Eifel-Krieg
sie wird glänzend versorgt, sie ist gut drauf, will gar nicht mehr nach Australien zurück. Es wird zu einer familiären Katastrophe kommen, wenn Rodenstock nach Hause zurückkehrt.« Dann kratzte er sich in seinen grauen Haaren. »Habt ihr daran gedacht, dass da unten in diesem Eulenhof jemand leben muss, der Jäger, insbesondere Jäger aus dem Eulenhof hasst?«
»Ist die Spur verfolgt worden, die besagte, dass Hagen Weidemann angeblich wichtige Zugangsgrundstücke zu Waldgebieten gekauft hat, in denen die neuen, riesigen Windräder geplant werden sollen?«, fragte ich.
»Ja, das stimmt, das haben wir verifiziert«, murmelte Tessa. »Das betrifft wahrscheinlich drei Ortsgemeinden. Ich weiß aber nicht, ob das für uns wichtig ist.«
»Sieh mal einer an: ein richtiger Immobilienprofi«, bemerkte Kischkewitz leise. »Ein Mann mit dem untrüglichen Sinn für Bargeld.« Dann wandte er sich an mich. »Du solltest mal mit dem Bruder vom Ulrich Hahn sprechen, diesem Gerhard Wotan Hahn. Sechsundzwanzig ist der. Für mich ist der der Einzige auf dem Hof da unten, der relativ unberührt von all dem Durcheinander geblieben ist. Guter Junge, einfach kühl und halbwegs normal. Für einen Pressemenschen bestimmt sehr gut. Mir wäre es sehr recht, wenn du mit ihm sprechen würdest. Wir haben ihn natürlich auch schon verhört, dabei aber wenig in Erfahrung bringen können. Der mauert. Willst du seine Handynummer?«
»Her damit«, erwiderte ich.
Dann trudelten sie alle nacheinander ein: Der Arzt, die Spurenleute, der Bestattungsunternehmer mit Helfer, zwei Fahnder und der unverwechselbare Holger Patt, der die Bühne mit der freundlichen Begrüßung betrat: »Und wieder ist es uns vergönnt, in enger Zusammenarbeit mit vielen ehrbaren Zeugen ein Schützenfest mit Todesfolge aufzuklären und uns so ewigen Ruhm zu sichern!«
»Das halte ich nicht aus«, sagte ich. »Ich fahre heim.«
1 Christian Fuchs, John Goetz, »Die Zelle. Rechter Terror in Deutschland«, Rowohlt, 2012
15. Kapitel
Ich fuhr heim, fertigte mir zwei Spiegeleier auf eine Scheibe Brot und aß lustlos, hörte dazu aber Jacques Loussier mit
Play Bach
– schon vierzig Jahre alt, aber ein Fest für ein Piano mit einem ganz starken Beat und ganz starkem Bass. Johann Sebastian Bach wäre sofort begeistert gewesen. Fazit: Die Spiegeleier hätte ich mir sparen können.
Dann hörte ich meinen Anrufbeantworter ab. Eine Frauenstimme sagte: »Guten Tag, Herr Baumeister, hier ist noch einmal Grete Kaufmann aus Mürlenbach. Wir haben ja schon miteinander gesprochen. Es geht ja um meinen Kevin. Ich habe mit dem jetzt länger geredet, und er meint, wir könnten uns mit Ihnen mal in Verbindung setzen. Der Junge ist schon ganz durcheinander, weil er dauernd gefragt wird, was er denn mit diesen … mit diesen Neonazis da zu tun hat. Er wird schon ganz gezielt bedroht. Und Kevin hat ja mit denen nichts mehr zu tun. Wenn es dabei bleiben kann, dass Sie uns … also, dass Sie uns unsere Sicherheit versprechen bei dem, was Sie schreiben, dann würden wir Sie gerne treffen. Geht das vielleicht bei Ihnen? Also hier bei uns in Mürlenbach geht das einfach nicht. Die Nachbarn achten schon darauf, wer bei uns auf dem Hof parkt. Vielleicht rufen Sie zurück, hier ist Grete Kaufmann. Auf Wiedersehen.«
Ich rief sofort an, das duldete keinen Aufschub. »Frau Kaufmann, Baumeister hier. Selbstverständlich können wir bei mir hier zusammenkommen. Wann passt es Ihnen denn?«
»Abends wäre am besten. Ich arbeite ja noch an der Kasse im ALDI, und da kann ich erst nach Feierabend. Und abends wäre auch gut, weil dann die Nachbarn das nicht so mitkriegen.«
»Morgen Abend neun Uhr bei mir? Ist das gut?«
»Ja, das ist gut. Bis morgen dann.«
Ich war froh, dass das geklappt hatte. Von dem Gespräch mit Kevin erhoffte ich mir einige Einblicke in das Geschehen auf dem Eulenhof, die uns bislang verwehrt geblieben waren. Gleichzeitig drängte sich damit aber eine andere Figur auf, der wir bislang vielleicht viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatten. Von wem mochte Kevin so gezielt unter Druck gesetzt werden, wie seine Mutter gesagt hatte? Wer kam da infrage? Veit Glaubrecht. Ihn hatten wir bislang zwar für eine ganze Reihe von Gewalttaten verantwortlich gemacht, aber dennoch wussten wir wenig über ihn. Mir kam plötzlich die Frage in den Sinn, was wir machen sollten, wenn der sehr jähzornige Veit Glaubrecht ausrasten sollte.
Daraufhin rief ich Kischkewitz an, der noch bei der Bergung
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