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Eifel-Feuer

Eifel-Feuer

Titel: Eifel-Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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du Scheiße baust, Rodenstock, kriegst du den Arsch versohlt! Dann verließ ich die Zelle, und die steil stehende Sonne wirkte wie ein körperlicher Schlag.
    Ich ging langsam ein paar Schritte bis zur Aral-Tankstelle und bat, telefonieren zu dürfen. Der Mann an der Kasse murmelte: »Da draußen ist aber eine Zelle!«
    »Das weiß ich, da komme ich her.«
    Er stellte das Telefon neben das Zählbrett. »Hier ist es aber teurer«, beharrte er eigensinnig.
    Ich reichte ihm einen Fünfzigmarkschein: »Den können Sie behalten, damit Sie Ihren Enkeln was zu erzählen haben.«
    Er war sauer und schwieg.
    Ich rief Emma erneut an. »Jetzt mal langsam und für den zweiten Bildungsweg: Wann hast du ihn zum letzten Mal gesehen?«
    »Vor zwei Wochen.« Sie bemühte sich um Sachlichkeit, und ich konnte sie sehen, wie sie an ihrem zierlichen Schreibtisch hockte und mit einem Kugelschreiber herumspielte: Eine große, elegante, schlanke Frau mit hennarotem Haar, einem schlichten, aber teuren Kleid, wahrscheinlich mit einem Blumenmuster. Mit dezentem, wirklich teurem Schmuck, mit der gepflegten Haut der Elitären, mit der leichten Sonnenbräune der Sorglosen. All das täuschte, weil sie jemand war, der Menschen liebte. Und sie liebte Rodenstock.
    »War er bei dir in Holland?«
    »Ja. Das heißt, erst waren wir bei ihm an der Mosel. Dann fuhren wir hierher. Bist du allein?«
    »Ich bin allein hier«, sagte ich und sah dem Mann an der Kasse in die Augen. »Red nur.«
    »Er hat plötzlich angefangen, von Tod zu reden. Immer öfter. Erst waren es nur ironische Hinweise, dann wurde es auffällig. Er sagte so Sachen wie: Mein Krebs holt mich ein! Ich habe panische Angst gekriegt.«
    »Warum hast du mich nicht angerufen?«
    »Es ist unser Leben, wir können nicht bei jeder kleinen Krise eine Lebenshilfe holen, oder?« Sie wurde wütend.
    »Das ist richtig«, gab ich zu. »Also, ihr seid in deiner Wohnung gewesen...«
    »Ja, wir waren bei mir. Drei Tage lang. Ich hatte hier einen Sittlichkeitsfall. Ein Vater hat sich an seiner kleinen Tochter vergangen. Rodenstock ... er hat mir geholfen, er hat mit dem Mann gesprochen. Du weißt ja, wie er in solchen Fällen sein kann. Der Mann hat gestanden. Ich wollte mich bei Rodenstock dafür bedanken, ich wollte ...«
    »Du wolltest was?«
    »Ich wollte mit ihm schlafen, Siggi. Wir hatten Schwierigkeiten in der Beziehung. Er war irgendwie unberührbar, wenn du verstehst, was ich meine. Na sicher, ich bin eine alte Frau, aber ...«
    »Emma! Hör auf mit diesem Blödsinn. Was war los?«
    »Es ist öfter passiert. Er war impotent, also er ...«
    »Ich weiß, was das heißt. Impotenz kann jeden erwischen. Wann ist er verschwunden?«
    »Vor vierzehn Tagen. Ich ging morgens aus dem Haus zum Dienst. Als ich zurückkam, war er fort. Sein Auto auch. Er ist nicht an der Mosel, er antwortet nicht. In der Wohnung ist er aber auch nicht. Ich habe den Hausmeister gebeten, aufzuschließen und nachzugucken. Er ist nicht da. Ich habe ... ich habe sogar zwei Fahnder von mir losgeschickt. Aber die konnten auch nichts feststellen, sie haben ihn nicht entdeckt. Ich ... ich bin wie eine Siebzehnjährige, die ihre erste Liebe vermißt.«
    »Das ist gut«, meinte ich. »Das ist vollkommen richtig. Ich melde mich heute abend noch einmal.«
    »Könnte Dinah nicht hierherkommen? Ich meine, wir könnten dann zusammen heulen, und es wäre ...« Sie versuchte zu lachen, aber es mißlang.
    »Dinah ist nicht mehr bei mir«, sagte ich.
    »Wie bitte?«
    »Sie ist gegangen. Sie will selbständig werden. Vor allem beruflich. Sie hat gesagt, sie geht und bleibt eine Weile weg, um herauszufinden, was sie eigentlich kann und was sie eigentlich will. Es ist heute der dritte Tag.«
    »Aber du weißt, wo sie ist?«
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte ich. »Ich muß warten, bis sie sich meldet.«
    Sie schwieg eine Weile. »Soll ich dir Fahnder schicken?« fragte sie dann.
    »Keine Fahnder!« sagte ich. »Du würdest das fertigbringen. Ich vermute, sie wird sich irgendwann melden, allerdings wird sie mich nicht erreichen. Ich muß mich ein wenig bedeckt halten, kann nicht von zu Hause aus operieren, wenn du verstehst, was ich meine. Ein ziemlich übler Fall.«
    »Du steckst in Schwierigkeiten?«
    »Du drückst das sehr vornehm aus.«
    »Welcher Fall? Kenne ich den?«
    »Wahrscheinlich. Der Fall des deutschen Generals Ravenstein.«
    »Ach, du lieber Gott.«
    »Ich habe ihn gefunden.«
    »Du bist also doch nicht allein, wie ich glaube. Steckt etwas

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