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Eifel-Liebe

Eifel-Liebe

Titel: Eifel-Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Anni stand vor dem weit geöffneten Kühlschrank und nahm mich gar nicht wahr. Sie murmelte ununterbrochen etwas vor sich hin, nahm Margarinetöpfe und Ähnliches heraus, betrachtete sie, schüttelte den Kopf und warf sie dann in eine Plastiktüte. Dann kam ein in Folie geschweißtes Stück Käse dran, das sie ohne Skrupel entsorgte. Dann ein Glas mit Kartoffelsalat, dessen Etikett sie nicht las, sondern gnadenlos mit einem aufmüpfigen »Phhh!« in die Tüte feuerte.
    Schließlich teilte sie mit: »Es wird Zeit, dass hier mal jemand nach dem Rechten sieht. Du lebst einfach wahnwitzig ungesund.«

    Ich beobachtete sie fasziniert, vergaß meine Rede wegen des Kaffeeimitats, und sah zu, wie sie, nachdem sie zwei Plastiktüten gefüllt hatte, den Kühlschrank schloss. Das, was dringeblieben war, waren drei Eier und ein Viertelpfund Butter sowie eine Minidose Leberwurst Eifel-Extra.

    »Du hast niemanden, der dich versorgt?«

    »Nein«, antwortete ich brav.

    »Das merkt man«, nickte sie. »Du wirst mich mitnehmen müssen zu irgendeinem guten Lebensmittelhändler. Dann sehen wir mal, was wir tun können. Aber noch heute, nicht morgen!«

    »Aye, aye Captain! Ich koche mir eine Kanne Kaffee, wenn ich darf. Deiner war Spülwasser, viel weniger als Spülwasser.«

    Sie sah mich scharf an und grinste dann leicht. »Ich bin zur Sparsamkeit erzogen worden.«

    »Bestelle deinen Eltern, sie hätten das Ziel erreicht.« Ich setzte die Kaffeemaschine in Gang.

    Das Telefon schrillte und ich ahnte, wer es war.

    »Herr Baumeister, hier ist Ohler, Oma Ohler. Guten Morgen!«

    »Oh, guten Morgen. Nett, dass Sie anrufen. Wir müssen noch unsere Eintragungen an Ihrer Küchenwand vervollständigen.«

    »Das geht nicht.« Sie lachte kurz. »Anna hat das Papier schon heruntergerissen und auf dem Boden zertrampelt. Kind, habe ich gesagt, du bist wirklich unvernünftig! Aber deswegen rufe ich nicht an. Ich bin hier im Haus von Rolli. Sie wissen schon, Annas Mann oder Exmann, wie man heute sagt. Eigentlich wollten wir jetzt mal zu Ihnen kommen, weil Rolli ja ein Auto hat und mich fahren kann.«

    »Das trifft sich gut. Kommen Sie ruhig her.«

    »Beruflicher Besuch?«, wollte Tante Anni wissen. Als ich bejahte, setzte sie mürrisch hinzu: »Na ja, aber mach es kurz. Wir haben nichts mehr zu essen im Haus.«

    »Hör zu«, sagte ich sanft. »Du bist hier sehr willkommen. Aber versuche nicht, die Befehlsgewalt zu übernehmen. Ich komme sehr gut allein zurecht. Können wir uns darauf einigen, dass wir hier eine vorsichtige Form von Mitspracherecht praktizieren?«

    Sie kniff die Lippen zusammen, aber in ihren Augen blitzte es. »Ich bin ein raues Luder, wie ich weiß. Tut mir Leid.«

    »Warst du eigentlich mal verheiratet?«

    »O Gott, nie!« Sie war ehrlich erschrocken.

    »Immer Junggesellin?«

    »Nun ja, ich habe mit einer Freundin zusammengelebt. Fast dreißig Jahre lang. Das war sehr schön. Sie ist gestorben. Vor drei Jahren.«

    »Das tut mir Leid. Heißt das, dass du lesbisch bist?«

    »Das heißt es«, erwiderte sie in einem provokanten Ton.

    »Erzählst du mir mal von ihr?«

    Sie musterte mich erstaunt. »Ja, natürlich. Wenn du das gerne möchtest.«

    »Natürlich«, nickte ich. »Gleich kommt eine alte Frau, die mir zwei Morde ins Haus geschleppt hat. Das wird dich interessieren. Und es gibt sogar noch einen dritten Mord.«

    »Morde? Hier? Am Ende der Welt? Erzähl!«

    Ich erzählte in groben Zügen und Tante Anni hörte zu, ohne mich zu unterbrechen. Dann nickte sie langsam und sagte mit geschlossenen Augen: »Dieser Mord an dem Kinsi erscheint in sich verwirrend, zwanghaft. Die Frau ist von jemandem getötet worden, der durchdrehte. Für mich sind das zwei Morde und zwei Täter. Hört sich jedenfalls so an. Darf ich …«

    »Du darfst«, nickte ich.

    Wieselflink verschwand sie im Wohnzimmer, machte »alles zurecht«, wie sie das nannte. Sogar meine Sofakissen bekamen die stinkkonservative Kerbe.

    Ich stopfte mir eine Crown 200 von Winslow und entschied schweigend, dass es mir auf Dauer unmöglich sein würde, sie dermaßen in meinem Leben herumfummeln zu lassen.

    Zwanzig Minuten später erschienen Rolf Hennef und Oma Ohler. Sie hatten sich sauber und adrett gekleidet und machten beide einen elenden Eindruck, etwa so, als litten sie unter einer Darmgrippe.

    »Das ist meine Tante Anni aus Berlin«, erklärte ich. »Sie ist absolut vertrauenswürdig und außerdem Kriminalbeamtin gewesen. Sie wird nichts sagen.«

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