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Eifel-Feuer

Eifel-Feuer

Titel: Eifel-Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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legen.«
    »Und wie hieß er damals?«
    »Ich glaube Becker, Thomas Becker. Ja, ja, alle nannten ihn Tom, und alle mochten ihn. Komm jetzt, zieh dir was an, wir sollten in das Hotel nach Daun fahren. Und noch was, Baumeister. Ich glaube, ich kenne mich bei den Jungens von der CIA besser aus als du. Er mag ja ein Schleimer sein, der Tom Becker, aber als Gegner ist er gefährlich. Ich erinnere mich an meinen Ehemann Homer, der immer mit dem feinen Lächeln des Intellektuellen sagte, die CIA benehme sich in Deutschland zuweilen so, als besitze er die Schlüssel zum Kanzleramt und zum Außenministerium. Becker wird dich jagen, und er wird dabei von niemandem gebremst. Es geht ihm gar nicht mehr um Otmar Ravenstein, es geht ihm nur noch um Becker contra Baumeister.«
    »Ich schätze das auch so ein«, sagte ich. »Aber in diesem Leben werde ich Sammy nicht mehr verprügeln können.«
    Sie fuhr mich nach Daun ins Dorint, und wir entdeckten Seepferdchen, wie sie mit Behagen zwei Stück Torte mit Schlagsahne aß.
    Sie war die erste alte Dame mit lichtblauem Haar, die ich persönlich kennenlernte. Konnte sein, daß sie 65 war, aber 75 war auch denkbar. Sie hatte lebhafte hellblaue Augen, nicht die Spur verwässert, und das erste, was sie sagte, war etwas Atemloses: »Tag, Kinder. Also, bitte, nicht heulen. Tot ist tot. Aber vielleicht kann ich behilflich sein, in diesen oder jenen fetten Bürokratenhintern zu treten.« Dann mußte sie aber doch schniefen und sich die Tränen aus den Augenwinkeln wischen.
    »Germaine-Mädchen, setz dich. Und Sie sind Baumeister? Na denn.« Sie futterte einen gewaltigen Löffel Sahne und blinzelte. »Wißt ihr, Gefühle muß man schmieren. Ihr habt ihn gesehen, nicht wahr? Wie, wie sah er aus?«
    »Er kann nicht gelitten haben«, sagte Germaine starr. »Er muß sofort tot gewesen sein, weißt du. Wann wollte er denn wieder im Dienst sein? Ursprünglich, meine ich.«
    »In der Planung, die er mit mir gemacht hat, stand der kommende Montag. Aber er wußte eigentlich schon vor einer Woche, daß er niemals mehr an seinen Schreibtisch zurückkommen würde.«
    »Ich nehme einmal an, das hatte mit dem Spiegel- Redakteur zu tun, der ihn besuchen sollte?« fragte ich.
    Seepferdchen nickte, sagte aber nichts.
    »Worüber wollten sie denn reden?« fragte Germaine.
    Es war die Frage aller Fragen in dieser Affäre, und ganz offensichtlich wußte die alte Dame das auch, denn ihr Mund wurde breit. »Ich habe auch mal eine Frage an Sie, Herr Baumeister. Sie waren am Dienstag bei ihm, und der Redakteur sollte am Mittwoch kommen? Richtig?«
    »Richtig.«
    Sie nickte bedächtig mit ihrem hellblauen Haar. »Der General wollte mit Ihnen sprechen, er wollte erst mit Ihnen über den Fall sprechen. Er sagte mehrmals: Baumeister wird niemals hingehen und etwas veröffentlichen, ohne mich zu fragen. Baumeister ist absolut vertrauenswürdig. Ich muß erst mit Baumeister reden, dann sehe ich weiter. ‹«
    Es war mir peinlich. »Nun gut, er hätte dann mit mir geredet. Über was hätte er denn mit mir geredet?«
    Ihr Mund wurde noch breiter. »Das weiß ich nicht, Kinder. Er meinte ungefähr zwei Wochen vorher: ›Ich sag dir nicht, Seepferdchen, was da los ist. Wenn du es weißt, lebst du gefährliche Das ist nur dreimal vorgekommen. Dreimal hat er sich geweigert, mir etwas zu erzählen, weil es lebensgefährlich war, es zu wissen.« Sie breitete beschwichtigend die Arme aus, die denen eines kleinen Mädchens glichen, weil sie so zierlich war. »Tut mir leid, Kinder, aber so ist es nun einmal.«
    Germaine hatte ganz schmale Augen. »Seepferdchen, du denkst dir doch deinen Teil. Du mußt doch irgendwelche Ahnungen haben, oder so.«
    Sie senkte den Kopf über ihren Kuchen. »Ich habe Ahnungen. Oh ja, Ahnungen habe ich.«
    »Darf ich ausnahmsweise raten?« fragte ich. »Ich will nur kontrollieren, ob ich das Denken nicht verloren habe.«
    »Nur zu, junger Mann«, ermunterte sie mich.
    »Es hat etwas mit dem Bundestagsabgeordneten Ewald Herterich zu tun. Der wurde in Ex-Jugoslawien in die Luft gejagt.«
    Sie lächelte nicht. Besorgt und sehr trocken sagte sie: »Der Kandidat hat 99 Punkte und gewinnt ein Wasserschloß am Niederrhein.«
    Es war eine Weile still. Dann bat Germaine: »Kann mir das mal jemand für den zweiten politischen Bildungsweg übersetzen.«
    »Später, Kindchen, später«, sagte Seepferdchen hart. »Hier kann man darüber nicht sprechen. Gehen wir in mein Zimmer?«
    Wir gingen also in ihr großes Zimmer

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