Eifel-Connection
kennen gelernt zu haben.
Wir mussten bis neun Uhr warten, ehe jemand erschien.
Kischkewitz kam in seinem uralten, kackbraunen Mercedes herangerollt und sah aus, als habe er zwei Nächte nicht geschlafen. Er stieg aus und dehnte und streckte sich als würde er zum ersten Mal seit Wochen wieder frische Luft atmen.
»Danke für die Vertretung«, brummte er. »Wo ist das Opfer?«
»Da drin«, sagte Emma. »Wir haben nichts berührt.«
»Dann berühre ich mal«, nickte er, und betrat das Wohnmobil.
Das Lustgehäuse ächzte und bewegte sich leicht eine ganze Weile lang, dann erschien Kischkewitz wieder mit hochrotem Kopf und nörgelte: »Einwandfrei eine Tötung. Zungenbeinbruch sehr deutlich. Anschließend hat er das Halstuch benutzt. Wie geht es Rodenstock?«
»Er ist im Krankenhaus, er macht eine Therapie«, antwortete Emma.
»Da bin ich skeptisch«, grinste der Leiter der Mordkommission. »Der findet todsicher eine Ausrede.«
»Dann lasse ich mich scheiden«, stellte Emma nüchtern fest.
»Na, unter dieser Bedingung könnte es klappen.« Er wandte sich an mich »Hast du Fotos? Brauchbar? Kann ich die haben?«
»Ich schicke sie euch auf den Rechner.«
»Du bist ein Schatz. Aber sie erscheinen nicht in der Tagespresse, dass das klar ist! Sonst sind meine Anfragen bei Emma und dir für immer Geschichte!« Er wusste, dass er keinen großen Nachdruck in seine Drohung legen musste. Die Abmachung hatte seit Ewigkeiten Bestand und ließ alle Seiten profitieren. Er konnte sich auf uns verlassen, wenn Not am Mann war. Ich bekam Stoff für meine Geschichten. Und Emma … Emma bekam einen Grund, nicht durchzudrehen wegen Rodenstock. »Muss ich sonst noch etwas wissen?«, fragte Kischkewitz.
»Hier in diesem alten Ding war angeblich eine schöne, junge Frau stationiert«, erklärte Emma. »In der vorigen Woche. Donnerstag und Samstag. Da würde ich mich an deiner Stelle drum kümmern. Ihr werdet ja sowieso den Zuhälter finden, der hier zuständig ist. Der Lkw-Fahrer hat von der Schönen gesprochen. Ich mache dir ein Protokoll. Das hast du heute Nachmittag. Wie geht es deiner Frau?«
»Sie will sich jetzt nicht mehr scheiden lassen. Sie sagt, sie hätte mich so lange ausgehalten, dass ihr nach der Scheidung was fehlen würde. Jetzt weiß ich nicht richtig, ob das ein Erfolg ist.« Er lächelte verkniffen.
»Kluge Frau«, sagte Emma.
»Hast du bei der Toten eine Handtasche gefunden?«, fragte ich.
»Nein, habe ich nicht. In ihrem Rock sind Taschen. Da habe ich einen Zettel gefunden. Da steht ziemlich krakelig: Waclawick, Maria, Köln. Wahrscheinlich hat sie das selbst geschrieben. Dann noch ein kleines Holzkreuz mit einem Corpus Christi aus Plastik, dann noch eine Zwei-Euro-Münze, sonst nichts.«
»Habt ihr irgendetwas im Fall Dr. Christian Schaad ausgraben können?«, fragte Emma.
»Nein, soweit ich weiß nicht. Der hatte einfach Pech, nehme ich an. Der stand zu dicht am Abgrund.«
»Pech hatte er in jedem Fall«, erwiderte Emma spitz. »Was ist mit Norbert Bleckmann?«
»Der Pathologe in Mainz sagt: natürlicher Tod. Herzstillstand. Das kommt vor. Aber sie untersuchen noch auf Gifte.«
»Bei euch hier kommt ziemlich viel vor«, murrte Emma. »Wir verziehen uns, wir fahren heim. Und ruf bitte mal meinen Mann an. Ich denke, der langweilt sich zu Tode.«
»Ich übe Caritas!«, versprach er. Irgendwie wirkte er verloren, als er neben dem alten Wohnwagen stand und uns nachschaute.
Im Wagen fragte sie: »Machen wir einen der Fälle weiter? Norbert Bleckmann? Christian Schaad? Die alte Frau? Interessiert dich etwas daran? Kannst du über einen der Fälle etwas schreiben?«
»Das sieht nicht so aus« erwiderte ich. »Vielleicht wäre der Geologe interessant, weil der Eifel die Berge geklaut werden. Aber dann stehen wir vor dem Problem, dass wir nicht wissen, wen er hier treffen wollte.«
»Und wenn wir alle Naturschützer anrufen? Ich meine, irgendwer muss ihn doch gekannt haben. Oder glaubst du, er ist mutterseelenallein in Walsdorf im Steinbruch herumgekraxelt, bis es ihn erwischte?«
»Vielleicht erinnert sich Nina Schaad noch an dies und jenes.«
»Falls sie noch da ist«, erwiderte sie knapp. »Sie tourt herum, weil sie keine Ruhe findet. Ich habe nicht den Eindruck, dass die junge Frau den Fall schnell aufgibt. Sie ist zäh, und er war ihr Mann.«
Die junge Frau war noch da. Sie saß verloren in Emmas Küche, trank Kaffee und starrte aus dem Fenster.
»Gut geschlafen?«, fragte Emma
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