnittmuster aneinanderzufügen wie Pailletten. Von der Küche her hörten wir Lutz murmeln. Nach dem mittäglichen Achtungserfolg seiner veganen Weißwürste und den Pommes mit weißblauer Ajoli – der Bürgermeister hatte gesagt, es schmecke interessant  –, hatte er sich jetzt der Herausforderung der Haxe gestellt. Schon den ganzen Nachmittag über versuchte er, die Form einer Haxe aus Tofu nachzubilden. Und meditierte über das richtige Gemüse, an dem er die Tofumasse befestigen wollte. »Lauch?« Schritt, Schritt, Schritt, Schritt. »Zu scharfer Eigengeschmack. Fenchel? Zu viel Yin-Energie. Zucchini? Zerfällt.« Pause.
    Picco kreiste über der Urne, höhnisch pfeifend. Ich scheuchte. Und bastelte weiter an meiner Konstruktion zum Urnenschutz aus Bleistiften und einem Stück Müllsack.
    »Kohl!«, rief Lutz. »Weißkohlblätter!« Schritt, Schritt, Schritt, zu uns ins Zimmer. Picco flog kreischend auf. »Ich wickle den Tofu in Weißkohlblätter, und alles wird fest verschnürt. Was haltet ihr davon?«
    »Sehr schön, Schatz«, murmelte Julia abwesend. »Wie findet ihr Rosa und Violett fürs Oberteil? Oder wirkt das schwul? Morgen müssen wir dringend in den Großmarkt fahren, ich brauch mehr Pastellfarben.«
    »Findet ihr einen Baldachin für die Urne

Weitere Kostenlose Bücher