Eifel-Feuer
und hockten uns auf Sessel und Sofa. Sie sah mich an und fragte: »Heißen die Farben in Ihrem Gesicht, daß Sie verprügelt wurden?«
Ich nickte, und Germaine berichtete: »Das war die CIA. Die spielt auch mit. Kennst du noch diesen Beau Tom Becker? Der ist jetzt hier in Bonn.«
»Ach Gottchen, wollte der dir nicht an die Wäsche? Da war doch irgend so etwas. Na ja, reden wir mal über Herterich. Was wißt ihr denn sonst noch?«
»Eigentlich nichts«, sagte ich. »Komisch war nur, daß der General in seinem Haus in Meckenheim-Merl die Urlaubsadresse von Herterich hatte. Und inzwischen weiß ich, daß er im Mai an der Biskaya mit Herterichs zusammentraf. Aber ich habe noch eine andere Frage, die mir wichtig ist und die ich stellen möchte, ehe wir uns auf Kleinigkeiten versteifen. Seine Kinder sind die Erben. Ist das richtig?«
Die Sekretärin nickte. »Die Kinder sind die Erben, und Germaine hier erbt auch eine ganze M^enge.«
»Erben Sie eigentlich auch?«
»Ja«, sagte sie knapp.
»Wieviel ist denn da zu erben?«
»Viel. Im Grunde sehr viel. Was ich Ihnen jetzt sage, wissen die wenigsten. Otmar Ravenstein stammte aus einer Familie in Stuttgart, die schon seit Generationen höchst begütert ist. Maschinenbau, verstehen Sie? Spezialmaschinen für die Druckindustrie. Wenn Sie einen Hundertmarkschein bekommen, bekommen Sie immer etwas aus der Familie Ravenstein. Sie machen auch Spezialpapiere für Farbkopierer, Großdrucke für Architekten und so weiter. Dazu kommen andere Betriebe. Zum Beispiel Holzbetriebe, aber auch textilverarbeitendes Gewerbe. Und nicht zuletzt erhebliches Kapital aus Beteiligungen im In- und Ausland ...«
»Das hat Otmar mir nie erzählt«, hauchte Germaine verblüfft.
»Das ist kein Wunder, Kindchen«, schnurrte das Seepferdchen. »Er haßte nämlich die kaufmännische Seite des Lebens.«
»Und wie hat er das alles geführt?« fragte ich.
»Überhaupt nicht«, strahlte seine Sekretärin. »Er hat von Anfang an ein Konsortium aus Leuten zusammengestellt, die sehr anständig dafür bezahlt wurden, daß sie den ganzen Laden in Schwung hielten. Das klappte.«
»Moment mal, und was kommt jetzt?«
»Das ist etwas, was ich eigentlich nicht so gern verrate.« Sie kicherte wie ein Schulmädchen, die mit einem Streich einen Lehrer leimte. »Na gut, weil ihr es seid. Das gesamte Vermögen geht in eine Stiftung über, das Konsortium bleibt voll in Betrieb, und die Firmen laufen weiter.«
»Was erben Sie denn dann, Sie, Germaine und die anderen?«
»Germaine erbt, ich erbe, aber die anderen erben eigentlich nichts.« Sie sah uns an, als habe sie gerade einen Elefanten aus dem Zylinder gezogen. Wahrscheinlich war mein Gesicht eine Wüste an Dämlichkeit, denn sie sagte: »Keine Panik, ich erkläre das. Germaine und ich erhalten eine Art Abfindung anläßlich seines Todes. Aber es gibt kein Erbe, das verteilt werden kann. Die Ex-Frau kriegt nichts, der Sohn kriegt nichts, die Tochter kriegt nichts. Er hätte Germaine das Geld genausogut auch vor vierzehn Tagen anweisen können. Die Stiftung wird die Gewinne der Firmen nach Beratung durch das Konsortium verteilen. Und zwar so, daß benachteiligte Gruppen profitieren. Zum Beispiel Menschen, die an Aids erkranken, oder Kranke mit Multipler Sklerose oder alleinstehende Mütter mit kranken Kindern.«
»Ich dachte, die Verwandtschaft reist an, um das Erbe anzutreten«, murmelte ich.
»Das tut die Verwandtschaft auch«, nickte Seepferdchen. »Sie riefen mich an, und ich habe ihnen in Bonn die Zimmer bestellt. Offiziell weiß ich ja nichts von der Stiftung. Daß der General mir dieses Testament diktiert hat, müssen die ja nicht wissen, nicht wahr?«
»Also ist es gänzlich irrsinnig zu glauben, daß der Sohn und die Tochter einen Mörder geschickt haben, um das Erben ein bißchen zu beschleunigen?«
»Nicht ganz«, überlegte sie. »Denn die wissen ja noch nichts von ihrem Glück. Ich bin aber trotzdem der Meinung, daß weder die Ehefrau noch die beiden Kinder die Hände im Spiel haben. Sie sind nämlich alle drei viel zu dumm, oder sagen wir, sie sind zu einfältig. Du lieber Himmel, wieso nehme ich eigentlich soviel Rücksicht? Wie sagt man? Ach so, ja: Sie sind schön und doof.«
»Moment mal, können die nicht auf ihren Pflichtteil bestehen?« Germaine drehte sich eine Zigarette.
»Das könnten sie.« Seepferdchen wirkte erheitert. »Aber die Exfrau ist Tochter eines stinkreichen Clans in der Nähe von Washington. Sie war schon
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