Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
ihm mein Feuerzeug über den Tisch, und wir sahen zu, wie er die Zigarre ganz bedächtig in Brand setzte und den blauen Rauch genüsslich über den Tisch blies.
»Es gibt einen Punkt, an dem wir sehr unsicher sind«, erklärte Rodenstock und sah den Alten an. »Das ist der Punkt Drogen. Ihr Sohn Horst ging sogar in Schulen, um Kindern und Jugendlichen Vorträge darüber zu halten. Er soll sehr gut gewesen sein. Können Sie uns sagen, weshalb er auf dem Sektor Drogen so viel wusste?«
»Er hat sich eben dafür interessiert«, entgegnete der Alte. »Er war ja Polizist, da lernt man so was.«
»Also, da korrigiere ich mal ein bisschen«, sagte Timo, und er wirkte auf einmal fast heiter. »Ich war schuld, dass Hotte sich für Drogen interessierte. Ich habe in jungen Jahren so viel gesoffen, dass ich hier nicht bleiben konnte. Und ich wusste auch nicht, wohin ich gehörte. Meine Eltern haben sich viele Sorgen gemacht deswegen. Aber Hotte kam nach Frankfurt und brachte die Sache in Ordnung.«
»Wann war denn das gewesen?«, fragte Rodenstock schnell.
»Vor zwölf Jahren«, sagte Timo. »Seitdem bin ich clean. Nix mehr, nur noch Aspirin.«
Der Vater hatte wieder den Kopf gesenkt und nickte bedächtig, als sei die knappe Schilderung seines Sohnes sehr genau.
»Darf ich Timo etwas fragen?«, warf ich ein.
»Aber klar doch«, sagte Timo.
»Wenn ich das richtig verstanden habe, bist du in Bier und Schnaps ersoffen. War das so?«
»Das war so«, antwortete er.
»Und dann kam Hotte?«
»Und dann kam Hotte.« Er machte eine kurze Pause. »Es war so, dass ich ganz unten war, da war einfach nix mehr. Keine Sau hat sich mehr mit mir unterhalten, ich habe aus Mülltonnen gelebt und manchmal von Nutten ein belegtes Brötchen geschenkt bekommen.«
»Timo!«, murmelte der Vater betroffen.
»Sie können stolz auf ihn sein«, sagte ich. »Was hat Hotte mit dir gemacht?«
»Es war im Untergeschoss Hauptbahnhof Frankfurt, morgens um sechs Uhr. Voller Betrieb. Hotte kam auf mich zugeschossen, und ich wusste: Jetzt bin ich fällig. Ob du es glaubst oder nicht: In dieser Sekunde war ich froh, richtig glücklich. Da kommt mein kleiner Bruder auf mich losgeschossen, sagt kein Wort. Der war weiß vor Wut. Dann hat er mich fertiggemacht, ich hatte null Chancen.«
»Timo!«, sagte der Alte leicht vorwurfsvoll.
»Muss mal gesagt werden!«, murmelte Timo. »Hotte hat mich richtig gut getroffen, hat richtig gut Maß genommen. Unterkiefer zweimal gebrochen, links, rechts, Nasenbein gebrochen. Drei Rippen gebrochen, linkes Sprunggelenk gebrochen. Ich wurde im Krankenhaus wach, und er saß an meinem Bett. Junge, war der sauer. Wir kannten einen aus Daun, der nach Kanada ausgewandert war. Der hatte da Wald mit einem See gekauft. Zu dem bin ich hin. Da stand eine Holzhütte, da habe ich zwölf Wochen allein gelebt, mit keinem Menschen gesprochen, nur in saukaltem Wasser geschwommen und ein Feuerchen angemacht und reingestarrt. Hotte hat alles bezahlt. Und als ich wieder in Frankfurt war, sind wir beide zu den Eltern und haben Guten Tag gesagt.«
»Meine Frau hat geweint, so glücklich war sie«, bemerkte der Alte versonnen. »Wir hatten zwei Söhne.«
Rodenstock beugte sich weit vor. »Das heißt also: Wenn Hotte etwas über den Drogenalltag der Süchtigen wissen wollte, hat er seinen Bruder angerufen.«
»Richtig«, sagte Timo. »Ich muss es ja wissen, ich sitze ja mittendrin.«
»Was ist es denn?«, fragte ich.
»Sicherheitsberatung«, sagte Timo. »Sechzehn Nachtbetriebe, vier Kinos und acht Bars. Eros-Center. Eigene Firma, acht Angestellte, siebzehn Freie. Arbeit in drei Schichten.«
»Und du fährst mit dem Jaguar rund«, sagte ich.
»Genau!« Er lächelte schmal.
»Und du willst selbstverständlich wissen, welches Schwein deinen Bruder Hotte getötet hat«, stellte Rodenstock fest, als wäre eine andere Möglichkeit nicht denkbar.
»Ja«, nickte Timo. »Du liegst richtig, genau deswegen bin ich hier.« Dann versteinerte sein Gesicht, er bewegte sich nicht mehr, er starrte geradeaus auf irgendeinen Punkt, sein Mund wurde ganz breit, seine Augen schlossen sich, und er hoffte wohl, dass man die Tränen nicht bemerkte.
Sein Vater beugte sich zu ihm, legte ihm eine Hand an die Schulter und murmelte: »Sachte, mein Junge, nur sachte!«
»Ich habe noch eine Frage«, sagte ich. »Es geht das Gerücht, die Ehe vom Horst mit der Nicole sei kaputt gewesen. Können Sie das bestätigen?«
»Da war so ein Drecksmaul.« Der Vater sprach
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