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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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sein, weil wir nicht sicher sein können. Noch nicht.«
    Er blickte auf den Fußboden vor seinen Schuhen. »Das ist eine hässliche Erscheinung, das sollte man ächten. Entschuldigen Sie, ich muss weiter, ich muss zurück an meinen Schreibtisch.«
    Emma bekam die Erlaubnis, eine kleine Weile zu Rodenstock auf die Intensivstation zu gehen, und ich setzte mich abseits und las in einer alten, zerfledderten Illustrierten. Ich wollte Rodenstock in diesem hilflosen Zustand nicht sehen. Vielleicht war ich auch feige. Nach einer Weile jedenfalls nahm ich den Lift ins Erdgeschoss und gesellte mich zu denen, die rauchten und dabei missmutig blinzelten und sich wahrscheinlich wehmütig fragten, wie sie in dieser traurigen Welt an ein Bier kommen könnten. Kein Bier in Daun, furchtbar. Das war so trist, dass ich mir noch nicht einmal eine Pfeife stopfte.
    Emma kam, sagte nichts, wir stapften zu meinem Auto und fuhren heim nach Heyroth. Wir tranken einen Kaffee, wir hatten uns nichts mitzuteilen, weil jeder an seinem Kummer nagte.
    Sie stammelte irgendwann: »Also, ich weiß nicht recht, so ohne ihn …«
    »Er kommt ja wieder«, sagte ich.
    Es folgte ein sehr langes Schweigen, sie sagte nichts mehr.
    Also fuhr ich heim.

    Auf meinem Anrufbeantworter war Hansemann aus der Redaktion in Hamburg und bat um Rückruf.
    Ich rief ihn also an, und er sagte übergangslos: »Das Rätsel ist geklärt.«
    »Was meinst du damit?«
    »Wir wissen, wer Guido Perl zusammengeschlagen hat.« Er machte eine eindrucksvolle Pause. »Also, ich habe mit Guido gesprochen und seine Aussage ist eindeutig: Es waren Kinder.«
    »Kinder? Also, nimm es mir nicht übel, daran habe ich meine Zweifel.«
    »Er sagte, es waren Kinder. Und sie hatten Knüppel in den Händen. Er sagt, sie waren plötzlich da und schlugen zu.«
    »Weiß er auch, woher sie kamen? Aus dem Eulenhof? Oder spielten sie nur einfach Indianer und waren rein zufällig in dem Wald hinter dem Hof?«
    »Er hat noch starke Schmerzen, er kann nicht gut reden. Kannst du dich mal darum kümmern?«
    »Moment, Moment. Wie viele Kinder waren es denn?«
    »Er sagt, drei oder vier. Er weiß es nicht genau, es ging so schnell. Kümmerst du dich darum?«
    »Ich versuche es.«
    Also Ulrich Hahn anrufen. Warum nicht? Es war dort passiert, also sollte er etwas dazu sagen können. Er würde ausweichen, natürlich. Er würde höflich jede Wahrheit verschleiern, und wahrscheinlich würde er sogar scheinheilig nach der Wunde in meinem Gesicht fragen. Dann fiel mir auf, woher ich die Information mit den Kindern hatte. Nicht von der Polizei, nicht von der Staatsanwaltschaft, sondern aus einer privaten Quelle.
    Ich rief Tessa an.
    »Da gibt es etwas Neues. Das solltest du wissen. Die Redaktion in Hamburg hat mit dem verletzten Guido Perl in der Klinik in Bonn gesprochen. Er hat gesagt, es seien Kinder gewesen, drei oder vier. Er ist ganz eindeutig, er sagt: Kinder.«
    Sie schwieg sehr lange. Dann wurde sie unvermittelt ein wenig hektisch: »Das könnte der Fehler sein, auf den wir gewartet haben. Ich melde mich wieder. Und noch etwas: Frag nicht nach, rühr nicht dran, halte dich von den Leuten fern. Du weißt es einfach nicht.«
    »Langsam, bitte. Ich bin ein Journalist, der etwas weiß. Du kannst mir nicht verbieten …«
    »Baumeister«, brüllte sie hoch und wütend. »Ich bitte dich nur, eine Weile lang nichts zu tun. Das kann sich nur um Stunden handeln, nicht um Tage. Herrgott nochmal!« Sie unterbrach die Verbindung.
    Eine enge persönliche Bindung an eine Staatsanwältin konnte sehr kompliziert sein und sehr heftig. Das sah nicht nach einer soliden Zukunft für mich aus. Aber ich wusste ja, wie ernst und persönlich Tessa diesen Fall nahm, und wie wichtig er für sie war. Also konnte ich die Sache etwas langsamer angehen.
    Ich spürte, dass ich sehr müde war und Hunger hatte. Es wurde mir bewusst, dass ich eine Nacht lang kaum geschlafen hatte. Also legte ich zwei Scheiben gekochten Schinken unter drei Spiegeleier. Ich wusste, dass das keinesfalls eine konstruktive Mahlzeit für einen ernährungsbewussten Single mit Hang zum Übergewicht war, zumal ich sie mit Butter verfeinerte. Aber immerhin verputzte ich gut die Hälfte der sehr bäuerlichen Angelegenheit, bevor ich eine Pause auf meinem Sofa einlegte und einschlief.
    Als ich aufwachte, war es drei Uhr nachts. Der Rest der Spiegeleier mit dem Schinken sah eindeutig scheußlich aus. Wie oft in meinem Leben hatte ich das schon erlebt? Zehnmal? Zwanzigmal?

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