Eifel-Feuer
Eifel«, gab ich zu. »Maul nicht rum, bleib am Steuer und fahr.«
»Ich? Ich soll fahren? Bist du vollkommen bescheuert?«
»Nein, ich bin aus der Eifel«, wiederholte ich.
Sie fuhr, und sie fuhr gut. Der einzige Tip, den ich ihr gab, war, daß der Motor nicht mit zu hohen Drehzahlen laufen sollte. Es klingt zwar besser, wenn die Maschine röhrt und der Auspuff vor lauter PS nur noch blubbert, aber es bringt die Helden nicht voran, weil sich die Reifen immer wieder in Mutter Erde fressen. Germaine hatte den Bogen bald raus, der Wagen lief sanft und leise.
»Wir machen die Natur kaputt!« maulte sie.
»Das stimmt«, gab ich zu. »Aber sieh es mal als absolute Ausnahme an.«
»Und wenn uns ein Förster anhält? Oder mit dem Gewehr abschießt?«
»Ehe der sich vom Staunen erholt hat, sind wir längst in Kenia.«
So war es denn auch. Wir passierten eine Gruppe von Waldarbeitern, die mit den Köpfen hochruckten, als hätten sie eine Erscheinung. Und weil es bergab ging und Germaine kein Gas gab, rutschten wir wie eine Gespensterkarre an ihnen vorbei. Ich sah im Außenspiegel, daß sie die Münder leicht geöffnet hielten und ungefähr so intelligent aussahen wie ein Haufen orientierungsloser Weihnachtskarpfen. Reisen in der Eifel ist ein Genuß.
Wir kamen am oberen Ende der Heyrother Straße in zivilisierte Gegend, und ich ließ sie halten.
»Ich gehe zu Fuß ins Dorf, und du nimmst eine Landkarte und fährst nach Jünkerath. Fahr langsam und in Schleifen, fahr unlogisch. Da gibt es einen Buchladen namens Schäfer. Dort holst du den Rene Schäfer ans Licht und pumpst dir dessen Handy. Schreib die Nummer auf. Dann kommst du hierher zurück. Sollte jemand dich anhalten und blockieren, festnehmen und foltern, ruf mich zu Hause an. Aber da sie noch nicht zu wissen scheinen, daß wir einen Leihwagen haben, bist du noch einigermaßen sicher. Alles in allem um etwa 20 Uhr wieder hier. Dann fahren wir zum Haus des Generals nach Meckenheim.«
»Wie ist es mit Schlaf?« fragte sie.
»Du kannst auf dem Weg nach Meckenheim schlafen.«
»Und wie willst du in dein Haus kommen?«
»Zu Fuß wie jeder anständige Deutsche«, brummelte ich.
»Am Arsch der Welt ist aber viel los«, ihr Spott war eindeutig liebevoll.
Ich ging sozusagen in Serpentinen durch das Dorf hinunter und landete ziemlich exakt zwischen den Häusern der Brüder Udo und Günther Froom. Deren Mutter saß an einem großen Tisch vor dem Haus und schälte Kartoffeln.
»Die Doro ist in Ihrem Haus«, sagte sie. »Da ist eben eine Dame gekommen. Die wollte eigentlich zu Ihnen.«
»So etwas dachte ich mir«, nickte ich. »Kann ich an Ihr Telefon?«
»Na sicher. Sie wissen ja, wo es hängt.«
Ich rief mich selbst an, und Dorothee meldete sich: »Bei Baumeister.«
»Ich bin es. Und ich weiß, ich habe Besuch. Und ich weiß auch, es ist Emma aus Holland, eine höchst vornehme Dame. Kannst du mir den Gefallen tun und das hintere Kellerfenster für die Katzen öffnen.«
Eine Weile sagte sie nichts, dann schien sie zu lächeln. »Du bist nicht weit weg, nicht wahr?«
»So kann man es formulieren«, gab ich zu.
»Alles klar«, murmelte sie.
Ich ging hinaus: »Ich danke Ihnen«, und Dorothees Schwiegermutter erwiderte lapidar: »Man muß sich gegenseitig helfen, nicht wahr?«
Ich querte Udos und Günthers Terrain und kletterte den kleinen Abhang hoch, um hinter mein Haus zu kommen. Dann stieg ich in den Keller ein und stolperte über Dorothee, die, beide Arme in die Hüften gestützt, dieser merkwürdigen Gymnastik zusah.
»Du benimmst dich komisch«, stellte sie fest.
»Das finde ich auch«, gab ich zurück. »Kannst du im Wohnzimmer mal die Rolläden runterlassen?«
»Hast du wen umgebracht?«
»Eigentlich nicht. Wo stehen denn Autos?«
Sie strahlte. »Ich wußte doch, daß das was mit dir zu tun hat. Es sind zwei BMWs – einer Richtung Dreis, der andere Richtung Heyroth. Ich mache jetzt mal das Wohnzimmer dicht. Die Dame ist in eurem Schlafzimmer. Und Dinah hat sich auch gemeldet. Aber sie hat nur gemault. Sie sagt: Och, Baumeister, wieso bist du nicht zu Hause?«
»Und, wo ist sie?«
»Das hat sie nicht gesagt. Sie hat wieder eingehängt.«
»So ein Blödsinn«, murrte ich.
Ich ging ins Schlafzimmer.
Emma hatte sich auf Dinahs Bett gelegt, sie hatte offensichtlich geweint.
»Hast du Rodenstock gefunden?«
Sie schüttelte den Kopf. »Baumeister, hat er jemals von Selbstmord gesprochen?«
»Ja«, sagte ich. »Aber der Anlaß paßte. Das war,
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