Eifel-Filz
immer bereit sind, die Finanzierung zu übernehmen. Genauer: Jemand aus Liechtenstein.«
»Wissen Sie etwas über Charlie, diesen Multimillionär?«
»Eine witzige, eiskalte Type. Er hat mit der Bank zu tun, aber viel ist es nicht. Udler kann gut mit ihm, Pierre konnte auch gut mit ihm.«
»Wissen Sie etwas über die grüne Flora Ellmann? Finanziert die sich auch über Ihre Bank?«
»Da weiß ich nix. Aber ein Kollege hat mal gesagt: Flora ist unheimlich grün, aber wenn es um Bares geht, ist sie rabenschwarz.«
»Ein schöner Spruch«, lobte ich. »Machen Sie es gut.«
»Jederzeit«, meinte Monika Hammer hochzufrieden.
Im Wagen erklärte ich: »Sie heißt wohl tatsächlich Natascha und praktiziert in Aachen.«
»Kein Problem«, erwiderte Rodenstock. »Ich kontaktiere einen Kollegen der Nacht. Also an der nächsten Telefonzelle halten.«
Die war schräg gegenüber an der Post, und wir beobachteten Rodenstock, wie er sanft gestikulierend Natascha beschrieb.
»Er ist ein netter Kerl«, sagte die Soziologin. »Gar nicht wie ein Bulle.«
»Die meisten Bullen sind nicht wie Bullen«, steuerte ich bei.
Rodenstock kam zurück. »Also, wir haben es mit drei Nataschas in Aachen-Mitte zu tun. Alle drei praktizieren in Wohnungen rund um den ehrwürdigen Dom, und alle drei sind im Grunde Amateure. Unsere Natascha, lang, schlank und ägyptisches Profil, heißt tatsächlich Carmen Striezel und stammt aus Oberhausen-Sterkrade. Sie ist verdammt teuer.«
»Ich liebe den Luxus«, kommentierte die Soziologin. »Und was ist, wenn sie nichts sagt?«
»Sie sagen immer was«, antworteten Rodenstock und ich wie aus einem Mund.
Die Fahrt verlief schweigend. Nur einmal kam ein leichtes Röcheln aus Richtung unserer Soziologin. Sie schlief wie ein Baby.
Aachen ist eine zweifelsfrei schöne Stadt, und die Gegend um den Dom hat etwas von luxuriösem Schlendern in vergangenen Jahrhunderten. Sehr viel Cafes und Kneipen hatten sich auf den Bürgersteig ausgedehnt, Tische und Stühle aufgestellt und mehrten ihr Bares. Es war ein traumhafter Abend mit einem leichten, warmen Wind und dem Geflüster von Heimlichkeiten.
»Das ist was für einen trockenen Weißwein, nichts für Nataschas«, murrte Rodenstock.
»Anschließend gibt es Weißwein«, versprach ich.
»Was machen wir denn mit Natascha?« fragte Dinah.
»Wir kaufen sie für zwei Nummern«, gab ich Auskunft. »Das ist bei Nutten normal und üblich und heizt den Kreislauf des Geldes an.«
»Wie roh«, gab sie indigniert zurück.
»Hier muß es sein«, knurrte Rodenstock. »Weiß der Teufel, warum ich mich als Opa auf so Geschichten einlasse.«
»Weil Sie Geschichten lieben«, sagte ich.
Auf dem Klingelschild stand SMSZ l x schellen, Yvonne 2 x schellen, Natascha 3 x schellen, in ordentlichen Blockbuchstaben. Wir schellten also dreimal, der Summer ertönte, wir betraten das schmale, nach Traditionen riechende, enge Treppenhaus und begannen mit dem Aufstieg. Im dritten Geschoß lehnte Natascha schlank und rank am Treppengeländer und sagte rauchig wie eine Gauloise: »Nix da, keine Gruppe!«
»Wir wollen deinen Körper nicht, Schwester«, sagte die erstaunliche Dinah Marcus. »Wir brauchen dein Hirn.«
Natascha lächelte schnell und berufsmäßig. »Das kenne ich, und die nächste Frage lautet schon, wie schnell ich mein Hirn ins Bett legen kann.«
»Nichts da«, strahlte die Soziologin. »Wirklich von Frau zu Frau.«
Natascha stemmte die Hände in die Hüften und stellte fest: »Dann sind zwei Frauen als Macker verkleidet.«
»Sagen wir mal so«, begann Rodenstock gemütlich. »Wir brauchen eine Auskunft über einen Mann namens Udler, Vorname Hans-Jakob...«
»... Wohnort Daun in der Eifel«, fuhr Natascha fort. »Was ist mit dem? Hat ihn der Sensenmann geholt? Ich habe ihn immer gewarnt, er hätte einen zu hohen Blutdruck.«
»Ach was, dem geht es gut«, sagte Dinah Marcus. »Was ist? Können wir reden?«
Natascha spitzte den Mund, als wollte sie uns küssen. »Ich bin aber Geschäftsfrau.«
»Zwei Nummern, reicht das?« fragte ich.
»Zwei schnelle oder zwei gute?«
»Zwei gute«, antwortete Rodenstock. »Also wieviel?«
»Zwei Lappen«, sagte sie. »Und im voraus.«
Es ist schon merkwürdig: Immer, wenn ich recherchiere, gerate ich in die Situation, für etwas bezahlen zu müssen, das ich nicht kenne. Ich kaufe dabei nicht etwa die Katze im Sack, sondern ich weiß nicht einmal, ob im Sack etwas drin ist. Auch diesmal reichte ich ihr das Geld und sagte: »Da
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