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Eifel-Jagd

Eifel-Jagd

Titel: Eifel-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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aufzunehmen.

    Ich hauchte: »Ja?«

    Â»Ich kann dich sehen.« Ballmanns Stimme war wie lautes Atmen.
»Halte dich rechts, Winkel ungefähr zwanzig Grad. Da sind zwei Männer.
Entfernung von dir etwa dreißig Meter. Emma hat sie schon drauf.« Etwas klickte
nahezu unhörbar.

    Wieso konnte er mich sehen? Von wo aus konnte er mich sehen?
Ich erkannte keinen Hügel, nur eine Böschung, sechzig bis siebzig Meter vor
mir. Aber von dort konnte er mich unmöglich sehen.

    Zwanzig Grad? Was zum Teufel ist ein Winkel von zwanzig Grad?
Also, neunzig Grad wäre ein rechter Winkel, ungefähr ein Viertel davon wären
dann zwanzig Grad, aber wenn ich zum Beispiel um einen Busch herumkriechen
müßte, wären sämtliche Baumeisterlichen Winkelzüge im Eimer. Dreißig Meter? Um
Gottes willen, das war ein Klacks, das war eine Entfernung, die unter Null gehandelt
werden muß.

    Ich plazierte mich erneut auf den Bauch und kroch vorwärts,
ungefähr in die Richtung, die ich mir unter zwanzig Grad vorstellte. Ich habe
bis heute keine Ahnung, wieso ich plötzlich einen Turnschuh in der rechten Hand
hielt. Ich weiß nur noch, daß ich Emma fast über den Haufen kroch und sie mir
eisenfest ihre Finger in die Schulter krallte. Dann lag ich lang ausgestreckt
neben ihr, und sie deutete mit dem Lauf ihrer Waffe geradeaus.

    Mir wurde kalt. Anfangs sah ich nichts, konnte nichts und
niemanden ausmachen. Dann wurde das Licht etwas weicher. Der erste Mann stand
hinter einer kleinen Schlehe, vollkommen bewegungslos. Er sah in die entgegengesetzte
Richtung. Der zweite Mann befand sich rechts von dem stehenden Mann. Er kniete.
Beide Männer hatten zu uns die gleiche Distanz, ungefähr fünfundzwanzig Meter.
Sie schienen auf denselben Punkt zu starren.

    Emma stieß mich sanft an und zeigte mit dem Lauf ihres Colts
senkrecht in den Himmel. Da begriff ich, wieso Ballmann mich sehen konnte. Er
hockte auf einer von den vier oder fünf starken Kiefern. Aber wie, zum Teufel,
war er da hochgekommen? Kiefernstämme sind glatt, wenn sie hoch sind. Und es
gibt sehr selten Geäst, das den Aufstieg ermöglicht.

    Die beiden Männer vor uns waren so weit entfernt wie der Mond.
Es war nicht vorstellbar für mich, daß wir in deren Nähe kommen konnten, ohne
daß sie uns sofort abschießen würden.

    Aber auch dieses Problem erwies sich Sekunden später als
erledigt. Emma legte mir eine Hand auf die Schulter, deutete mit der Waffe auf
sich selbst, dann auf die beiden Männer. Dann zeigte sie auf mich und wies in
eine Richtung, die mich an einen Punkt führen mußte, der von den Männern aus
gesehen scharf rechts war. Wenn also Emma zum Angriff startete, würden die
Männer sich herumdrehen, und dann stünde ich in einem von ihnen nicht mehr
steuerbaren Winkel, und wahrscheinlich müß-te ich so etwas Blödes wie »Hands
up!« brüllen oder, wie man im Deutschen sagt: »Lang zum Himmel, Fremder!«

    Zum Schluß deutete Emma auf die Waffe in meiner rechten Hand.
Sie griff danach und legte den Sicherungshebel um, dann lächelte sie schwach,
drückte noch einmal meine Schulter und nickte dazu. Ich war entlassen, der
Soldat Baumeister hatte sich in den Kampf zu begeben. Ich hatte keine Ahnung,
was die Frau eigentlich anstellen wollte, aber wahrscheinlich war das vollkommen
unerheblich, denn in jedem Fall würden mich die beiden Männer zu irgendwelchen
Heldentaten zwingen.

    Ich kroch so langsam und so platt wie möglich in die vorgeschriebene
Position. Es dauerte sicher nicht länger als drei oder vier Minuten. Dann hob
ich die Hand, um anzudeuten, daß ich im Hafen sei. Ob Emma das sehen konnte,
war nicht klar. Klar war nur, daß sie plötzlich aufrecht stand und ihre Waffe
beidhändig nach vorn richtete.

    Automatisch erwartet man so etwas wie »Hände hoch!«, aber sie
sagte nichts. Sie machte zwei oder drei Schritte vorwärts, und ohne jede
Warnung feuerte sie einmal.

    Der Mann, der eben noch links von dem kniendem Mann gestanden
hatte, fiel nach vorn und gab dabei ein hustenähnliches Geräusch von sich, das
in ein Stöhnen und Wimmern überging.

    Vielleicht hatte Emma insgeheim darauf gewartet, daß ich
genauso wie sie agierte. Doch ich tat nichts, ich konnte auch nichts tun, denn
der Mann, der dort wenige Meter entfernt gekniet hatte, war verschwunden.

    Emma fegte wie ein Strich vorwärts.

    Ich

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