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Eifel-Jagd

Eifel-Jagd

Titel: Eifel-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Er
musterte die Polen aufmerksam. »Jetzt geht es euch beschissen, was?«

    Pjotr nickte, sagte aber nichts. Er stand bewegungslos da, hob
sich gegen den Himmel ab wie eine Statue, und die linke Seite seines hellen
Hemdes war schwarz von Blut.

    Ich hockte mich auf eine kleine Grasfläche und stopfte mir die
Dänische Pfanne von Stanwell. Mir war kalt, und ich zitterte.

    Emma setzte sich neben mich und zündete sich einen Zigarillo
an. »Ich habe geschossen, weil wir absolut keine andere Chance hatten«,
erklärte sie gelassen.

    Â»Ich weiß, das habe ich begriffen. Es macht mich trotzdem
fertig.«

    Sie nickte und kommentierte das nicht. Sie betrachtete die drei
Polen der Reihe nach sorgfältig, als gelte es, den Klügsten unter ihnen zu
finden. »Was glaubst du, was konnte sie dazu treiben?«

    Â»Geld«, sagte ich. »Bargeld. Sie leben in einem unendlich
benachteiligten, kaputten Land, und sie sind Könige im Überleben. Ich gehe jede
Wette ein, es war Bargeld.«

    Â»Ich kann es nicht fassen. Wie kann Julius Berner so dumm
sein?«

    Â»Ich weiß nicht. Die meisten Dinge erweisen sich im nachhinein
als unendlich trivial. Vielleicht ist Berner hysterisch geworden, fühlt sich
verfolgt, was weiß ich. Wenn du auf einen Menschen schießt: Bist du sicher, daß
du ihn dort triffst, wo du willst?«

    Â»Ziemlich. Zugegeben, es immer kann schiefgehen. Aber in der
Regel erziele ich die gewünschte Wirkung.«

    Pjotr hatte bis jetzt regungslos gestanden. Jetzt sah er mich
fragend an und deutete auf die Erde.

    Â»Na, sicher, kannst du dich setzen.«

    Er holte Tabak und Papierblättchen aus der Tasche und drehte
nacheinander drei Zigaretten. Er zündete sie an und steckte sie zwischen die
Lippen seiner beiden Freunde. Sie sprachen kein Wort miteinander.

    Dann hörten wir den Hubschrauber, er kam niedrig über die
Straße aus Büdesheim herangeflogen, ortete uns und tippte dann zweimal auf die
Frontscheinwerfer. Neben einem Weißdorn ging er hinunter, und der Rotor
erstarb.

    Â  Zwei Sanitäter liefen
mit einer Trage herbei, aber Pjotr wollte nicht liegen. Ein Arzt tauchte
atemlos auf und fragte: »Irgend etwas dringendes?«

    Â»Nicht doch«, meinte Emma müde. »Das sind gute Jungen.
Vielleicht Schock.«

    Â»Pjotr«, sagte ich, »hilf uns ein bißchen. Wieviel Geld habt
ihr bekommen?«

    Â»Viel«, antwortete er.

    Â»Wieviel?« fragte ich. »Sag es, es kommt sowieso heraus.«

    Â»Zehntausend«, sagte er nahezu unhörbar. »Jeder zehntausend.
Aber nicht Cherie und nix Mathilde und Narben-Otto.« Dann ging er davon, eine
trotzig aufrechte Figur.

    Der Mann, den ich bewußtlos geschlagen hatte, mußte auch
mitfliegen.

    Â»Sicherheitshalber«, wie der Notarzt sagte. Dann war der
Hubschrauber auch schon wieder in der Luft.

    Ãœbergangslos kam das Deutsche Rote Kreuz mit Blaulicht die
Straße entlang gesegelt, vorneweg ein schneller Omega mit dem Notarzt. Da die
Leute nichts mehr zu tun hatten, folgte das, was ich einen Eifel-Klön nenne,
was ungeheuer entspannend wirkt. Wir schwatzten über Gott und die Welt. Nicht
lange, fünf Minuten vielleicht. Dann fuhren auch sie wieder, und erst jetzt
fiel mir auf, daß sie nicht einmal gefragt hatten, wer denn da wen angeschossen
hatte. Mir fiel eine mögliche Schlagzeile ein: ›Diskreter Schußwechsel in der
Eifel‹.

    Das Licht des neuen Tages machte sich breit. Wir hockten da in
dieser von Menschen gemachten Landschaft, als gäbe es nichts besseres zu tun.

    Â»Ich will endlich wissen, wie du auf diese hochstämmige Kiefer
gekommen bist?« fragte ich Andreas Ballmann.

    Â»Alter Waldläufertrick. Du nimmst eine kurze Kette oder ein
kurzes Seil, legst das um den Stamm, und dann kannst du dich hochziehen, Stück
für Stück. Du brauchst allerdings absolut rutschfeste Schuhe. Darf ich euch mal
fragen, was ihr von der ganzen Aktion haltet?«

    Â»Fragen darfst du, mit den Antworten wird es schwierig werden.«
Rodenstock starrte in die Luft. »Sag mal, Stefan Hommes, woher hast du diese
Uzi?«

    Â»Von einem ordentlichen öffentlichen Trödelmarkt in Belgien«,
antwortete er. »War nicht mal teuer und wurde als Andenken angepriesen. Die
Waffe war zwar alt, aber durchaus verwendungsfähig. Ein bißchen Putzen, ein
bißchen Waffenöl, das war es auch schon. Und die Munition hatte der

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