Eifel-Filz
du doch sagen, Knubbel, oder?«
»Das muß ich. Im Grunde ist es schon nicht zu verantworten, daß ich diesen Geldsack, diesen Charlie, mit einigen Überlegungen füttere und mir dann auch noch anhöre, was er dazu meint. Ich will sagen: Mein Oberstaatsanwalt macht mir die Hölle heiß. Wenn das vor einem Prozeßbeginn bekannt wird, können wir den Prozeß aufgrund der Antragslage durch die Verteidigung vergessen. Ich kann dich ins Vertrauen ziehen, mein Alter, ich kann dich sogar um Meinung und Hilfe bitten, du bist Kripobeamter a. D., dein Dienstfeld gilt immer noch. Aber ich kann nicht Baumeister reinnehmen und auch nicht die Frau Marcus. Ich stecke in einer Klemme, denn ich habe weder was gegen Frau Marcus noch gegen Baumeister.«
»Wenn Sie mit Udler reden, darf ich also nicht teilnehmen?« hakte ich nach.
»Richtig«, sagte Wiedemann. »Verdammt noch mal, Baumeister, ich muß jetzt zunächst entscheiden, ob ich Udler als Verdächtigen vernehme oder aber als möglichen interessanten Zeugen anhöre. Diese Entscheidung treffe ich mit meinen Leuten, und meine Leute sind gut. Dann übermittle ich unser Ergebnis dem zuständigen Staatsanwalt. Dem kann ich aber doch nicht erklären: Ich lasse Baumeister und eine völlig sachferne Soziologin teilnehmen, weil die mir sympathisch sind.«
»Moment, Knubbel, Moment!« Rodenstock hob den rechten Zeigefinger. »Ich habe Baumeister mal in einem Fall zugezogen, weil Baumeister gewisse Kenntnisse hatte, an die ich weder so schnell noch so direkt herangekommen wäre. Ist das soweit klar? Baumeister ist ein V-Mann, leuchtet das ein?«
Wiedemann wollte heftig werden, aber Rodenstock wehrte ab: »Laß den Opa noch etwas sagen: Mordkommissionen haben in der Regel beschissene Erfahrungen mit Journalistinnen und Journalisten gemacht. Einverstanden. Aber Baumeister schreibt nicht für Tageszeitungen, er schreibt also nicht morgen oder übermorgen. Noch etwas: Baumeister schreibt nicht, ohne dir den gesamten Text vorher auf den Tisch zu legen. Dann kannst du Änderungen einfordern. Wir haben das damals durchgegangen, es gab nicht eine Sekunde Ärger. In einer Beziehung gebe ich dir recht: Das mit Frau Marcus wird eng.«
»Scheiße«, sagte die Soziologin. »Da habe ich gedacht, ich könnte was lernen. Und jetzt werde ich dazu verdonnert, im Vorzimmer zu warten. Habe ich nicht im Spiegel oder Stern gelesen, daß Journalisten ganz offiziell die Arbeit von Sonderkommissionen der Polizei mitverfolgen dürfen?«
»Richtig«, nickte Rodenstock. »Aber dann lag vorher eine Genehmigung des Oberstaatsanwaltes vor. Die gibt es hier nicht.«
»Also ohne mich«, murmelte die Marcus. »Doch ich habe eine Bitte.«
»Jetzt kommt die Hintertür«, warnte ich.
»Ich möchte umfassend informiert werden.«
»Das mache ich«, versprach Rodenstock.
»Ich weiß es nicht, verdammt noch mal.« Wiedemann war wütend und erregt. Er stand auf und ging hinaus.
»Er ist einmal böse übers Ohr gehauen worden«, erläuterte Rodenstock. »Jemand vom Fernsehen hat ihn um Auskunft gebeten und versichert, daß er die Informationen nicht verwendet. Er hat sie zwei Stunden später verwendet. Live.«
»Scheißbranche«, meinte die Soziologin. »Weiß man denn nun, welches Gift verwendet worden ist?«
»Wir wissen es seit zwei Stunden«, nickte Rodenstock. »Aber ich sage kein Wort, ehe nicht Wiedemann es selbst erklärt.«
Wiedemann kam nach zwanzig Minuten zurück. Dinah hatte Kaffee gekocht, ich hatte Schnittchen gemacht. Wiedemann hockte sich hin und sagte: »Ich verlasse mich darauf, ich verlasse mich wirklich darauf. Keine einzige Information über die Kommission und ihre Mißerfolge und Erfolge, keine Information über irgendeinen Beamten der Kommission. Keine Information über den Fall selbst, egal, welche Kleinigkeit es betrifft.«
Wir nickten brav.
»Also gut. Kommen wir zur Todesursache. Aus den Spurenuntersuchungen meines Kollegen Wolf wissen wir, daß Pierre Kinn etwa zwanzig Meter vor der Stelle entfernt, an der er später lag, getroffen wurde. Bestimmte Spuren im Gras sind eindeutig. Bis zu seinem Hinfallen hat es etwa sechzig bis einhundertzwanzig Sekunden gedauert. Wir können das gleiche für Heidelinde Kutschera annehmen. Mit Sicherheit haben beide in diesen längsten Sekunden ihres Lebens eine Hölle an Schmerzen erlebt. Sie wissen, daß wir außerdem Rama-Spuren entdeckt haben. Selbstverständlich haben wir uns gefragt, wieso Margarine? Die Leichenöffnung ergab bei beiden ein
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