Eifel-Filz
wußte doch, daß er Stuhlgang haben würde. Also, ich seh das immer schon weit vorher. Besonders Männer haben dann so einen entzückenden entrückten Ausdruck in den Augen.«
Neuntes Kapitel
»Wo schläfst du eigentlich?« fragte ich Dinah, nachdem alle hygienischen Einzelheiten zu meiner intensivsten Pein erledigt waren. »Und was ist das für eine Brille?«
»Eine Leihgabe. – Nebenan ist eine Pension. Sehr nette Leute. Ich habe mich informiert. Ich wollte wissen, wer dieser Dr. Danzer ist. Also, hier ist er nichts Besonderes, halt auch nur einer, der viel Geld verdient, und kein Mensch weiß genau, womit. Aber anscheinend will das auch kein Mensch wissen. Er ist ein sehr ehrenwerter Mann mit einer sehr hübschen jungen Frau, die aus dem Tessin kommt. Hätte ich erzählt, wie Danzer uns traktiert hat, hätten sie todsicher gelacht und mich rausgeschmissen.«
»Habe ich nun wirklich einen Milzriß, oder sieht das nur so aus?«
»Wahrscheinlich nicht«, beruhigte mich Dinah. »Sie sagen, wenn du Dünnpfiff kriegst, hast du einen. Aber du hast keinen Dünnpfiff. Auf dem Röntgenbild ist das wohl schlecht zu erkennen. Die Ärztin, die junge, die hat mich angeguckt und gemeint, eigentlich müßte sie die Polizei verständigen. Du sähst nicht aus, wie einer, der verprügelt wurde, du sähst aus wie einer, den man gefoltert hat.«
»Und? Was hast du gesagt?«
»Nichts«, antwortete sie. »Ich möchte nur wissen, was Danzer weiß und was wir nicht wissen. Rodenstock muß bald hier sein. Er ist ganz verrückt gewesen vor Sorge. Er liebt dich.«
»Ich ihn weniger«, sagte ich, aber ich sagte nicht, weshalb.
Rodenstock traf ein, während ich wohlig und schmerzfrei schlief. Ich wurde wach, als er mit einem vor Kummer grauen Gesicht hereinstürmte und fragte: »Was, zum Teufel, hast du getan?«
»Das frage ich dich«, brüllte ich. »Dinah, laß uns bitte ein Weilchen allein.«
»Scheiß Männergeheimnisse«, trompetete sie. Aber sie ging hinaus.
Rodenstock rutschte sich einen Stuhl neben mein Bett. »Also, was ist? Was hast du? Rippen im Eimer, gequetscht, geprellt. Sag mir genau, was los war.«
»Die Rippen machen mir keine Sorgen«, sagte ich. »Ich mache mir Sorgen um das, was du vielleicht dem Danzer gesagt hast. Weshalb hat der uns so nahtlos die Freiheit geschenkt? Und gleich noch etwas: Wenn du schon in eine Kommission berufen wirst, die sich mit illegalen oder fragwürdigen Finanzgeschäften beschäftigt, wenn schon der Verdacht besteht, unser Doppelmord hängt damit zusammen, dann solltest du mir das vorher sagen, statt in meinem Haus zu wohnen und die Schnauze zu halten.«
Zuweilen glaubst du, einen Menschen ziemlich gut zu kennen. Plötzlich entdeckst du andere Gesichter an ihm, die du nie gesehen hast. Es kam mir so vor, als sehe ich Rodenstock zum ersten Mal. Was ich sah, machte mir keine Freude.
Er starrte mich an, und seine Augen wurden ganz weit. Dann schloß er sie, und es hatte den Anschein, als wolle er seine Hand begütigend auf meine legen. Das tat er nicht. Er öffnete die Augen, sah mich erneut an und griff zum Telefon. Er wählte eine sehr lange Nummer. »Knubbel? Rodenstock hier. Ich bin angekommen. Natürlich glaubt er mir nicht. Erkläre du ihm das, er ist einfach stinksauer.« Er reichte mir den Hörer.
»Wie geht es Ihnen?« ertönte Wiedemanns sonores Organ. »Ich habe gehört, Sie mußten sich im Dienste der Gerechtigkeit die Fresse polieren lassen. Schadensersatzansprüche richten Sie bitte an die Bundesregierung, Anschrift bekannt. Im Ernst, jetzt hören Sie gut zu: Vorgestern, als Sie nach Liechtenstein abgedüst sind, hat Rodenstock bei sich zu Hause in Cochem die Putzfrau angerufen. Sie hat ihm die Post vorgelesen. Dabei war der Brief des Gemeinsamen Ausschusses der Bundesregierung. Bis dahin hatte Rodenstock nicht die geringste Ahnung. Das bedeutet, daß dieser merkwürdige Danzer eher von Rodenstocks Berufung wußte als Rodenstock selbst.«
»Was ist das Ziel dieser Kommission?«
»Das weiß Rodenstock noch nicht genau. Aber ich habe inzwischen erfahren, daß es darum gehen soll, ganz bestimmte Vorgänge bei der Verschiebung und Einsetzung hoher Barmittel im Bereich bestimmter Sparkassen zu untersuchen.«
»Auf gut deutsch, bitte«, drängelte ich.
Er lachte. »Es besteht der Verdacht, daß in vielen öffentlichen Bauvorhaben Schwarzgelder untergebracht wurden, um sie auf diese Weise blütenrein zu waschen. In der Regel sind das so Projekte wie in
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