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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Schießbahn ging und dann mit allem losballerte, was er zur Verfügung hatte. Mit Pistolen, Revolvern, Gewehren, Maschinenpistolen, mit allem eben. Ich habe das einmal selbst gesehen, und ich habe richtig Angst bekommen. Sie kennen doch sicher den Film
High Noon
. Da schießt der Held nur einmal, und es geht um sein Leben. Als ich Weidemann sah, dachte ich an diesen Film. Er stand da und ballerte auf die Pappkameraden, und im Hintergrund stand Veit Glaubrecht und lud die Waffen nach. Das war abartig, richtig pervers.«
    »Wie schätzen Sie den Glaubrecht ein?«
    »Der ist richtig gefährlich. Der kann sich nicht beherrschen, der ist ja auch vorbestraft wegen irgendwelcher Gewalttaten.«
    »Kann es sein, dass er Blue tötete?«
    »Das kann sein, aber das weiß ich nicht. Ich bin auf jeden Fall froh, dass ich nicht mehr dort lebe.«
    »Wenn Sie wissen wollen, was auf dem Eulenhof los ist, wen rufen Sie an?«
    »Den jüngeren Bruder, den Gerhard. Mit dem kann ich unbefangen reden, und den rufe ich auch an. Ich sage ihm Bescheid und bitte, dass mich Tilly oder eine andere Frau mal anrufen soll. So ein Schwatz unter Weibern. Und das klappt problemlos.«
    »Was macht den Unterschied zwischen Ulrich und seinem Bruder Gerhard Wotan?«
    »Das ist ganz einfach: Uli ist Weidemanns Zögling, und Gerhard entscheidet selbst.«
    »Wieso kann Gerhard selbst entscheiden, wenn der ganze Hof von Herrn Weidemann abhängt?«
    »Bei Gerhard ist es genauso wie bei mir. Klare Absprache mit Weidemann, kein Millimeter Unklarheit.«
    »Das leuchtet mir nicht ein. Wieso ist Gerhard Wotan dann überhaupt noch auf dem Eulenhof?«
    »Er liebt seine Mama Tilly, er will bei ihr sein. Und er weiß auch, dass sie bei Weidemann keine Schnitte kriegt. Er hat dem Weidemann mal gesagt: ›Wenn du meine Mutter anrührst, bist du tot!‹«
    »Wie bitte?« Ich war fassungslos.
    Sie nickte sehr heftig. »Ich war dabei. Es ging um irgendeine Kleinigkeit. Weidemann wollte nicht, dass Tilly sich um Gäste kümmert, egal, wer das ist. Dabei war Tilly irgendwelchen Gästen gegenüber, die über den Hof liefen, nur freundlich und höflich gewesen. Weidemann schrie Tilly an, sie solle das Maul halten und niemals Gäste anreden. Gerhard war blass, aber ganz ruhig. Dann sagte er das: ›Wenn du sie anrührst, bist du tot!‹ Ich habe in dem Moment zufällig meinen Mann angesehen. Und der war totenblass und stierte seinen jüngeren Bruder an. Er konnte es nicht fassen, er konnte nicht fassen, dass sein kleiner Bruder dem Weidemann so was sagte.«
    »Ich habe noch eine eher persönliche Frage, wenn Sie erlauben. Wie kommt es, dass Sie Ihr Kind ausgerechnet Thor genannt haben?«
    »Das war nicht meine Idee, und ich hätte mein Kind auch niemals so genannt. Das war Uli, der das wollte. Aber eigentlich war es natürlich im Hintergrund der Weidemann, der das bestimmte. Thor, der nordische Gott mit dem Hammer, die mystische Göttergestalt. So ist es dann passiert. Ich habe jetzt einen Antrag auf Namensänderung gestellt. Das kann man machen, wenn man einen guten Grund hat. Er soll Matthias heißen und niemals Thor.«
    »Und wie haben Sie ihn bisher genannt?«
    Sie sah mich an, und da war ein belustigtes Funkeln in ihren Augen. »Ich hab ihn niemals Thor gerufen, immer nur Schmitzemann. Oma Tilly hat ihn so genannt, und ich habe gedacht, dass das passt.« Dann lachte sie.
    »Kommt es oft vor, dass Ihr Exmann den kleinen Schmitzemann sehen will?«
    »Nein, nicht oft. Ich denke, er arbeitet das so ab. Ein Punkt auf seiner Tagesordnung. Vielleicht einmal alle zwei Monate. Und es wird immer weniger. Das ist kein wirkliches Interesse, denke ich.«
    »Aber es war ursprünglich eine echte Liebesgeschichte?«
    »Ja, das war es. Aber darüber rede ich nicht so gerne.«
    »Akzeptiert. Glauben Sie, der Ulrich hat eine Zukunft?«
    Sie schwieg sehr lange, dann schüttelte sie den Kopf. »Er ist wie ein Wasserschlauch, er biegt sich bei jedem Druck dahin, wohin Weidemann ihn haben will. Nein, Zukunft hat er nicht. Ganz einfach gesagt: Er hat keine Eier in der Hose!«
    »Tut das weh?«
    »Immer weniger.« Sie hatte plötzlich einen breiten Mund und war getroffen.
    »Tut mir leid, wird nicht mehr vorkommen. Was ist? Essen wir einen Happen?«
    Sie sah an mir vorbei, hatte eine Sekunde lang große Augen und sagte: »Ausgerechnet der!«
    Ich drehte mich um, und da stand Veit Glaubrecht. Eine große Figur, ganz in Schwarz, mit einem etwas öligen Lächeln. Er kam zu uns an den Tisch, blieb

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