Eifel-Feuer
eingedrungen war: Er war sehr gründlich gewesen.
»Sie haben etwas gesucht«, stellte sie tonlos fest.
»Und wir werden nicht erfahren, ob sie es gefunden haben«, murmelte ich. »Wir müssen das fotografieren, sonst glaubt uns das kein Mensch.«
Ich ging hinaus und holte die Kamera. Als ich zurückkam, stand Germaine über der Stelle, an der er gelegen hatte. Sie war ganz bleich und starrte auf die mittlerweile schwarzen Flecken.
Sie hatten buchstäblich nichts ausgelassen. Sämtliche Buchregale waren einfach nach vorn gekippt worden, und die Bücher waren in den Raum hineingefallen. Sie hatten die Sitzflächen der Stühle in der Eßecke aufgeschlitzt, die Teppiche weggezogen und beiseite geworfen, das Holz neben dem Kamin durchfilzt, die Lesesessel aufgeschnitten. In der Küche lag ein großer Haufen zerdeppertes Geschirr auf dem Boden, darauf Töpfe und Pfannen. Zucker und Mehl waren verstreut, der ganze Inhalt der Schränke ausgeräumt. Zwei der kleineren Schränke waren von der Wand gerückt und nach vorn gekippt worden. Jemand hatte eine runde weiße Lichtkuppel aus der Wand gerissen, als könne sie Kostbares verbergen.
»Dschingis-Khans Horden«, sagte sie verwirrt. »Wer tut so etwas?«
»Ich weiß es nicht. Vermutlich eine Abordnung aus Bonn. Er ist tot, sie brauchen keine Rücksicht mehr zu nehmen.«
»Aber warum nicht? Die Familie wird doch kommen.« Sie wurde heftig und schluchzte.
Im Badezimmer war der Wasserkasten der Toilette ebenso aus der Wand gerissen worden wie der Spiegelschrank über dem Waschbecken. Sie hatten sogar die Verkleidung der Badewanne herausgestemmt.
Vom Obergeschoß her hatten sie ganze Bücherstapel einfach die Wendeltreppe hinuntergeworfen, wir mußten uns einen Weg bahnen. Auch die Matratzen auf dem Bett waren aufgeschnitten und der selbstgebastelte Babystuhl zertrümmert, weil wohl jemand vermutet hatte, die Hölzer seien innen hohl. Alle Bilder waren von den Wänden gerissen und zertreten worden, um nachzusehen, ob sie etwas verbargen.
»Sie haben Papiere gesucht, das ist ziemlich sicher. Und das, was sie gesucht haben, wurde nicht gefunden.«
»Wie kommst du darauf?« fragte sie verblüfft.
»Das ist ziemlich einfach. Sie haben zuerst die beiden großen Räume durchsucht, dann wahrscheinlich das Bad und die Küche. Und die unwahrscheinlichsten Verstecke, wie zum Beispiel der Wasserkasten vom Lokus, liegen oben auf den Haufen, waren also zuletzt dran.« Dann fiel mir etwas ein. »Wo sind eigentlich seine Autos?«
»Warum fragst du mich das?«
»Entschuldige«, sagte ich. »Wie sieht das Haus in Meckenheim-Merl aus?«
»Ein ekelhafter, mieser, spießbürgerlicher Kasten. Er mochte ihn nicht, aber er war praktisch, weil der General oft in Bonn zu tun hatte. Es ist so eine Art Reihenhaus. Natürlich, klar. Sie werden dort genauso gehaust haben.«
»Ich verstehe es trotzdem nicht«, sagte ich. »Sie sind in der Regel einfach vorsichtiger, nicht so offen brutal. Ich verstehe es nicht.«
»Wir können niemanden fragen«, murmelte sie. »Fahren wir nach Meckenheim?«
»Ja, natürlich. Aber vorsichtshalber erst gegen Abend. Ich würde gern noch mal telefonieren.«
»Also wieder Richtung Adenau?«
»Nein. Niemals eine Zelle zweimal. Wir suchen eine andere.«
Ich fuhr über Kaltenborn nach Herschbach, und wir zogen links an dem Höhenrücken vorbei, der den sinnigen Namen ›Auf der Wurst‹ führt, was die innige Verbindung der Eifler mit der Landwirtschaft betont. Wenig später, kurz vor Kesseling, kommt der Berg namens ›Auf dem Thron‹. Die Wurst neben dem Thron mag als tiefe Symbolik für das listige kleine Bergvolk durchgehen. Hier stand eine Telefonzelle, in der man sogar mit Münzen bezahlen konnte.
Die Polizistin Heike Schmitz war in der Wache. Sie meldete sich mit ihrer Packen-wir's-an-Stimme.
»Ich habe was für Sie«, sagte ich. »Ich habe drei Kisten von Carlo gefunden. Unter einem Kriechgewächs in dem Haus Nr. 12 in einem Winkel, in dem die Mauern fehlen. Was wissen Sie Neues?«
»Danke. Und für Sie ist alles, aber wirklich alles dicht. Zwei Wagen in Brück, einige andere auf den Bundesstraßen 257 und 258, 410 und 421. Sie scheinen begehrter zu sein als seinerzeit Bonnie and Clyde. Bekomme ich ein Autogramm?« Sie lachte. »Und dann noch etwas: Alle diese Wagen sind schwarze Siebener BMWs. Habe ich läuten hören. Schöne Grüße von meinem Kollegen Gerlach.«
»Moment, ich habe noch ein Anliegen. Das Haus des Generals ist durchsucht worden.
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