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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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im Eisschrank
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14. Kapitel
    Die reizvollsten Strecken in der Eifel sind die, die nur für den landwirtschaftlichen Verkehr freigegeben sind. Aber man kann sie auch zu Fuß machen und hat dabei den Vorteil, allein zu sein.
    Ich kam sehr schnell voran, schließlich war ich den Weg schon einmal gefahren und hatte die Wegbeschreibung von Bodo im Kopf. Das Wichtigste war, sein Auto zu finden, was mir ohne Probleme gelang.
    Es war ein Golf, und er hatte ihn so geparkt, dass er nur von Leuten gefunden werden konnte, die sich bestens auskannten. Der Wagen war vom Weg aus nicht zu erkennen. Erst wenn man den Weg bis zu einem Punkt fuhr, der weit ab von jedem möglichen Ziel lag, sah man ihn hinter einigen Schlehenbüschen stehen. Der Parkplatz verriet, dass der Mann es gewohnt war, sich in freier Wildbahn zu tummeln. Das Auto war von einem unauffälligen Grau und hatte ein Mainzer Kennzeichen. Ungewöhnlich war die stark profilierte Bereifung für raues Gelände. Die Maschine musste schon seit vielen Stunden hier herumstehen, die Kühlerhaube war kalt. Soweit ich sehen konnte, war der Wagen innen steril sauber, keine Hinterlassenschaft, nicht einmal ein gebrauchter Aschenbecher oder ein Bonbonpapier. Vielleicht war der Mann Veganer und humorlos.
    Ich ließ die Luft aus dem hinteren linken Reifen ab, damit er mir nicht entwischen konnte, falls er die Absicht hatte, sich kommentarlos zu entfernen. Meinen eigenen fahrbaren Untersatz stellte ich gute zweihundert Meter weiter ab.
    Dann bewegte ich mich langsam auf seinen wahrscheinlichen Standpunkt zu, der irgendwo oberhalb des Eulenhofs liegen musste. Wenn ich an diesen Mann dachte, den ich nicht kannte und den ich nie gesehen hatte, empfand ich zunehmend ein Gefühl nagender Unsicherheit und Neugierde. Wie konnte das angehen, dass jemand aus diesem Wald heraus zu irgendeiner Erkenntnis über die Bewohner des Eulenhofs kommen wollte? Ich dachte, das sei grenzenlos dumm – oder naiv. Es gab nur eine Möglichkeit, die mir einleuchtete: Der Mann wollte jemanden aus dem Eulenhof treffen, musste aber stundenlang warten, ehe sich eine Möglichkeit zu einem Treffen ergab.
    Es war wichtig, nicht schnell zu gehen und fast lautlos zu sein. Wenn du schnell sein willst, kannst du nicht leise sein, und schon ein flüchtendes Karnickel kann dich verraten.
    Als Erstes sah ich ein Reh, das am Rande des Waldstreifens äste. Es hob den Kopf und sah in meine Richtung, reagierte aber nicht überrascht, flüchtete auch nicht, es äste weiter. Dann sah ich drei weitere Tiere der Gruppe ungefähr achtzig Meter entfernt. Auch sie schienen mich zu bemerken, waren aber nicht beunruhigt, obwohl der Wind sanft von mir zu ihnen hinwehte. Ansonsten war es still, kein Laut war zu hören.
    Dann erlebte ich die erste, geradezu wirre Überraschung des Tages. Rechts in meinem Blickfeld tauchte etwas auf, das dort nicht hingehörte. Es war ein scharf umrissenes Viereck in hellem Grün: Bodo Lippmann auf einem MB-Trac. Er hockte da, grinste mit seinem Keltengesicht und hob grüßend die rechte Hand, als wollte er mir zusichern: Wenn irgendetwas schiefläuft, gebe ich Gas.
    Das hatte etwas Rührendes.
    Ich ging vorsichtig weiter, immer an dem Waldstreifen entlang, der mich jetzt noch vom Eulenhof trennte. Dann erreichte ich die große Koppel von Bodo Lippmann, auf der die vier Kutschpferde standen. Sie hatten sich, was Pferde so tun, in eine Ecke gedrängt, zwei lagen und dösten, die beiden anderen fraßen. Keine Spur von Unsicherheit, sie hoben die Köpfe in meine Richtung und sahen gelangweilt zu, wie ich am elektrischen Zaun entlangging. Eine warme Sonne schien auf das Ganze herab, friedlicher konnte es nicht sein.
    Als ich glaubte, genau oberhalb des Eulenhofes zu sein, drehte ich mich zu Bodo um und zeigte mit ausgestrecktem Arm in den Waldstreifen. Ich sah deutlich, wie er nickte.
    Also los. Ich ging zwischen zwei Hartriegelsträuchern in die Fichten hinein. Das Gelände fiel stark ab. Es gab keinen erkennbaren Pfad, und es war sofort dämmrig und kühl. Solange ich unter den Fichten ging, gab es keine Schwierigkeiten. Danach folgten junge Birken und Krüppeleichen, hin und wieder ein Haselnussstrauch. Ich sah das erste Quellgebiet, das Grün der Gräser war beinahe grell. Ich umging es weiträumig, schlug einen Halbkreis und erreichte einen schmalen Streifen, der mit alten Buchen besetzt war.
    Dort gab es eine kleine Geländefalte, vielleicht einen Meter hoch. Und da saß er und hatte den Rücken gegen

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