Eifel-Filz
sagte sie. »Er wollte nur den Film, und seine Frau saß unten im Wagen.«
»Hat er gesagt, wozu er den Film braucht?« fragte Rodenstock.
»Hat er nicht.«
»Ich vermute, du hast ihm eine Kopie gezogen«, meinte Dinah. »Die sechs Minuten sind doch nicht alles, was du aufgenommen hast, oder?«
»Du kannst jetzt alles loswerden«, ermunterte sie Rodenstock. »Du solltest das auch tun. Könnte sein, daß ein paar Kollegen kommen, und dann mußt du zweimal im Monat zum Amtsarzt. Und wahrscheinlich viel Steuern zahlen.«
Eine Weile war es sehr ruhig.
»Dieser Pierre war dreimal da«, erzählte Natascha endlich. »Er hat wirklich gesagt, der Hans-Jakob wäre sein Chef und er wolle nur mal einen Fez machen. Es ist nicht mehr auf dem Film. Man kann Udler nicht mal erkennen. Sechs Minuten, mehr gibt es nicht. Eigentlich war das sogar ein Versehen, weil meine Freundin Mimi die Kamera eingestellt hat und wir nichts davon wußten. Man sieht doch nur den Hängearsch vom Hans-Jakob.« Sie schnaufte unwillig. »Na gut, es war eine Möglichkeit, schnell ein paar Scheine zu machen. Was hat das mit Mord zu tun?«
»Eigentlich nichts«, sagte Dinah. »Wir haben keinen Kaffee und kein Bier bekommen.«
»Wollen wir auch nicht«, sagte Rodenstock und stand auf. »Kann ich bitte das Original haben?« Er hielt die Hand auf, als ginge es um ein Fünfmarkstück.
»Ja, schon gut«, maulte Natascha. Sie kramte in einer Tischschublade herum und reichte ihm das Video.
Wir gingen hinaus, und sicherlich machten wir einen sieghaften Eindruck, wenngleich niemand von uns wußte, was dieser Sieg zu bedeuten hatte und ob es denn ein Sieg war.
Auf der Straße blieb Dinah stehen. »Also hat Pierre Kinn zu seinem Chef Udler gesagt: Ich habe einen Porno mit dir als Hauptdarsteller. Und dafür hat dann Udler die Armbrust auf Kinn und Heidelinde gehalten.«
»So könnte man vorschnell urteilen«, meinte Rodenstock düster. »Aber etwas an der Sache gefällt mir nicht.«
»Ich will jetzt trockenen Weißwein«, wechselte die Soziologin das Thema.
Also marschierten wir in eine der urigen Kneipen, in der vorwiegend studentisches Volk lagerte und sich darüber unterhielt, innerhalb welcher Frist man später die Welt erobern könnte.
Ich bekam einen Kaffee, der Rest der Belegschaft Wein, und die Marcus entschied sich für Kassler, Kartoffelbrei und Sauerkraut.
Es geschah wie nebenbei, und zunächst achteten wir nicht darauf. Die Soziologin mummelte ihr Kassler, Rodenstock schlürfte laut und genießerisch den Wein, ich träumte über meinem Kaffee. Sie kamen ziemlich unauffällig in Jeans und schwarzen Lederjacken aus drei Richtungen, und einer, ein Mann mit blondem Pferdeschwanz und einem Gesicht, als verzehre er von Zeit zu Zeit ein Kilo Dachpappennägel, fragte kühl: »Hier ist doch sicher noch Platz, oder?« Während er das sagte, drehte er den Stuhl vor sich und setzte sich rittlings darauf.
Der zweite war ein dicklicher Mensch, ungefähr dreißig Jahre alt. Er hatte drei oder vier Brillantpunkte in beiden Ohrmuscheln und trug ein ziemlich schweres silbernes Kreuz auf einem nicht mehr sauberen gelben Pulli. Er schnauzte in irgendeine Richtung: »Drei Bierchen.«
Der dritte war sanft und hager und einen Kopf kleiner als seine beiden Genossen. Er lächelte, und er hörte damit auch nicht auf, als er den Teller mit dem Essen vor Dinah Marcus wegnahm, eingehend betrachtete und dann genußvoll hineinspuckte. Er murmelte: »Aber sowas kann man doch nicht als Essen bezeichnen.«
Rodenstock hatte die meiste Erfahrung, er zuckte nicht einmal zusammen, verzog nicht das Gesicht, beugte sich nur gemächlich vor, nahm den Teller und schnellte ihn flach wie eine Diskusscheibe dem Schmalen ins Gesicht. Das Gesicht wurde breit wie ein Mond, der linke Nasenflügel war gespalten, die Oberlippe blutete heftig.
In die Stille murmelte Rodenstock: »Das tut mir aber leid.«
Ich rutschte von der anderen Seite dicht an Dinah heran und sagte leichthin: »Du wolltest doch noch auf einen Kaffee zu Oma, Liebling.«
Der mit dem Pferdeschwanz, der seine Akne-Phase noch immer nicht im Griff zu haben schien, sagte kurz und hell: »Oh, oh, oh!«, während der Schmale sich vorbeugte, um hygienischer bluten zu können.
»Das ist gar nicht gut«, flüsterte der Dicke.
»Ich will nicht mehr zu Oma«, meinte Dinah. Sie war totenbleich, aber sie hielt sich gut.
»Paßt auf, Freunde«, sagte Rodenstock liebenswürdig. »Wir können uns in Ruhe über alles unterhalten.
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