Eifel-Connection
nämlich Bäche aufhören zu fließen und Quellen versiegen. Solange der Berg da ist, sitzt das Wasser in dem Schwamm, den der Berg bildet. Das ist wie eine Badewanne, in der der Stöpsel steckt. Ziehst du den Stöpsel raus, baggerst du den Berg ab, läuft das Wasser raus. Dem Bergamt in Mainz ist es scheißegal, was es selbst festlegt. Das klingt komisch, ist aber so. Der Herr Feiten vom NABU in Daun hat das Amt gebeten, doch mal jemanden in die Eifel zu schicken, um dem Amt erklären zu können, um was es in der Vulkaneifel eigentlich geht. Und was antwortet das Amt? Sie haben kein Personal für so was! Das muss man sich mal vorstellen. Die entscheiden über eine Landschaft, in der sie selbst nie waren. Christian hat gesagt: Das ist wie 1850! Und dann haben wir zusammen die Geschichte erfunden, weil wir das ja nicht beweisen können. Ich weiß noch, wir haben bei Michels gesessen, und es war wenig los, und wir haben die Geschichte erfunden, Christian und ich. Ich habe eine Weinschorle getrunken, das weiß ich noch. Und diese Möglichkeiten zum Abbau sind ja auch >vorrangig<. Also, ob das ein Naturschutzgebiet ist oder ein Naturdenkmal: Wo abgebaut werden kann, bestimmt das Amt - und das steht vor jedem Naturschutz. Am Nerother Kopf zum Beispiel ging es um ein Naturdenkmal. Weil der Grubenbetreiber etwas weiter in den Berg rein abbauen wollte, hat man das Naturdenkmal auf der Landkarte eben ein bisschen verschoben. Das war einwandfrei ein mieser Trick, sagte Christian.«
»Mein lieber Junge«, meinte Emma ehrfürchtig, »Du hast es aber drauf! Herzlichen Glückwunsch!«
Er wandte den Kopf ab, weil er plötzlich sehr verlegen war.
Ich holte meinen Tabak und eine Pfeife aus den Taschen und stopfte sie. »Versuch mal den«, sagte ich und hielt ihm den Tabaksbeutel hin. »Der ist etwas weicher, deiner scheint mir zu hart. Und nimm mal diese Pfeife hier.« Ich reichte ihm eine italienische Brebbia; leicht geschwungen mit einer Straight-Grain-Maserung, ein wunderschönes Stück Holz.
Er war verwundert, aber auch erfreut: »Christian hat gesagt, er habe zwar keine Ahnung von Pfeifen, aber ich sei ein Typ, der nach Pfeife aussehe.« Er lachte. »Es war so eine Art Spaß. Ich rauche ganz selten.«
Er hatte sie gestopft und zündete die Pfeife an, er schloss die Augen und sagte: »Ja, stimmt, dein Tabak ist weicher. Irgendwie wie Aprikose.«
»Es ist Aprikose«, bestätigte ich. »Aprikose mit ein wenig Orange. Blumig kann man sagen. Wenn sie ausgeht, musst du den Tabak andrücken, dann brennt er einwandfrei.«
Er wirkte ein wenig unbeholfen, aber offenkundig machte es ihm Spaß.
»Du kannst die Pfeife behalten, ich lasse dir auch meinen Tabak hier. Aber jetzt wollen wir hören, was für ein Spiel du mit dem Christian erfunden hast. Klingt spannend.«
»Das Spiel war ganz einfach, das Spiel ging darum, den alten Seeth aus dem Geschäft zu drängen und ihn zu übernehmen. Also, das geht so: Du gründest eine Holding, zum Beispiel an einer irischen Bank. Der Seeth braucht neues Kapital, weil er zwanzig Lkws ersetzen muss, die alt sind, und weil er vorübergehend zusätzliches Kapital zur Erschließung neuer Lagerstätten braucht. Die Holding erfährt davon durch ihre Bank und sagt: Wir geben das Kapital an Seeth. Das Kapital fließt an ihn, und er merkt nicht, von wem es kommt. Jetzt bin ich Teil von Seeth, jetzt kann er das Rad nicht zurückdrehen, jetzt kann ich anfangen, ihn zurückzudrängen, er wird mich nicht mehr los. Ich kann zum Beispiel damit anfangen, ihm klarzumachen, dass ich statt zwanzig neue Lkws vierzig kaufen würde. Und: Bei einem ganz anderen Hersteller. Ich mache ihn einfach nach Strich und Faden madig. Irgendwann gibt er dann auf. Es sei wirklich ganz einfach, aber es sei auch sehr grausam, sagte Christian.«
»Wer übernimmt denn den alten Seeth?«, fragte Emma. »Ich meine jetzt die Personen.«
»Die Leute, die das große Geschäft in der Eifel auf Dauer machen wollen. Die haben vorher eine Gesellschaft gegründet, die die Firma von der Holding in Irland übernimmt. POWER POINT heißt das oder so ähnlich«, antwortete er schnell.
»Wer sind diese Leute?«, fragte ich. »Kennst du Namen?«
»Also, jemand aus Daun jedenfalls. Aber der nur im Hintergrund, sagte Christian, und das sei nicht beweisbar, sagte Christian. Er sagte, bei solchen Leuten merkst du das nicht, bis sie in deinem Safe sitzen und dir entgegenlächeln.« Er antwortete so ruhig und gelassen, als sei das doch
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