Eifel-Feuer
dann diese Matratze des Generals, diese Germaine am Hals. Fickt die gut? Sicherlich ist sie aber kein Ersatz für Dinah. Vielleicht sollten Sie mal darüber nachdenken, warum Dinah es vorzog zu verschwinden?« Seine Augen wirkten seltsam hell in dem trüben Licht.
»Sie sind ein Schwein«, sagte ich heiser.
»Das bin ich nicht.« Er schüttelte den Kopf über soviel Unverständnis. »Eigentlich will ich Ihnen nur zu verstehen geben, daß Sie nicht mehr recherchieren werden. Nicht mehr im Fall Otmar Ravenstein.«
Er bewegte nicht einmal den Kopf, änderte nicht seine Körperhaltung, stand da vor seinem Auto und war seiner Sache sehr sicher. Nahezu lautlos sagte er: »Sammy!«
Der hünenhafte Neger kam von der linken Seite so gemächlich daher wie ein Spaziergänger und raunzte heiser: »Hello, Mister Baumeister.« Dann war er nahe bei mir, und seine Arme begannen zu wirbeln wie Dreschflegel, wahrscheinlich benutzte er mich als Trainingsobjekt. Ich weiß nicht, wann ich ohnmächtig wurde. Vielleicht war es nach dem sechsten Schlag oder dem zehnten. Ich weiß es wirklich nicht, und es ist auch nicht mehr wichtig.
SECHSTES KAPITEL
Ich wurde wach, weil ich erbärmlich fror und weil ein Geräusch dicht an mir sich dauernd wiederholte. Das Handy fiepste. Ich wälzte mich zur Seite und bekam es zu fassen. Ich lag auf dem Asphalt des Parkplatzes, und weit im Osten leuchtete der erste Schimmer von Licht.
»Ja?«
»Baumeister, bist du es?«
»Ja.«
»Haben sie Merl auch angezündet?«
»Ja.«
»Das in der Eifel auch.« Germaine weinte. »Stell dir vor, sie haben einfach so was wie Bomben reingeschmissen, und dann ging es in die Luft. Und sie haben sogar die Feuerwehr antanzen lassen, damit die Bäume keinen Schaden nehmen. Lieber Himmel, was sind das für Leute?«
»Kannst du bitte kommen? Auf den Parkplatz.«
»Na, sicher komme ich. Was ist denn? Du klingst so komisch.«
»Ich habe neue Freunde fürs Leben.« Wahrscheinlich konnte sie mich kaum verstehen.
»Baumeister, nun sag schon: Was ist los?«
»Komm her«, krächzte ich. »Komm einfach her.«
Dann klappte ich das verdammte Handy zu. Ich rollte mich auf die rechte Seite und krümmte mich zusammen, weil so der Schmerz am erträglichsten war. Meine beiden Hände waren voller Blut, und bestimmt war es nicht das von Sammy. Als ich mich der Sache nach einigen Minuten etwas logischer nähern konnte, versuchte ich herauszufinden, wo ich die meisten Schmerzen spürte. Das war nicht zu entscheiden. Mit Sicherheit hatte er mich schwer im Gesicht und am Kopf getroffen, mit Sicherheit aber auch am Oberkörper und da in der Gegend des Solarplexus. Ich dachte flüchtig, daß Besinnungslosigkeit jetzt eine Gnade wäre. Aber ich war nicht im Stande der Gnade. Und ich fror noch immer.
Ich konzentrierte mich auf diesen Fall und zählte auf, was wir noch alles zu erledigen hatten. Diese Beschäftigung war gut, machte aber auch Angst, denn im Grunde war unser Pensum so gewaltig, daß wir es gar nicht in einer angemessenen Zeit schaffen konnten: Wir brauchten eine Verbindung zur Bundeswehr in Daun und eine zum Bundesamt für Fernmeldewesen, wir mußten dringend mit den Eltern von Carlo sprechen. Weiter benötigten wir Kontakt zu der Prostituierten, die Carlo gemalt hatte. Dann stand die Sekretärin Ravensteins im Dorint-Hotel in Daun ins Haus. Ich mußte mit der Ehefrau von Ewald Herterich reden. Und – ganz nebenbei – ich konnte Rodenstock nicht im Stich lassen, und ich vermißte Dinah über alles.
Ich wurde schläfrig, weil mein Körper plötzlich Ruhe gab. Ich wurde erst wach, als Germaine neben mir kniete und fassungslos vor Schreck dauernd fragte: »Was ist denn? Was ist denn?«
»Ich sollte vielleicht zu einem Arzt«, nuschelte ich.
»Und zu welchem?«
»Tilman Peuster in Jünkerath.«
»Du bist verrückt. Das ist doch am Arsch der Welt. Du kannst doch in Bonn in ein Krankenhaus gehen.«
»Damit die mich in ein Bett legen? Niemals. Zu Peuster nach Jünkerath.«
Weil sie zuweilen auch praktisch veranlagt war, sah sie ganz einfach im Autoatlas nach, ließ mich auf die Rückbank kriechen und gab Vollgas. Später behauptete sie, sie hätte für die neunzig Kilometer einundvierzig Minuten gebraucht. Das kann gut möglich, denn meine Schmerzen waren vor Peusters Praxis so intensiv wie nie.
Peuster verfrachtete mich auf eine Liege und ging erst einmal mit dem Ultraschall an meine kostbare Figur. Er war sehr genau und sagte nach zwanzig Minuten: »Also, einen
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