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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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so – ein Arm hob, eine Hand, die mir zuwinkte. Regula schnaufte, blieb aber unbeweglich liegen, als Christiane aufstand und beruhigend ihren Rücken tätschelte.
    »Duuuu hast keine Probleme mit deinen Lovern, du alte Kuh, was? Du liegst hier mitten in deiner Mahlzeit und die Kerle können dir egal sein, nicht wahr?«
    »Äh … Chris … was … was … oh mein Gott … was machst du hier?«
    Christiane klopfte Gras von ihrer Bluse. »Kuhkuscheln vermutlich.«
    »Äh … du? An einer … einer …?«
    »Kuh, ja. Weißt du, Gina, ich bin in einer bayrischen Kleinstadt aufgewachsen. Nicht auf dem Dorf, aber immerhin nahe genug am Ländlichen. Als Kind habe ich meine Ferien auf dem Bauernhof verbracht. Und damals hab ich mich oft bei den Kühen ausgeheult, wenn ich Kummer hatte, oder sie einfach gestreichelt. Ich hab nur nicht gewusst, dass man ein Geschäft daraus machen kann. Clevere Idee, muss man dieser Therese lassen. Wenn sie auch noch gut organisieren könnte … Setz dich her, ich hab Rotwein. Wie es aussieht, haben wir sowieso die eine oder andere Kleinigkeit miteinander zu besprechen.«
    »Aber …« Was, um Himmels willen, hatte ich gesagt? Was hatte ich über Ralli erzählt? Hatte ich tatsächlich den gesamten Ablauf unserer Begegnung geschildert, samt meinem Verdacht, dass er ein Busenfetischist war?
    »Ich … äh … ich hab Angst vor Kühen.«
    »Dafür bist du mit dieser hier aber ganz schön vertraut. Wie nennst du sie? Regula? Auf, steig rüber. Setz dich wenigstens auf die Wiese.«
    Sie klopfte auf Regulas Flanke, ließ sich dann wieder an ihrer Seite heruntergleiten. Einen Moment stand ich reglos, schaute in den Abendhimmel, wartete darauf, dass sich aus der Dämmerung ein Raumschiff manifestieren würde, auf der Suche nach Erdenbürgern, denen das Leben auf ihrem Planeten zu kompliziert geworden war. Aber nichts passierte, nur Regula schlug auffordernd mit dem Schwanz: Jetzt reiß dich mal zusammen, Gina Fernande Zuhlau! Ich trocknete mein nasses Gesicht mit dem Bademantelärmel ab und stieg über den Zaun.

    Es konnte kein Traum sein. Dafür waren die Grillen zu laut, die taumelnden Nachtfalter zu nah und Regulas Verdauung zu rhythmisch. Es war Wirklichkeit, ich lag dicht, freiwillig und wundersamerweise völlig angstfrei am Puls der Natur. Auf einem Bademantel. Neben meiner Chefin, die ihrerseits auf einem Bademantel lag und Rotwein aus einer Flasche trank. Warum sie den Bademantel nicht zurückgegeben, sondern sogar mit hierhergenommen habe, war die erste Frage, die mir stammelnd herausgerutscht war, und Christiane hatte erst mich angesehen, dann irgendetwas hinter mir, mit leicht verschwommenem Blick.
    »Dasselbe könnte ich dich fragen, Gina. Weil er gut riecht, nach Zitrone. Na ja, jetzt nicht mehr. Aber er ist eine gute Unterlage.«
    Danach lauschten wir eine Weile stumm auf das, was sich in Regulas Innerem abspielte, grummelnd und gluckernd. Ein Wunder der Natur: Gras wurde durch Mägen geschleust, kraftvoll verdaut, umgewandelt zu Milch. Und Rindfleisch. In diesem Augenblick verstand ich Lutz. Und gelobte mir, nie wieder einen Hamburger anzurühren. Ein Versprechen, das ich wahrscheinlich wieder brechen würde, in einem schwachen Moment. Regula schnaufte. Einmal. Dann ein weiteres Mal. Es klang etwas ungeduldig. Und es galt mir, ich spürte es. Ich holte tief Luft, sagte Christiane, wie sehr ich bereute, was mit Ralli passiert war, dass ich es nicht gewollt hatte, mir immer noch nicht verzeihen konnte, dass ich zu schwach gewesen war, mich zu wehren …
    »Ich weiß, Gina. Du hast es eben schon der Kuh gesagt.«
    Sie trank einen Schluck Rotwein, schaute nachdenklich die Flasche an.
    »Weißt du, ich hatte schon so etwas geahnt. Er ist nach dem Agenturfest ziemlich spät zurückgekommen. Und er war extra charmant, wie immer, wenn er mich mal wieder betrogen hat.«
    Sie nahm noch einen großen Schluck, hielt Regula spielerisch die Flasche hin, aber Regula lehnte das Angebot in all ihrer Kuhwürde ab.
    »Er hat seine ständigen Affären als Ausdruck der großen Freiheit deklariert, love the one you’re with und so einen Quatsch.«
    »Crosby Stills Nash & Young.«
    »Genau. Meine Güte, Gina, warum hast du es mir nicht einfach gesagt? Ich … ach, natürlich war ich wütend, sogar sehr, ich hatte mir schon überlegt, dich … Aber mei, du bist eine ziemlich gute Arbeitskraft.«
    Regula stieß einen zarten, zustimmenden Rülpser aus, mit dem sie Christiane einerseits das

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