Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
käme das unseren Wünschen sehr entgegen.«
»Was ist dieser Straubing für einer?«
»Er ist einundvierzig Jahre alt, er ist Spezialist auf dem Sektor Holz, national und international. Er stammt aus Mürlenbach, die Eltern hatten eine Sägemühle und eine Bautischlerei. Er hat eine hochfeine Firma aufgezogen, die im vergangenen Geschäftsjahr rund 70 Millionen Euro Umsatz machte. Er hat acht Festangestellte, alles Kommunikationsspezialisten mit einem Wirtschaftsstudium. Sie sind mehrsprachig. Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch, Spanisch, Urdu, Chinesisch. Er bezahlt diese Leute sehr gut und wird dabei selbst natürlich sehr wohlhabend. Zuweilen fliegt er um den Erdball, um Kontakte zu machen und zu pflegen. Die Eltern sind mittlerweile verstorben. Er hat sich ein Haus in Mürlenbach gebaut, wobei er das elterliche Haus einfach überbaut hat. Er hat es komplett in einen Neubau integriert, und das Schlafzimmer seiner Eltern wurde zu einer Art Totenschrein. Wenn du so willst, hockt er da in seinem eigenen Museum und erzählt die unglaublichsten Geschichten über seinen Vater, die alle nicht stimmen. Er soll sie in Gesprächen seine Ahnen nennen, dass er diesen Ahnen verpflichtet ist, dass sie auf ihn aufpassen, ihn vor Feinden beschützen und ähnlichen Unsinn. Auf jeden Fall muss er streng abstinent leben, also null Alkohol. Es kommt vor, dass er trinkt, und zu viel trinkt. Dann wird er gemeingefährlich, was aber kaum Schwierigkeiten bereitet. Das wird alles mit Hilfe von Geld und Anwälten glattgebügelt.« Er schwieg und seufzte wieder.
»Das ist doch noch nicht alles«, sagte ich.
»Nein, ist es nicht«, antwortete er mit leiser Stimme. »Er hat ein paar weitere Macken. Manchmal leidet er massiv unter Verfolgungswahn. Deshalb hat er sich auch in seinem Haus und in seinem Büro in Gerolstein die Fenster mit Panzerglas ausstatten lassen. Das Haus in Mürlenbach wird von etwa zwanzig automatischen Kameras bewacht. Angeblich hat er in England nachgefragt, ob er den neuesten Bentley auch gepanzert kaufen kann. Sie haben geantwortet: Ja. Aber dann müssten sie den Wagen so bauen, dass er kaum fünfzig Stundenkilometer schnell sein würde, es sei denn, sie würden ein neues Triebwerk einbauen, das aber erst noch gebaut werden müsste. Solche Geschichten über ihn gibt es zuhauf, aber wir gehen davon aus, dass das Meiste schlicht gelogen ist und auf Gerüchten beruht. Tatsache ist wohl, dass er sich maßlos in irgendwelche wüsten Szenen hineinsteigern kann. Dann fängt er an zu schreien und schmeißt schon mal eine Mingvase ins Kaminfeuer. Na ja, es wäre schön, wenn du vorbeikommst.«
»Okay, ich komme rüber.« Ich hatte Rodenstock selten so tief unten erlebt.
Bei Tessa gab es tatsächlich Kaffee, und sie hatte mir zwei Eier im Glas gemacht, wobei ich überlegte, ob ich das in den letzten zwanzig Jahren jemals irgendwo gegessen hatte. Wie auch immer, es war ein geradezu festliches Frühstück.
»Ich habe mit Kischkewitz gesprochen«, sagte sie. »Der Aschenbecher, den du mitgebracht hattest, wurde bereits kriminaltechnisch untersucht. Da ist nichts zu holen. Wenn die Kippen fehlen, können keine DNA-Spuren nachgewiesen werden. Sie wissen nicht weiter. Sie wollen dich schicken, habe ich verstanden.«
»So ist es«, bestätigte ich. »Und wenn ich das alles richtig mitbekommen habe, brauche ich ein Übermaß an Glück.«
»Wieso das?«
»Weil ich einen Termin bei dem Mann brauche. Und was ist, wenn er sich gestern zu einer Thailandreise aufgemacht hat?«
»Ja, ich verstehe.« Sie lächelte flüchtig. »Sag mal, hast du eigentlich Angst vor mir?«
Erst lächeln, dann lügen. »Wie kommst du denn darauf?«
»Da bin ich aber froh.«
Ich verschanzte mich in meinem Büro und hörte nicht einmal, wie Tessa vom Hof fuhr.
»
Holz International
«, sagte die Frau am Telefon freundlich.
»Mein Name ist Baumeister, Siggi Baumeister. Ich bin Journalist und schreibe an einer Serie von Reportagen über heimische Firmen in der Eifel. Dass ich dabei auf Sie stoße, wird Sie kaum verwundern. Ich hätte gern einen Termin mit Marcus Straubing.«
»Kann man das auch über Computer laufen lassen?«
»Das kann man nicht«, sagte ich. »Es geht auch erst einmal um ein Kontaktgespräch, und mein Computer ist mir nicht schlau genug. Mit anderen Worten, ich muss mit Marcus Straubing persönlich sprechen.«
»Ich weiß nicht, ob der Chef überhaupt Zeit hat.«
»Das glaube ich Ihnen gerne, aber das wird sich doch
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