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Eifel-Jagd

Eifel-Jagd

Titel: Eifel-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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herum flatterten, daß
so etwas Unerhörtes ausgerechnet ihnen widerfahren konnte. Niemand schien über
fünfundzwanzig Jahre alt zu sein. Die Männer trugen rohseidene schwarze
Sommeranzüge, dazu Schnallenschuhe und schneeweiße Hemden mit kleinem Stehkragen,
keine Krawatte. Im Haar irgendein süßlich riechendes Gel, das es ermöglichte,
die Pracht auf dem kostbaren Kopf in wilden Wellen aufzutürmen. Die jungen
Frauen waren alle von genau gleichem Blond, einem honigfarbenen Ton. Sie hatten
alle schulterlanges Haar und trugen es in einem Zopf, der hinten auf das
kleine, sehr kurze Schwarze fiel. Sie trugen, wahrscheinlich in edler Abkehr
von jedem unzüchtigen Gedanken, sanft glitzernde Strumpfhosen über schwarzen
Lackslicks und wirkten dadurch wie kleine Mädchen, die vollkommen überrascht im
Leben auftauchen und empört feststellen müssen, daß es außer ihnen durchaus
noch andere lebende Wesen gibt, die ebenfalls Menschen genannt werden müssen.
Auf den ersten Blick glaubte ich, daß sie auf jedes Make-up verzichtet hatten,
ein Tribut an die tote Cherie. Dann mußte ich mich korrigieren: Sie waren
zugekleistert, sie waren auf totale Blässe geschminkt, sie trugen alle die
gleiche Maske.

    Emma neben mir hauchte: »Oh, mein Gott!«, und Rodenstock atmete
scharf zischend ein, um sich eine unzüchtige Bemerkung zu verkneifen.

    Eine der netten Eiflerinnen mit einem Tablett schoß auf uns zu
und knallte im Ton eines Unteroffiziers: »Orangensaft, Wasser und Champagner.«
Sie war eine dralle Person mit ungeheuer lebendigen Augen, vielleicht vierzig
Jahr alt. Von irgendwoher kannte sie mich offensichtlich als jemanden, der durchaus
normal ist. Sie flüsterte: »Nun sieh dir mal diese Versammlung an. Dat sinn
doch Zombies, sinn dat! Und die reden einen Scheiß!«

    Â»Wie schön!« strahlte Emma sie an, und die Gute wurde ganz
artig verlegen.

    Um Berner, der ebenfalls in einem dieser riesigen Sessel fast
verschwand, hatte sich eine Traube junger Männer versammelt, die nun ein wenig
beiseite traten, um den Meister durchzulassen, der mit weit vorgestreckten
Armen auf uns zukam, als brächten wir seiner Welt das Heil. »Ich freue mich«,
sagte er freundlich.

    Irgendwie störte es mich, daß das aufrichtig gemeint war.

    Â»Ist es nicht schön, daß alle meine jungen Freunde gekommen
sind?« fragte er Emma.

    Es bereitete ihr offensichtlich Zahnschmerzen, aber sie nickte.
»Das ist sehr schön. Arbeiten die alle für Sie?«

    Â»Einige ja, die meisten aber nicht. Freundinnen und Freunde vor
allem von Cherie, wir nennen die Meute spaßeshalber die furchtbare Siebzehn.
Die Treffen waren immer sehr humorvoll.« Dann blickte er zu Boden. »Das ist
vorbei.« Er fing sich wieder. »Jetzt können wir mit dem Kaffeetrinken
beginnen.« Dann wandte er sich an mich. »Sie werden verstehen, daß ich darum
bitte, das Treffen hier nicht in der Berichterstattung zu erwähnen.«

    Â»Aber selbstverständlich«, stimmte ich zu. »Das ist privat.«

    Â»Sehr privat«, nickte er. Er drehte sich herum, hob beide Arme
und sagte gedämpft: »Dann wollen wir beginnen.«

    Die Gruppen lösten sich augenblicklich auf und nahmen an einem
langen Tisch Platz, auf dem Kaffee, Kuchen und 900er Silber auf uns warteten.
Es war merkwürdig, daß es nicht die geringsten Unsicherheiten gab, ob Mann oder
Frau, sie kannten ihren Platz.

    Die Eiflerinnen bauten sich hinter uns auf und gossen Kaffee
ein. Niemand sagte ein Wort, wir starrten alle schweigend in die kunstvollen
Blumenarrangements auf dem Tisch. Julius Berner saß am Kopfende des Tisches,
Narben-Otto wie eine Schildwache neben sich. Der Gastgeber nahm einen
Kaffeelöffel und klopfte gegen eine kleine Milchkanne.

    Â»Liebe junge Freunde«, begann er lächelnd. »Der Tod ist zu
Besuch gekommen und hat uns unvorbereitet angetroffen. Unsere liebe Cherie hat
uns verlassen. Irgend jemand, ein Mensch, hat sie im Wald erschossen. Und
danach hat dieser Mensch Mathilde Vogt erschossen, die uns sehr nahestand und
die eine Freundin von Cherie war, wie ihr alle wißt. Da zweifle ich an meinem
Herrgott, da frage ich mich, warum er so etwas zuläßt, da denke ich an den
strafenden Gott. Aber, für was wurde Cherie bestraft, für was? Wir werden keine
Antwort darauf finden.« Er machte eine Pause und wirbelte beide Hände in
schnellen

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