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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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einen alten, schon vermoderten Stamm gelehnt. Ich sah seine grauen Haare, ziemlich kurz geschnitten, ich war vielleicht noch zwanzig Meter von ihm entfernt.
    Ich rief ihn sofort auf seinem Handy an, selbstverständlich klingelte es nicht. Aber auch den Vibrationsalarm, den ich erwartet hatte, schien der Kerl nicht aktiviert zu haben, denn er reagierte nicht, da war keine Bewegung.
    Ich drückte mein Handy aus und sagte halblaut: »Guten Tag, Sir.«
    Er bewegte sich nicht.
    Ich wiederholte meine Anrede, aber er reagierte nicht. Keine Reaktion, viele Sekunden lang.
    Ich rief Bodo an und sagte: »Tu mir einen Gefallen und komm her. Aber bitte zu Fuß. Hier stimmt etwas nicht, und ich weiß nicht, was.«
    »Ja«, antwortete er nur.
    Ich ging weiter, vorsichtig, Schritt für Schritt. Jetzt wurde es mir unheimlich.
    Ich kam von seiner rechten Seite auf den Mann zu und war jetzt schon auf etwa zehn Meter heran. Von dieser Position aus konnte ich sein Gesicht im Profil sehen.
    Aber da war kein Profil.
    Ich ging direkt zu ihm. Er hatte kein Gesicht mehr.
    Ich hockte mich hin und starrte ihn an.
    Dann kam Bodo zwischen den Stämmen heran. Es war unglaublich, wie leise er ging, obwohl er so groß und massig war.
    »Er ist tot«, sagte ich. »Und ich weiß nicht, wie das angerichtet wurde. Vielleicht wurde er erschlagen, vielleicht erschossen.«
    »Ach du herrje«, flüsterte Bodo. Er hockte sich neben mich, seine Miene war blass und angewidert. »Was ist das?«
    »Ich nehme an, er wurde erschossen. Kannst du ihn wiedererkennen?«
    »Geht so. Es ist jedenfalls seine Weste, so aus Leder und dunkelbraun. Aber, sag mal, wenn er erschossen wurde, dann hätte er da doch nur ein Loch. Oder?«
    »Nicht, wenn man das Geschoss anfeilt, sodass es zerreißt und zerfetzt.«
    »Was machst du jetzt?«, fragte er.
    »Was soll ich schon machen. Die Mordkommission anrufen, die Staatsanwaltschaft anrufen. Wir haben keine Wahl, denke ich.«
    »Hm«, grummelte Bodo.
    »Ich versuche herauszufinden, wer aus welcher Position geschossen hat. Ich denke, von da unten, ungefähr zwischen den beiden Krüppeleichen und den zwei jungen Birkenstämmen, wo rechter Hand die große Birke steht. Ungefähr achtzig bis hundert Meter. Siehst du das?«
    »Sehe ich«, sagte er. »Das könnte hinhauen. Wann ist das passiert? Was glaubst du?«
    »Keine Ahnung«, antwortete ich. »Im linken Augenwinkel glänzt noch das Blut. Könnte ziemlich frisch sein. Aber ich weiß es nicht. Wann hat er dich angerufen und den Termin von heute abgesagt?«
    »Das muss so eine bis anderthalb Stunden her sein«, sagte er. »Ich weiß noch, dass ich Kraftfutter bestellt habe – sofort danach wohl. Dann habe ich mit dir telefoniert. Also alles in allem anderthalb Stunden.«
    »Dann hatte er vor einer Stunde hier eine Verabredung. Mit jemandem vom Eulenhof. So erkläre ich mir das. Was ist mit dir?«
    »Was soll mit mir sein?«, fragte er zurück.
    »Ich will nur wissen, ob du hierbleibst. Oder musst du jetzt nach Hause fahren?«
    »Ich kann ja anrufen und kurz Bescheid geben«, sagte er.
    Ich rief Tessa an, sie meldete sich sofort.
    »Bist du bei mir?«, fragte ich.
    »Ja, ich bin hier und trinke deinen Sekt.«
    »Schluss mit lustig«, sagte ich. »Wir haben einen weiteren Toten. Ich bin oberhalb des Eulenhofs. Der Tote ist ein Mann, den wir als Stefan Zorn kennen. Er sitzt in einem Waldstreifen, unmittelbar dahinter beginnt das Grundstück vom Eulenhof. Es sieht so aus, als hätte ihn ein Dumdumgeschoss im Gesicht getroffen. Ich bin hier mit einem befreundeten Bauern. Der Mann heißt Bodo Lippmann. Er ist wahrscheinlich der Einzige hier, der diesen Mann lebend gesehen hat. Heute Nachmittag waren Zorn, Lippmann und ich verabredet. Für sechzehn Uhr. Der Mann sagte ab. Dann sah ihn Bodo Lippmann aber hier oben am Wald herumgehen und sagte mir Bescheid. Ich machte mich auf den Weg, habe aber nur noch seine Leiche gefunden. Jetzt gerade, vor wenigen Minuten. Wir berühren den Toten nicht. Es ist ratsam, dass du die ersten Leute der Mordkommission von hinten heranschickst, also nicht über den Eulenhof. Sonst hast du kein Überraschungsmoment mehr.« Ich erklärte ihr die Anfahrt von Brück aus. »Und vielleicht noch etwas: Ich glaube, dass der Tote ein Agent des Verfassungsschutzes gewesen ist. Stefan Zorn ist also wohl der Arbeitsname.«
    »Einen Stefan Zorn haben wir auch schon geortet. Das Amt hat allerdings bestritten, dass er ein Agent sei.«
    »Jetzt ist er jedenfalls tot«, sagte ich.

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