Eifel-Connection
heutzutage zieht das ja nicht mehr. Die kommen dann und sagen mir ohne zu rot zu werden, sie hätten nur Geld für drei Bier. Das muss man sich mal vorstellen! Also, die denken wohl, es ginge um eine Beerdigung. Jeder Jeck ist anders, sage ich mal.«
Ich versuchte es noch einmal: »Sind denn das viele?«
»So zehn, zwanzig« stellte sie fest.
»Ich kenne ja keine Frauen in Hillesheim. Sind die Karnevalsfrauen denn verheiratet oder ledig - oder nichts von beidem?«
Sie röhrte los: »Nix von beidem ist richtig gut. Nee, die meisten sind im Ehejoch. Aber dann explodieren sie, und die Männer rennen. Helf Gott.«
»Sie sind auch verheiratet?«
Sie strahlte plötzlich, sie hatte ein klares, wunderschönes Gesicht wie ein Teenager. »Der Kelch ging an mir vorbei, sage ich mal. Helf Gott.«
»Ich habe neulich die Klara Jaax kennen gelernt. Ist das auch so eine?«
»Das ist auch so eine. Und eine ganz Wilde. Ohne die wäre unsere Truppe arm. In der letzten Session hat sie mal bei einer Kappensitzung gesagt, wir sollten keine Schlipse mehr abschneiden, sondern mehr den Vitzliputzli. Ist das nicht irre? Sagen Sie selbst!«
»Schön«, murmelte ich. »Aber während des Jahres sind die Frauen doch sehr zivil oder? Ich meine, sie fliegen vielleicht mit der Familie nach Malle, aber sonst ist nicht viel oder?«
»Na ja, das kommt drauf an, was zu Hause los ist! Also, Klara Jaax hat keine Kinder, da geht es schon mal nach Neuseeland. Weil, die haben ja keine finanziellen Sorgen, sage ich. Aber ansonsten gilt ja auch, dass man die Familie hochhält und immer da ist. Und immer Windeln und immer Wäsche und immer Essenmachen. Furchtbar! Ich bin ja froh, dass ich damit nichts am Hut habe. Und Sie wollen drüber schreiben?«
»Das kommt darauf an, was hinten dabei rauskommt, wie ein früherer Kanzler betonte. Aber dass jemand aus Hillesheim nach Neuseeland fliegt, ist doch eher selten oder nicht?«
»Kann man so sehen. Aber die Jaaxens haben ja auch einen großen Hof und sind finanziell gut gestellt. Und keine Kinder. Was gut ist, wenn man unbedingt nach Neuseeland fliegen will. Ist ja nicht gerade vor der Haustür. Helf Gott.«
»Ganz allein nach Neuseeland?«, fragte ich andächtig.
»Ja, ganz allein. Die Klara ist vollkommen unabhängig. Also, nicht dass sie was gegen ihre Ehe tut, also das auf keinen Fall. Aber sie sagt, sie muss die Welt mal gesehen haben, bevor sie von der Welt geht. Das ist ja auch irgendwie gründlich. Also, die ist über Singapur geflogen, man kann auch über Mumbai in Indien fliegen. Aber das war ihr zu stressig.«
Sie hatte keine Ahnung, dass ich sie am liebsten umarmt hätte. Allerdings hätte ich dann zwei zusätzliche Arme gebraucht, um mich festzuklammern. Wie hatte Klara Jaax gesagt? So eine Reise um die halbe Welt wäre mal etwas ganz Neues. Und wie hatte mein Schafhirt formuliert? Man höre immer mal wieder, sie würden nach Neuseeland auswandern.
»Das finde ich richtig mutig!«, murmelte ich. »Allein nach Neuseeland.«
»Na ja, nach Kanada ist sie auch schon mal. Schon vor drei, vier Jahren war das. Das stelle man sich mal vor: Fliegt nach Quebec, mietet sich so einen Wohnwagen und zieht mutterseelenallein los. Als wäre das das Normalste auf der Welt. Aber sie hat gesagt, Kanada wäre nicht so toll, hätte ihr auch nicht so gut gefallen. Neuseeland schon eher. Also, Klara ist schon ein Wahnwitztyp.«
»Und sie steigt auch in die Bütt?«
»Nein, das eigentlich weniger. Aber sie sagt, sie verzichtet darauf, weil sie sonst die ganze Stadt beleidigt. Helf Gott!«
Das »Helf Gott« machte mich langsam nervös, aber sie war eine helle, aufrichtige und liebenswerte Type, sie war eine Dicke, die sich selbst ehrlich mochte. Und das schien mir mehr als die meisten Dicken von sich sagen können.
»Gibt es denn mehrere vom Typ Klara Jaax?« Das war eine recht blödsinnige Frage, aber auch die muss es geben.
»Nein. Die Klara ist schon einmalig. Und außerdem ist sie ja dem Tod von der Schippe gesprungen. Denn in Neuseeland sind ja Erdbeben, wie man im Fernsehen verfolgen kann. Aber sie ist rechtzeitig nach Hause gekommen, und es ist ihr nichts passiert.«
»Vielleicht fliegt sie demnächst in die Innere Mongolei«, murmelte ich vor mich hin. »Vielleicht will sie das auch mal kennen lernen.«
»Ja, ja, das kann sein. Sie ist eben eine Wilde. Sie kann es sich ja auch erlauben. Dabei ist sie niemals hochmütig, immer ganz normal. Sie ist immer eine von uns geblieben. Aber sie sagt: Man
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