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Eifel-Jagd

Eifel-Jagd

Titel: Eifel-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Bewegungen vor seinem Körper.

    Ich betrachtete die Gesichter der jungen Leute. Die Frauen
weinten ausnahmslos und hatten kleine weiße Taschentücher in den Händen. Die
Gesichter der jungen Männer waren bleich und kantig.

    Â»Vielleicht will unser Herrgott uns prüfen.« Berner räusperte
sich. »Ich habe mit jedem von euch gesprochen, und niemand kann sich den
Menschen vorstellen, der das getan hat. Ist es ein Irrer? Ist es jemand, der im
Kopf krank ist? Niemand weiß es. Aber irdische Gerechtigkeit muß sein. Daher
bitte ich euch, alles, was ihr wißt, und alles, was ihr ahnt, der Polizei
mitzuteilen und auch dem Journalisten unter uns, der sich um die Aufklärung der
Bluttaten kümmert. Niemand von euch steht unter Verdacht, niemand von euch war
an diesem blutigen Tage hier in den Wäldern. Aber ich werde dafür beten, daß
den Täter der Zorn Gottes trifft. Und so wahr ich hier vor euch stehe, ich
werde nicht eher ruhen. Ich bitte einen jeden von euch, meine Freundinnen und
Freunde, mir zu helfen, diese Brutalität aufzuklären. Und jetzt laßt uns an die
Frauen denken und noch einmal die Frage stellen, was Cherie sich gewünscht
hätte, wenn sie uns jetzt sehen könnte. Sie hätte sicherlich gewollt, daß wir
ihren Tod in Demut hinnehmen und heiter über sie sprechen. Und so wollen wir
denn die Erinnerung an dieses Sonnenkind pflegen und unseren Zorn, daß sie uns
genommen wurde. Ich danke euch von Herzen.« Er weinte nicht, er setzte sich und
griff nach seiner Kaffeetasse, die er zittrig an die Lippen führte. Narben-Otto
legte begütigend eine Hand auf seine Schulter. Es wirkte vertraut und sehr liebevoll.

    Ich wartete eine halbe Stunde, in der ich zwei Stücke einer
widerlich süßen, aber herrlich pampig schmeckenden Buttercremetorte verschlang,
die unheimlich grün war, weil mit Kiwi belegt, und die mir das Gefühl gab, mir
mehr Kalorien zuzuführen als sonst im Laufe einer ganzen Woche. Dazu vier
Tassen Kaffee. Und dazu das Geplätscher der jungen Leute, die niemals laut
wurden, mit schrägen Blicken auf Julius Berner flüsterten und mit zierlichen
Bewegungen aßen und tranken. Ich suchte nach dem naivsten Gesicht und begriff
plötzlich betroffen, daß es kein naives Gesicht gab. Die Frauengesichter unter
der Schminke, die bleichen, gemeißelten Männergesichter waren auf eine erschreckende
Weise ohne Konturen und sehr hart. Wenn jemand gesagt hätte: »Alle Frauen
heißen Beate und alle Männer Thomas, und alle tragen den Namen Meier«, mich
hätte es in diesen Sekunden nicht verwundert.

    Ich bemerkte, daß sich Rodenstock mit einer jungen Frau
unterhielt, daß sie gemeinsam aufstanden und zu einer Sitzgruppe gingen. Emma
hatte sich einen jungen Mann ausgesucht, dessen Schultern seltsam hängend waren
und der stark nach vorn gebeugt ging.

    Links von mir saß ein junger Mann, der leicht nach einem
Männerparfüm duftete und mit dem ich bis jetzt kein Wort gewechselt hatte. Er
wirkte versunken, und ohne Zweifel war er betroffen und traurig. Zudem war er
nervös, denn seine rechte Hand, die dicht neben mir vor der Kaffeetasse auf dem
Tisch lag, hatte ein Eigenleben entwickelt. Die Finger zuckten ständig in
scheinbar unkontrollierten Bewegungen, und zuweilen strichen sie über die
Tischdecke, um dann plötzlich leicht auszuschlagen, als habe jemand ein
brennendes Streichholz darunter gehalten. Die Hand stand in krassem Gegensatz
zu dem Gesicht, zu seiner ganzen Figur, sie wirkten stoisch ruhig, durch nichts
aus der Ruhe zu bringen.

    Â»Haben Sie ein paar Minuten Zeit?« fragte ich ihn.

    Â»Oh ja, selbstverständlich«, lächelte er. »Ich bin der Knut.«

    Â»Ich bin Siggi Baumeister«, nickte ich.

    Wir standen auf, und er war zwei Köpfe größer als ich.

    Â»Wir könnten uns dort hinten auf die Chaiselongue setzen«, er
wies in eine Richtung. Er hatte wirklich Chaiselongue gesagt. Das wirkte
irgendwie rührend.

    Wir setzten uns auf die Chaiselongue, und er zog ein Päckchen
Tabak aus seinem Jackett. Er sagte fast unhörbar: »Entschuldigung, ich brauche
das jetzt!« und begann sich eine Zigarette zu drehen. Dann griff er erneut in
sein Jackett und zog eine Handvoll Haschisch-Pieces aus der Tasche. Er öffnete
drei und streute sie auf den Tabak. Schließlich leckte er das Papier und
zündete die Zigarette an.

    Â»Ist nicht

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