Eifel-Connection
gestehen, dass ich mir ein wenig dämlich vorkam, als ich da auf der Wiese stand. Was sollte schon passieren? Wie kann denn ein vernünftiger Mensch von heute auf die ausgefallene Idee kommen, nachts einen Bauernhof in der Eifel zu beobachten? Einfach so. In der etwas schrägen Hoffnung, dass zwanzig Meter unterhalb irgendetwas Aufregendes geschieht?
Das Einzige, was für das Unternehmen sprach, war die Tatsache, dass es nicht regnete, der Himmel klar war und die Sichtverhältnisse gut.
Ich nahm aus dem Handschuhfach mein kleines Fernglas und hängte es mir um den Hals.
Dann dachte ich in großer Erheiterung, dass es wahrscheinlich sehr professionell wirken würde, wenn ich mir das Gesicht schwärzte. Vielleicht dazu ein Haimesser mit einer dreißig Zentimeter langen, gezackten Klinge in einer Lederscheide am rechten Unterschenkel. Mein Beitrag zu schlechten amerikanischen B-Filmen vom Typ A-Team. Man kann daraus durchaus darauf schließen, dass ich das Kommandounternehmen nicht gerade zu meinem Hobby machen wollte.
Ich stieg aus und ging nach vorn an die Kante. Im großen Stall hörte ich die Rinder sich bewegen, schnauben, die üblichen matten, trägen Geräusche. Nur ein blaues, kleines Dämmerlicht auf der linken Seite, wahrscheinlich eine Funzel, die die ganze Nacht über brannte, um dem Licht zu geben, der nachts zu den Tieren musste. Ansonsten blauschwarze Finsternis.
Das Wohnhaus links von mir mit zwei hell erleuchteten Fenstern in der Küche, im ersten Stock ein matter Lichtschimmer hinter blickdichten Vorhängen. Wahrscheinlich das Schlafzimmer des Ehepaares. Also: einer schon im Bett, der andere noch in der Küche.
Ich sah an der steilen Wand hinunter, die von mir aus nahezu senkrecht in die Tiefe fiel. Die Rotsandsteinblöcke waren wie eine unregelmäßige Treppe angeordnet. Es war durchaus machbar hinunterzusteigen und auch wieder hochzukommen. Die unregelmäßigen Steinblöcke maßen etwa achtzig Zentimeter in der Höhe.
Dann ging jemand hinter den hellen Fenstern der Küche auf und ab. Er telefonierte. Es war der Bauer. Er sprach lebhaft, hatte das Telefon am Ohr, diskutierte aufgeregt mit der rechten Hand, beugte sich vor, ging einen Schritt, sprach wieder, die rechte Hand schoss nach vorn, wahrscheinlich um eine Behauptung zu unterstreichen.
Warum soll ein Bauer kurz vor Mitternacht nicht telefonieren?
Hatten sie einen Hund?
Ich versuchte, mich daran zu erinnern, ob irgendetwas auf einen Hund hindeutete. Irgendetwas auf dem Hof? Irgendetwas im Haus? Ich konnte mich nicht erinnern. Allerdings konnten sie einen Hund nur dann gebrauchen, wenn nachts nichts geschah. Ein wütender Kläffer würde ganz Hillesheim wecken.
Dann dachte ich, dass vielleicht eine Taschenlampe gut sei. Ich ging zum Auto, fummelte sie aus dem Müll im Handschuhfach und ging zurück an die Kante.
Aus irgendeinem Grund musste ich an Endzeitstimmung denken. Ich hatte im Magazin der ZEIT einen guten und nicht einmal ironischen Beitrag gelesen, der sich mit Leuten beschäftigte, die dem Glauben anhingen, erstens seien unsere Lebensversicherungen demnächst nichts mehr wert, zweitens tauge unsere Währung nichts mehr, drittens steuerten uns internationale Banker mit irrer Geschwindigkeit in die allerletzte große Krise, und viertens sei es deshalb dringend geboten, Lebensmittelkonserven in größeren Mengen zu kaufen und im Keller zu stapeln, sowie auch die letzten handtuchgroßen Grünflächen vorzubereiten, um für den Notfall Kartoffeln und Tomaten anzubauen. Ich weiß nicht genau, wieso ich diesem Gedanken ausgerechnet in dieser Nacht folgte, aber plötzlich erschien er mir sehr logisch und bedenkenswert.
Dann machte ich mich an den Abstieg.
Im Wohnhaus waren immer noch die Lichter an, und der Bauer Sebastian Jaax telefonierte immer noch, tigerte noch immer in seiner Küche hin und her und sprach mit seinen nächtlichen Schatten.
Ich brauchte die Taschenlampe nicht einmal, der Abstieg war leicht, nahezu bequem.
Unten angelangt umrundete ich erst einmal in aller Gemütsruhe den großen Stall mit den Tieren. Zum Haus hin lag die Melkkammer, ein sehr großer Raum, sicher hundert Quadratmeter groß. Die Fläche zwischen beiden großen Wirtschaftsgebäuden war fast fünfzig Meter breit. Das zweite große Gebäude war ebenso groß wie der Stall, musste es auch sein, denn der Hof zählte mehr als einhundert Rinder, musste also einen gewaltigen Vorrat an Heu, Stroh und Futterzusätzen verfügbar halten. Dazu all die
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