Eifel-Feuer
habe versucht, dein Handy zu erreichen, war aber nichts.«
»Das ist kaputt«, behauptete ich vorsichtig. »Hat Dinah sich gemeldet?«
»Nein. Aber da waren ein paar Männer, die dich sprechen wollten. Sehr höflich und so. Anzug und Krawatte. Ich soll dir ausrichten, du sollst dich umgehend bei einem gewissen Meier im Innenministerium melden. Kann das sein, habe ich das richtig aufgeschrieben?«
»Das hast du richtig aufgeschrieben. Wollten die noch einmal wiederkommen?«
»Nein. Sie haben nichts davon gesagt. Sie fuhren einen schweren BMW mit Bonner Kennzeichen. Es waren vier, und sie behaupteten, du hättest eigentlich einen Termin mit ihnen.«
»So kann man es ausdrücken. Ist noch was auf dem Telefonband?«
»Nein. Ich denke jedenfalls nichts Wichtiges. Eine gewisse Emma war noch drauf, du sollst sie, egal wann, einfach mal anrufen. In Holland.«
»Mache ich. Danke dir. Ich melde mich wieder. Wahrscheinlich melde ich mich jeden Tag. Mach es gut, grüß deinen Mann und knutsch die Kinder.«
Sie lachte und hängte ein.
Ich wählte die Nummer von Sibelius in Hamburg und fragte: »Habe ich den Auftrag jetzt, oder nicht?«
»Selbstverständlich haben Sie ihn. Ich weiß übrigens genau, daß man bereits nach Ihnen sucht.«
»Ich bin auch ab sofort nicht mehr erreichbar. Ich brauche als Auftragsbestätigung sofort ein Fax an die Öffentliche Poststelle in Adenau. Ich brauche das jetzt, nicht morgen, nicht übermorgen.«
»Geht klar. Brauchen Sie einen Spesenvorschuß?«
»Auch das. Ich halte es für gefährlich, mein Plastikgeld zu benutzen. Das Geld auch hierher auf die Post. Dann noch eine Bitte an das Archiv. Können die feststellen, ob in den Unterlagen des Generals so etwas wie ein Feind auftaucht? Und: Haben Sie wenigstens eine Ahnung, um was es bei dem Termin mit dem General gehen sollte? Ich meine, er muß doch etwas angedeutet haben. Die Redaktion schickt doch zudem nicht irgendeinen Kollegen dorthin. Also, warum dieser Mann?«
»Unser Mann, das ist das einzige, was wir sicher wissen, ist ein Spezialist für Hierarchien. Er weiß ganz genau, wie Befehlsketten in Ministerien laufen, er weiß immer genau, wer wohinter steckt. Er ist also ein Kulissenspezialist. Und so einen Mann wollte der General haben. Aber um was es gehen sollte, wissen wir wirklich nicht.«
»Hat der General ein Honorar verlangt?«
»Natürlich nicht. Was ist denn Ihr größtes Problem?«
»Ich müßte wissen, was er in den letzten Tagen tat. Möglichst weit zurück. Am besten wäre ein Tagebuch der letzten vier Wochen.«
Sibelius lachte. »Okay, Sie können in einer halben Stunde zur Post gehen. Und melden Sie sich. Was haben Sie bisher an Fotos?«
Ich zählte sie ihm geduldig auf, und er kommentierte das mit väterlicher Güte. Eigentlich sei Baumeister tatsächlich ein guter Rechercheur, worauf ich beinahe danke gesagt hätte.
»Lassen Sie sich nicht erwischen!« mahnte er.
»Ich brauche noch etwas«, sagte ich. »Eine Nummer, unter der ich rechtlichen Beistand kriege, falls ich festgesetzt werde. Und ich werde festgesetzt, falls die mich erwischen.«
Er gab mir eine Nummer und verabschiedete sich dann.
Blieb Emma, die eindrucksvolle Emma, Gefährtin meines Freundes Rodenstock, Jüdin aus Überzeugung, Polizistin, stellvertretende Polizeipräsidentin im niederländischen s'Hertogenbosch. Wenn sie mich bat anzurufen, hatte sie einen triftigen Grund.
Ich rief das Präsidium an und bat, mich mit ihr zu verbinden. Es meldete sich ein Mann, der sich als Adjutant bezeichnete.
»Dringend die Emma«, sagte ich. »Hier ist Siggi aus Deutschland.«
»Endlich«, erwiderte der Vorzimmermensch und verband mich.
Emma atmete etwas hastig, dann räusperte sie sich. »Ich will dich nicht beunruhigen«, sagte sie.
»Laß es raus«, sagte ich.
»Rodenstock ist verschwunden.«
»Was heißt ›verschwunden‹?«
»Er ist weg. Richtig weg.«
»Und was vermutest du?«
»Ich weiß nicht, was ich vermuten soll. In diesen Fällen ist unsere Phantasie unser schlimmster Feind, nicht wahr? Bist du allein?«
»Ich bin allein. In einer Telefonzelle. Und du solltest dich beeilen, mein Kleingeld geht zur Neige.«
»Dann suche dir bitte ein Telefon ohne Kleingeld«, sagte sie sachlich. »Geht das?«
»In Ordnung«, sagte ich. »In ein paar Minuten.«
»Ruf mich wirklich an! Mir geht es nicht gut, weißt du.« Plötzlich weinte sie.
Ich hängte den Hörer ein und hatte ein merkwürdig hohles Gefühl im Bauch. Wütend dachte ich: Wenn
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