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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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meines Sohnes, der Kleine wird bald drei.«
    »Aber Sie treffen den Vater noch?«
    »Na ja, so selten wie möglich.« Sie verzog das Gesicht. »Immerhin ist er auch sein Sohn.«
    »Und er bezahlt regelmäßig?«
    »Ja, das tut er. Aber eigentlich ist das schon eine Lüge, denn mein Exmann würde von sich aus wahrscheinlich keinen Pfennig zahlen. Der Zahlmeister ist Hagen Weidemann. Der befiehlt dem Uli: ›Du zahlst und damit basta!‹«
    »Ist Weidemann Ihr Scheidungsgrund?«
    Wieder ein kurzes, sehr bitteres Lachen. Dann sagte sie: »Ja und nein. Ich hatte gedacht, Uli würde sich eines Tages lösen und selbst entscheiden. Aber das ist nie passiert. Genau das Gegenteil ist passiert.«
    Ich dachte: Schnelle Reaktionen, guter Überblick über die Gesamtlage, kaum Unsicherheiten, sehr eigenwillig. Stichproben ziehen!
    »Sie haben Blue gekannt, nicht wahr?«
    »Ja, habe ich. Ich war total baff, als er ankam und blieb. Ich dachte: Der ist echt falsch hier, der gehört hier nicht hin. Aber er arbeitete mit. – Sind Sie auf dem Laufenden? Hat man eine Ahnung, wer ihn erschossen haben könnte?«
    »Nein, hat man nicht. Haben Sie denn eine?«
    Sie sah mich sehr erstaunt an und lächelte. »Ich habe keine Ahnung, wirklich nicht. Und ich werde den Teufel tun nachzufragen.«
    »Stimmt es denn, dass Sie keine Furcht vor diesen Leuten haben?«
    Sie nahm ihren Martini und nippte daran. »Das hat mit klaren Absprachen zu tun. Zwischen Weidemann und mir. Ich rede nicht über die, und die reden nicht über mich. Deshalb findet dieses Treffen zwischen Ihnen und mir auch nicht statt. Nur harmloser Austausch von Neuigkeiten.«
    »Aber ja. Welche Rolle spielt denn die Oma, die Tilly Hahn?«
    »Ach, die Tilly.« Lee-Ann machte eine abfällige Handbewegung. »Die hat gar keine Rolle, die wurstelt so vor sich hin. Sie ist ein Schätzchen. Wenn sie wen mag, tut sie alles für ihn. Sie hat ein großes Herz, aber sie hat ihren Ulrich ja an Weidemann verloren. Sie hat eigentlich alles verloren, als ihr Mann bei dem Unfall umkam damals. Sie muss eigentlich todunglücklich sein.«
    »Sie hat mir gegenüber angedeutet, dass sie den Slogan ›Reine Rasse Eifel‹ grenzwertig bis lächerlich findet.«
    »Ja, das ist typisch Tilly.« Sie lächelte mich an. »Wissen Sie, diese Frau ist eigentlich nicht zu bezahlen, im übertragenen Sinn, meine ich. Sie hat Uli immer gesagt, dass der Zweite Weltkrieg eine reine Idiotie, ein Verbrechen, der helle Größenwahn gewesen sei. Ein Weltkrieg mit 60 Millionen Toten. Ich war selbst dabei. Aber ihr Ulrich verherrlichte alle Landser und redete von Adolf Hitler, als wäre der ein von Gott gesandter Engel. Total abartig. Aber die Tilly hat es ja auch nie leicht gehabt bei dem Mann.«
    »Was war mit dem Mann?«
    »Ein versoffenes Genie, das hat man gesagt. Aber von Genie habe ich nie was gemerkt. Er hat Tilly geschlagen, übel geschlagen. Auch oft bis ins Krankenhaus. Er hat auch Uli geschlagen, sehr oft. Einmal hat er ihm einen Arm doppelt gebrochen. Immer und ewig Prügeleien, immer und ewig Alkohol, Marihuana, Kokain – alles, was kaputtmacht.« Ihr Gesicht war plötzlich sehr hart und bleich, und sie musste heftig schlucken, weil sie von ihren Gefühlen überwältigt wurde. Ihr Kopf ruckte einige Male sehr schnell hin und her, als müsste sie zur Besinnung kommen.
    »War Weidemann der Retter?«, fragte ich.
    Sie überlegte eine Weile. »Ja, klar. Das war er wohl. Er bestimmte, wo es langging, er sagte, was zu tun war. Ja klar, er war der Retter in der Not. Und er brachte Geld mit, viel Geld. Er zog sich den Eulenhof genau so heran, wie er ihn haben wollte. Das perfekte Biotop. Da diente einer dem anderen.«
    »Und Sie hatten keine Chance gegen diesen Retter?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich hatte keine Chance gegen Weidemann. Aber leider habe ich das viel zu spät gemerkt. Ich war ja auch viel zu naiv. Ich dachte immer: Mein Uli wird das in den Griff kriegen! Ich habe überhaupt nicht verstanden, dass Uli das niemals wollte. Er hat mich einfach angelogen, ich war das Mäuschen für sein Bett. Als ich das begriff, hätte ich ihn liebend gern ermordet.«
    »Ist dieser Weidemann gewalttätig?«, fragte ich.
    »Ich glaube, ja«, antwortete sie. »Wenn es drauf ankommt, wird er derjenige sein, der seine Knarre zieht und schießt. Haben Sie ihn mal beim Schießen erlebt?«
    »Nein, um Gottes willen, nein.«
    »Also, damals war das so, dass Weidemann einmal die Woche oder einmal alle vierzehn Tage auf die

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