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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Ding?«
    »Ausgerechnet „Zum Kühlen Grund.«
    »Es gibt wieder Arbeit«, sagte ich.
    »Das hat etwas mit dir zu tun«, sagte Elsa.
    Ich fuhr sehr schnell durch die grellrote Sonne des Spätnachmittags, und Elsa jammerte: »Sonst fährst du langsam, sonst erklärst du Bäume und Blumen. Und was machst du jetzt? Du rast.«
    »Mich hat die Hektik gepackt und damit die Blindheit. Ich bin fahrig und umtriebig, weil die Geschichte mich verrückt macht. Spionage? Bürgerliches Drama?«
    »Kann es denn nicht wirklich sein, daß Messner irgendeinen Spionagering aufdeckte und dieser Brummifahrer aus Dresden kam, um alle totzuschießen?«
    »Seit Barschel kann alles sein. Aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist nur, daß wir es irgendwann erklären können.«
    »Muß man Leichen erklären?«
    »Hierzulande ja, hier werden nur ordentliche Leichen mit schriftlichem Werdegang akzeptiert.«
    »Stell dir vor, wir könnten auf einer Lichtung in der Sonne hocken und etwas miteinander haben.«
    »Was denn?«
    »Körperliches, rein Körperliches.«
    »Geh nicht in Details.«
    »Du hast wieder Furcht.«
    »Nein, das regt mich auf. Ich kenne nämlich eine Lichtung mit roten Lichtnelken, die jetzt noch blühen.«
    Die alte Mühle war ein Traumhaus unter Eichen. Man fuhr von der schmalen Straße einen Weg rechts hinein, rumpelte über eine uralte Brücke, deren Schlußstein vor zweihundert Jahren gesetzt sein mochte, und konnte dann unter einer Eichen- und Kastaniengruppe parken. Das Haus war aus Bruchsteinmauern gefügt, und an seiner Westwand lief ein breiter Bach über ein verwittertes, verfaultes Holzrad. Es war eine Antiquität, wie es sie in der Eifel zuhauf gibt und von der alle Leute fürchten, daß andere Leute sie entdecken.
    Die Schankstube war leer und sah trostlos und vergammelt aus, keine Spur von Gelächter und Fröhlichkeit.
    »Hier ein kleines Hotel aufmachen, hier Gäste haben«, hauchte Elsa. »Ich würde denen Frühstück ans Bett anbieten und so zärtliche Sachen.«
    »Hallo Wirtschaft«, schrie ich. »Du brauchst eine Million, um dieses Haus auszubauen, und sechzehn Stunden am Tag, um es in Schuß zu halten. Dein Traum hat in der Eifel mehr Pleiten verursacht, als die Amtsblättchen veröffentlichen können.«
    Dann kam die Frau aus einer dunklen Tür hinter dem Tresen. Sie war jung, vielleicht zwanzig, vielleicht fünfundzwanzig, und sie war unförmig dick, sie watschelte und sie kaute auf etwas herum. Ihr Gesicht war groß und rund und rot und rosig und außen an den Wangen fast violett. Ihr Haar klebte unordentlich, strähnig hellblond um den Kopf, und vorn an der Stirn hatte sie einen Lockenwickler vergessen. Sie trug ein kurzärmliges Kleid, etwas, das meine Mutter wohl Kattunkleid genannt hätte, etwas Weißblaues. Darüber eine weiße Schürze, die vollkommen verschmiert war. Sie sah uns nicht an, sie griff nach einem Lappen und wischte unter den Bierhähnen durch. »Bier? Oder was? Essen gibt es erst abends. Nur Tiefgekühltes.«
    »Zwei Kaffee. Doktor Naumann ist ein Freund von uns. Er hat uns von Ihrem Pech erzählt, vom Verkauf hier.«
    Jetzt hob sie den Kopf, sie hatte wässrige blaue Augen. Sie griff in den Glasschrank hinter sich, riß einen Snack-Streifen auf und schob sich den Riegel in den Mund. »Das kannste sagen, daß wir hier Pech haben. Sind vor einem Jahr aus Euskirchen gekommen, mein Mann und ich. Anfangs lief es gut. Die Kollegen von der Freiwilligen Feuerwehr kamen, und Skatklubs und so. Aber dann? Ich weiß auch nicht. Am Arsch der Welt ist das hier. Eigentlich ist es ja ganz schön. Aber, mein Gott, ich gehe hier ein in dem Kaff. Nee, wir wollen weg. Wir haben verkauft.«
    Ich bugsierte Elsa an das nächste Tischchen, wischte den Staub von der Platte, und wir setzten uns.
    »Ich mach mal den Kaffee«, sagte sie und verschwand.
    Ich stopfte mir die Straight Grain von Jeantet und paffte vor mich hin. Sie kehrte zurück, stellte die Tassen vor uns hin, goß aus einer uralten Kanne ein und setzte sich zu uns. »Haben Sie was mit Doktor Naumann zu tun?«
    »Nein, nein. Er sagte bloß, Sie hätten Pech mit dem Verkauf hier, weil ja die neue Besitzerin nicht mehr lebt.«
    »Ja, ja. Mit der is was. Irgendwie ein Unglück oder so. Erschossen, sagen die Leute. Na ja, sie hat bezahlt, ist mir egal. Wir gehen nach Dortmund, mein Mann hat eine Stelle als Fahrer. Bezahlt hat sie ja, diese Rebeisen.«
    »Rebeisen?« Elsas Stimme war hoch.
    »Na ja, sie hat beim Notar den Namen gegeben. Ich weiß ja

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