Eifel-Connection
Emma das schildert, klingt das für mich, als sei der Kaufmann auf die Wiese über dem Bauernhof gefahren, weil er genau an diesen Punkt wollte. Für mich heißt das: Irgendetwas auf dem Bauernhof spielt sich nachts ab.« Er grinste. »Ich erspare es euch, die kommenden vierzehn Tage nachts auf der Wiese im Nebel herumzustehen und zu frieren. Ich rate euch aber dringend, den nächsten Angriff gegen diese Bäuerin zu fahren… ich weiß nicht mehr, wie sie heißt.«
»Klara Jaax«, sagte ich.
Er nickte. »Emma sagte, sie sei eine wilde Hummel oder so etwas. Wenn sie das ist, dann müsste es leicht sein, an Fakten über diese Frau heranzukommen. Wenn sie fröhlich ist und ein leichtes Herz hat, dann hat sie auch Freundinnen. Und diese Freundinnen werden gern ganz unschuldig reden, wenn man sie entsprechend motiviert. Vielleicht ist die Frau in einem Kegelclub oder in einem Karnevalsverein. Und jetzt muss ich weiter, sonst schimpft mein Therapeut. Und ich verlange natürlich, dass ihr erfolgreich seid.« Dann grinste er, zog die Haustür auf und verschwand.
»Der ist jetzt richtig gut unterwegs«, sagte seine Frau strahlend und umarmte mich. »Weißt du, was ich jetzt tue? Ich fahre heim und schreibe ihm einen Brief. Und wenn etwas Wichtiges ist, kannst du mich anrufen.«
»Es gibt nichts Wichtigeres als einen Brief an ihn«, sagte ich.
Aber da war sie schon zur Tür hinaus, sie hüpfte förmlich.
Ich blieb zurück mit dem Gefühl, vollkommen überflüssig zu sein. Die Welt brauchte mich nicht.
Also machte ich mich auf und fuhr nach Hillesheim hinüber, um irgendjemanden aufzutreiben, der etwas über Klara Jaax wissen konnte. Ich landete erst einmal im Teller bei Ben, setzte mich an den Tresen und bestellte einen Kaffee. Es war gegen 18 Uhr, Hillesheim war gutbürgerlich, niemand war da, für das Feierabendbier war es zu früh.
Die junge Frau, die mich bediente, kannte ich nicht. Sie war schlank, hellblond und vielleicht 20 Jahre alt. Sie hatte den Mund eines Mädchens, das grundsätzlich schmollt.
»Wo kann ich denn etwas über den Karneval in Hillesheim erfahren?«
»Etwas Konkretes, oder allgemein?«, fragte sie zurück.
»Etwas konkret wäre gut«, sagte ich.
»Dann bestimmt bei Melanie im Lady«.
»Und wo ist das?«
»Oben am Graf-Mirbach-Platz.«
Also trank ich meinen Kaffee aus, bezahlte und wanderte weiter. Zuweilen muss man weite Wege gehen.
Am Graf-Mirbach-Platz, der auf mich immer den Eindruck eines zu Tode sanierten, großen Vierecks machte, fand ich Melanies Wellness-Point Lady.
Melanie selbst machte den Eindruck eines oldenburgischen Kaltblüters - von hinten gesehen. Sie war ein Gebirge von Mensch, und sie thronte hinter ihrem Verkaufstisch, als müsse sie ihren Laden tagtäglich gegen den Ansturm blutdürstiger Barbarenhorden verteidigen.
»Sie wollen sicher einen Gutschein für Ihre Frau«, sagte sie mit sehr blanken, blauen Augen. »Ich hätte da ein Gesamtangebot von einmal Rückenmassage, Pediküre, zweimal Sonnenbank, einmal Maniküre, einmal Olivenölbad plus Lichttherapie. Das ist günstig, das macht…«
»Ich möchte etwas über den Karneval in Hillesheim wissen«, sagte ich eingeschüchtert.
»Da sind wir doch gerade drüber«, erwiderte sie indigniert.
Sie war um die Dreißig, und sie steckte in einer Art blütenübersätem Überwurf, der sämtliche Einzelheiten verdeckte. Es war wohl eine Art Zelt. Sie hatte lange, dunkle Haare, die ihr wirr vom Kopf standen, und unglaublich elegante Hände.
»Gibt es hier denn angewandten Karneval?«, fragte ich.
»Und wie!«, sagte sie mit eigentümlich hoher Stimme. »Also, mein Großvater stand schon in der Bütt, und dessen Großvater auch. Also Karneval ist hier ein und alles. Und wenn ich auftrete, dann habe ich vorher manchmal in den Redetexten von meinem Großvater gelesen, und da stehen richtige Klopper drin.«
»Also Ihre ganze Familie macht da mit?«
»So isses!«, nickte sie. »Was wollen Sie denn speziell wissen?«
»Die Rolle der Frauen?«
»Also, ohne uns isses nix. Wenn wir am Weiberdonnerstag losziehen, dann bebt die Heide, dann wird es ganz schlimm. Also, die Männer ziehen sich dann nach Daun zurück, oder nach Jünkerath, weil sie ja überleben wollen.« Dann kicherte sie ganz hoch wie eine irre Patientin kurz vor einem gewalttätigen Angriff auf das Pflegepersonal.
»Das klingt ja furchtbar«, sagte ich.
»Das ist furchtbar!«, betonte sie.
»Sind denn das viele Frauen?«
»Na ja, bei den Jüngeren
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