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Eifel-Kreuz

Eifel-Kreuz

Titel: Eifel-Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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sein, wenn es doch
um Sven geht.«
    Â»Du liebst ihn immer noch.«
    Â»Na, und? Wie einen Bruder, ja. Aber das interessiert
dich doch nicht.«
    Â»Weißt du, dass Pater Rufus von der Schule weg ist? Seit
gestern?«
    Dickie merkte auf. »Und? Ist er jetzt endlich Bischof geworden?
Das wollte er doch immer.«
    Â»Er wollte Bischof werden? Im Ernst?«
    Â»Na ja, so direkt gesagt hat er das nicht. Aber er wollte
immer ganz oben mitspielen. Macht, das ist sein Ding.«
    Â»Jedenfalls ist er von einer Sekunde auf die andere ins
Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz versetzt worden.«
    Â»Das hatten wir schon mal.«
    Â»Bei Rufus?«
    Â»Nee, nicht bei Rufus. Aber bei Bruder Gisbert, vor einem
Jahr. Der musste gehen, weil er den Kleinen nach dem Sportunterricht beim
Duschen gezeigt hat, wie man sich richtig und gründlich die Eichel wäscht.
Dabei kam es ihm. Als das die Runde machte, wurde Gisbert von heute auf morgen
an die Universität Eichstätt berufen. Mit Studenten konnte er das ja nicht
machen.«
    Â»Woher weißt du das?«
    Â»Alle wissen das. Zumindest die, die es interessiert.«
    Â»Interessierte das auch Sven?«
    Â»Klar. Sven hat schließlich sogar etwas unternommen.«
    Â»Was denn?«
    Â»Wir sind nach Eichstätt gefahren und haben Pater Gisbert
gefragt, ob er sich nicht bei den Schülern entschuldigen will. ›Wofür denn?‹,
hat er gefragt. ›Für all die kleinen Pimmel‹, haben wir geantwortet. Daraufhin
erwiderte er, er habe keine Zeit für so was, denn Gott der Herr habe ihn in das
Lehramt berufen. Bei der Schulversammlung zuvor hatte der Direktor gesagt, der
Weggang von Pater Gisbert sei ein schwerer Schlag für die Schule. Niemand hat
widersprochen, auch der Elternbeirat nicht, und Anzeige ist nie erstattet
worden. Aber als wir aus Eichstätt zurückkamen, da wusste Pater Rufus schon von
unserem Besuch und er sagte zu Sven: ›Jetzt bist du reif!‹ Sven hat gelacht.«
    Â»Hältst du es für möglich, dass Sven deshalb gekreuzigt
wurde? Als Bestrafung für seine Rebellion?«
    Sie musterte mich mit einem scharfen Blick: »Möglich ist
alles.«
    Ich seufzte. »Zurück zu Julia. Was ist nun? Hast du einen
Tipp?«
    Â»Fahr mal zur Alten Klause.«
    Â»Wo ist das?«
    Â»Habscheid. Am Hernackberg. Dort befindet sich ein altes
Industriegebiet.«
    Â»Ich danke dir. Pass auf, wir kriegen schon noch alles in
die Reihe.«
    Â»Haha!«, murmelte sie voll Verachtung.
    Ich verließ das Lager und Dickie schloss dir Tür hinter
mir. Überraschend war es heiß geworden, die Sonne strahlte grell, über mir
kreiste ein roter Milan.
    Maria Pawlek brütete in ihrem Büro über einer Menge Papiere.
Sie stöhnte und sagte: »Setz dich.« Ihre Gesichtsfarbe war grau und unter ihren
Augen lagen schwarze Schatten. »Hat Dickie was erzählt?«
    Â»Ja, ich hoffe etwas Gutes. Und, wie läuft der Job?«
    Â»Elend. Immer Druck von oben, immer mehr Umsatz. Was hat
sie gesagt?«
    Â»Julia könnte in der Alten Klause sein.«
    Â»Richtig«, sagte sie. »Die Clique trifft sich da schon
mal. Du, ich habe leider nicht viel Zeit.«
    Â»Schon gut, ich bin schon wieder weg.«
    Auch Maria Pawlek stand auf, drängte sich an mich und gab
mir einen zurückhaltenden Kuss auf die Wange. »Wir telefonieren.«
    Â»Das machen wir«, erwiderte ich hilflos und machte mich
auf den Weg.

    Â 
    Ehe ich Habscheid anfuhr, ehe ich in die
wunderbaren Wälder tauchte, kaufte ich mir ein riesiges Schleckeis, das mir
programmgemäß auf die Hose fiel und dort in Sekunden klebrig durchsuppte. Es
war ein ekelhaftes Gefühl.
    In Habscheid fragte ich einen Mann, der seinen Hund
spazieren führte, nach der Alten Klause.
    Â»Geradeaus, dann siehste’s schon. Ist aber nichts mehr los.
Willste dat kaufen?«
    Â»Vielleicht«, sagte ich.
    Kurz darauf stand ich vor einem zweistöckigen Backsteinbau
aus der Wende des neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert. Wahrscheinlich hatte
es hier mal Bahngleise gegeben, wahrscheinlich den Hauch von Aufbau, sicherlich
große Hoffnungen, gefolgt von rasanten Niedergängen. Und immer wieder den
Willen, neu anzufangen. Die Gebäude hinter der Alten Klause waren nur noch
Ruinen. In den Steinresten waren Weiden hochgeschossen und sogar eine
beachtliche Blutbuche, die ihren Schirm gnädig über den Verfall

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